www.aec.at  
Ars Electronica 1997
Festival-Website 1997
Back to:
Festival 1979-2007
 

 

Las transpiraciones del desgaste o la devaluacion aspirada


'César Martínez Silva César Martínez Silva

Die Luft ist der älteste Brennstoff des Lebens. Sie war die erste natürliche Energiequelle, lebensnotwendig für die ersten aeroben Wesen, die auf der Erde inmitten der existentiellen Einsamkeit am Anfang allen Lebens lebten, für die ersten Atemzüge, aus denen sich schließlich entwickelte, was wir heute sind. Doch die Luft wird verbraucht, unter anderem durch eine der am höchsten entwickelten Spezies dieses Planeten. Damit wird die Luft heute als lebensnotwendige Ressource immer knapper und auch immer virtueller. Es scheint beinahe so, als wäre die Virtualität eine unserer größten Tugenden. Diese bedeutenden menschlichen Eingriffe auf der Erde im allgemeinen und die neoapokalyptische postmoderne Kontrazivilisation des Lebens selbst bringen für uns am Übergang zur Transmoderne große Gefahren mit sich, und deshalb müssen wir eine neue, alternative Technik entwickeln, die weniger zerstörerische Auswirkungen hat. Wenn wir uns etwa von einem Ort zum anderen begeben oder eine die Umwelt weniger belastende Energie freisetzen wollen, könnten die elektronischen Medien eine bessere Alternative darstellen als die fossilen Brennstoffe. Unsere maßlose Zivilisation und ihre Folgen haben den Smog zu einem Henker gemacht, der unsere gesamte Existenz bedroht und uns die Luft zum Leben nimmt. Dieses Phänomen könnten wir als "die Intelligenz und ihr Verschleiß" bezeichnen. Der Verschleiß der Intelligenz ist nicht nur das Resultat, sondern auch das große Paradoxon des gar nicht so phantastischen Alptraums dieses zugleich Weiterentwicklung und Höhepunkt darstellenden Augenblicks, den wir weniger als Fortschritt, sondern vielmehr als "Verbreitung oder Ausweitung der Unordnung" bezeichnen könnten und der in dem energetischen Absurdum der kreativen Intelligenz besteht, die Zerstörung zu planen und die Planung des Lebens anzulegen wie die Dauer des Vergessens.

Und obgleich wir wissen, daß wir durch die Atmung Gefühle wie Furcht, Ausgeglichenheit, verschiedene Gemütszustände, Streß und Ängste, aber auch unsere Bewegungsfähigkeit regulieren, arbeiten wir weiter beharrlich darauf hin, uns selbst zu ersticken, und stehen an der Schwelle zu einem neuen Jahrtausend knapp vor unserem letzten Atemzug. Die Reizung der Lunge und die erstickende Luftqualität wirken sich nicht mehr nur langsam aus. Sie beschränken sich nicht mehr darauf, die Qualität unserer Gefühle zu regulieren, sondern sie steuern inzwischen auch unseren emotionalen Koeffizienten bzw. den intellektuell-affektiven Komplex des Lebens im allgemeinen, denn das Leben läuft Gefahr, jeden Augenblick einzuschlafen und sich im Nebel der Zivilisation zu verirren: Der Smog ist Sache eines fortwährenden Augenblicks, und es scheint so, als würden unsere Atemwege mit den Schnellstraßen verschmelzen und der Automobilverkehr sich in ein Stocken der Herzmuskeltätigkeit, in eine endlose Reihe von Mikroinfarkten verwandeln. Ohne saubere Luft wird das Leben aufhören, eine latente Kraft zu sein, die letzten Endes auf eine bioenergetische Möglichkeit hofft, die mehr bietet als den sinnlosen Zusammenhang der Erdölbesessenheit, die das Leben zu einer explosiven Mine versteinert und alles in lebende Fossilien verwandelt: Der fossile Brennstoff wird uns alle zu Fossilien machen.

BESCHREIBUNG
Fünf bis zehn menschliche Ballons, d. h. Ballons in Form menschlicher Körper, sind in unterschiedlichen Positionen angeordnet. Einige von ihnen liegen auf dem Boden, andere auf einer Mauer, und wieder andere sitzen. Die menschlichen Figuren sind natur- und maßstabsgetreu lebenden Modellen nachgebildet, die bis in die kleinsten Details, bis zu Fingerabdrücken, den Poren, der Struktur der Haut etc. so gut wie möglich wiedergegeben wurden. Die Ballons bestehen aus dehnbarem Kautschuk in den verschiedensten Farben und Formen, von schwarz bis hin zu Oberflächen, die wie Wolken gearbeitet sind. Die Figuren sind teils über den After, teils über den Mund und teils auch über Nabel oder Nase miteinander verbunden. Plastikschläuche der Art, wie sie in Krankenhäusern zur künstlichen Beatmung eingesetzt werden, verbinden die Ballons mit Luftdruckpistolen oder Haarföns, die von elektronischen Zeitschaltern gesteuert werden. Diese Zeitschalter regeln die Luftzufuhr und den Luftausstoß in Intervallen von etwa 30 Sekunden. Durch die Deformierung der menschlichen Gestalt generieren die luftleeren, zusammengesunkenen Skulpturen einen fortlaufenden dramatischen Diskurs. Diese figurativen und bedeutungsschweren Überbleibsel menschlicher Formen sollen den Betrachter dazu auffordern, ihre Bedeutung zu hinterfragen.