MiLOs
'Andrew Dahley
Andrew Dahley
Nur allzu oft huldigen wir dem technischen Fortschritt, ohne uns Gedanken über die Zweckmäßigkeit unseres Tuns zu machen. Sinnlos arbeiten wir daran, Computer schneller, leistungsstärker und effizienter zu machen, um mehr und schneller produzieren zu können. Doch anstatt die Zeit, die wir uns dadurch ersparen, zur Erholung oder zur Pflege zwischenmenschlicher Kontakte zu nützen, sind wir der Technologie derart verfallen, daß wir diese Zeit aufwenden, um noch mehr zu produzieren. In vielerlei Hinsicht scheint es so, als würde die symbiotische Beziehung zwischen Mensch und Technologie sich in Richtung Parasitismus entwickeln – falls wir dieses Stadium nicht ohnehin bereits erreicht haben. Wir arbeiten weiter am technischen Fortschritt, damit wir noch mehr Fortschritt erzielen können … doch zu welchem Zweck? Aus der Perspektive der Evolution könnte man vielleicht damit argumentieren, daß die Technologie möglicherweise eines Tages für das Überleben des menschlichen Genpools verantwortlich sein könnte. Aber die meisten Menschen werden sich wohl darin einig sein, daß Leben mehr als das bloße Überleben unserer Gene bedeutet.
MiLOs verwendet eine Kombination erprobter und neuer Technologien in einer Art und Weise, die mit einer derartigen Selbsterhaltung nicht das geringste zu tun hat. Wir setzen hier die Technologie nicht dazu ein, um die Geschwindigkeit oder die Effizienz irgendwelcher Aufgaben oder Verfahren zu steigern, sondern ganz einfach, um die Menschen in einer mechanisierten Welt, in der eine Trennung so einfach geworden ist, näher zusammen zu bringen. MiLOs kann mit Hilfe von Silikon, Algorithmen, Metallen und Seltenerdmagneten etwas sehr Einfaches, aber zugleich auch Gewaltiges bewirken, nämlich ein grundlegendes Gesetz der Physik brechen und Magie schaffen. Unter Verwendung haptischer Technologie können wir ein einzelnes physisches Objekt schaffen, das an mehreren Orten zugleich existiert. Dieses multilokalisierte Objekt [Multi-Locational Object – MiLO] kann von mehreren, geographisch voneinander getrennten Menschen gleichzeitig in der Hand gehalten, gefühlt und manipuliert werden, wodurch eine physische und vertrauliche Verbindung entsteht, die Entfernungen überbrückt.
Diese Magie wird durch den digitalen Äther möglich, der unsere Welt unaufhaltsam durchdringt. Unser Konzept von global zugänglichen Informationsräumen hat einen Ort geschaffen, der nicht an die Physik der realen Welt gebunden ist – unsere eigene‚ digitale Ebene'. Derzeit lassen wir diese neue Ebene beinahe völlig von der physischen Welt getrennt und erlauben uns nur kurze Blicke durch die kleinen Fenster auf unseren Computern, doch wir könnten auch damit beginnen, diesen unnötigen Abgrund zu überbrücken. Wir können jetzt damit beginnen, Objekte zu erschaffen, die sowohl über ein reales als auch über ein virtuelles Selbst, über Körper und Geist verfügen. Wir können nunmehr Gott spielen und verschiedenen physischen Objekten ein und dieselbe Seele geben, damit sie gleich denken und handeln und damit die Illusion entsteht, daß all diese verschiedenen Objekte in Wirklichkeit nur ein einziges wären. Wir können noch einen Schritt weitergehen und uns Objekte in unserer Umgebung vorstellen, die wir mit anderen, geographisch entfernten Menschen teilen, oder zwei physische Räume so vollständig miteinander verbinden, daß alles darin Befindliche geteilt wird. Die Illusion beginnt, sich von magischen Objekten auf geistige Wesen zu verlagern, wobei jede Person den Geist der anderen Person, die im selben Raum existiert und dieselbe Realität manipuliert, spürt. Wir können sogar noch weitergehen und uns vorstellen, daß das zu teilende Objekt ein Teil des Körpers selbst ist, die Lunge oder das Herz, vielleicht auch der Verstand. Und damit nähern wir uns dem Punkt, an dem zwei ganze Körper sich ein und denselben Geist teilen. An diesem Punkt hören wir damit auf, blind der Technologie zu huldigen, sondern unterwerfen sie uns, um unsere eigene Realität zu formen.
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