Cyborg Detector
'Erich Berger
Erich Berger
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'Patricia Futterer
Patricia Futterer
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'Sandy Stone
Sandy Stone
Die Technologie wurde früher von den Menschen gering geschätzt. Sie befand sich eindeutig außerhalb des Körpers – so wie ein Objekt, das der Mensch zu seinen Zwecken verwendet. Um die Jahrhundertwende hatte sich das Verständnis der Technologie geändert, sie wurde nun eher als Werkzeug betrachtet, das der Erweiterung und Vervollkommnung des Menschen dient. Heute ist der Stellenwert der Technologie in der westlichen Welt höher als je zuvor, und der Austausch zwischen Technologie und "Fleisch" wurde zu einem charakteristischen Aspekt der westlichen Kultur. Gleichzeitig wurde die Frage des FleshFactor in dieser technologiebewußten Kultur zu einem Streitthema.
Die Technologie, die Vorstellungen und Träume vom Nutzen der Technologie für den Menschen, die geschichtliche Entwicklung des Selbstverständnisses und die zeitgenössischen geschichteten Erfahrungen der Realität, die wir in der Techno-Kultur vorfinden, wirken alle auf das Fleisch zurück. Durch neue Schnittstellen/Grenzen wird das Fleisch nicht mehr bloß durch Information geprägt, sondern mutiert in diesem kontinuierlichen Austauschprozeß selbst.
Die Identität des Menschen beruht nicht länger allein auf einem hauptsächlich aus Kohlenstoffverbindungen aufgebauten Körper. Durch die Kombination des aus organischen Verbindungen bestehenden Fleisches mit Vorrichtungen aus Metall und Silikon, wie beispielsweise Halbleiterchips, wird die Erfahrung des menschlichen Selbstverständnisses um die Eigenschaften und die kulturellen Faktoren der neu integrierten Komponenten erweitert.
Für Cyborgs gibt es viele verschiedene Definitionen, aber grundsätzlich könnte jeder ein Cyborg sein. Cyborgs sind ... Fleisch, Hardware, Software, Kultur und Imagination.
Der Cyborg Detector ist eine Installation, die den Besucher das Zusammenwirken von Technik und menschlicher Identität erleben läßt. Die Grenzen zwischen Technologie und Fleisch sind nicht eindeutig. Und so, wie es keine eindeutige Definition der Grenzen der Identität gibt, gibt es auch keine eindeutige Definition der Cyborgs.Sie sind Prototypen der modernen kulturellen Identität. Wir wollen mit unserer Installation die Menschen dazu anregen, sich selbst zu fragen, wie weit die Technologie und ihr eigenes Selbstverständnis innerhalb der Informationsgesellschaft in ihr Leben integriert sind.DIE INSTALLATION: CYBORG DETECTOR Wir "bestimmen" den Cyborg-Grad einer [beliebigen] Person, indem wir die Gewohnheiten und die Einstellung dieser Person in bezug auf Technologie und Kultur mit Hilfe eines Metalldetektors und eines Schnittstellen-Fragebogens ermitteln. Das bedeutet allerdings nicht, daß Personen mit einem hohen Metallgehalt unbedingt Cyborgs sind, wenn sie sich nicht mit den kulturellen Implikationen der Cyber-Kultur identifizieren. Die Besucher durchqueren ein Metalldetektorsystem, das den Metallgehalt des Körpers mißt. Danach kommen sie in einen Klinikraum, wo sie ein/e auf Cyborg-Beratung spezialisierte/r digital generierte/r "WissenschaftlerIn" über ihre kulturelle Einstellung in bezug auf Technologie und Cyber-Kultur befragt und feststellt, welchen Gebrauch sie davon machen. Dem/der WissenschaftlerIn scheint es jedoch an Charakterstärke zu fehlen, denn er bzw. sie wechselt seine Gestalt, um herauszufinden, ob sein Gegenüber tatsächlich ein Cyborg ist. Schließlich berechnet eine Datenbank den Cyborg-Gehalt, und der/die WissenschaftlerIn teilt dem Untersuchten seinen Cyborg-Grad mit.
Doch technische Berechnungen durch eine Maschine oder die Klassifizierung in Humanoide und Cyborgs können den Status eines Wesens nicht realistisch bestimmen. Die letzte Frage, die der Untersuchte sich selbst stellen muß, lautet: "Bist du ein Cyborg?" Und das ist für die Ermittlung des Cyborg-Grads die wichtigste Frage überhaupt.
Das Ergebnis zeigt dem Untersuchten seine eigene gegenwärtige Cyborg-Aktivität an. Gegebenenfalls übergibt der/die WissenschaftlerIn dem Untersuchten auch eine Cyborg-Plakette. Dabei handelt es sich um eine Spule mit einer spezifischen Resonanz auf einen Sensor, der am Eingang des Ars Electronica Center angebracht ist. Wenn der Cyborg nun den Eingang des Ars Electronica Center passiert, identifiziert der Sensor den Cyborg und löst ein optisches und akustisches Cyborg-Willkommenssignal aus. Der Monitor zeigt in diesem Fall die folgende Message an: "Cyborg detected".
Nicht-Cyborgs können sich zur Aufwertung ihres Status an ein spezielles Terminal begeben. Dort können sie ihre Identität durch Herunterladen von Informationen und Integration einer Hardwarekomponente in ihr Leben neu entwerfen.Danach können sie sich nochmals dem Cyborg-Test unterziehen. Dabei werden sie vielleicht feststellen, daß der/die virtuelle WissenschaftlerIn ihre Hardware auch in seinen/ihren Körper integriert hat.
Die Cyborg-Aktivitäten im Ars Electronica Center sind über das Web weltweit zugänglich. Tests sind allerdings nur vor Ort möglich, da hierfür die Anwesenheit der lebenden Person erforderlich ist. Die Informationen, die sich Nicht-Cyborgs herunterladen können, stehen auch im Web zur Verfügung.
Die Bestimmung des Cyborg-Grads einer Person hängt von ihrem Selbstverständnis ab. Die Technologie ist heute in einem solchen Ausmaß in die Kultur und das Leben der westlichen Welt integriert, daß sie einen unterschwelligen Einfluß auf die Realität der Menschen ausübt. Durch die unbewußte Immersion und die Techno-Existenz hängt die Definition des Cyborg immer mehr von der Selbstwahrnehmung innerhalb dieser Umgebung ab.
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