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3D-Audio-Düker


'Horst Zachmann Horst Zachmann

Ein normalerweise für die Öffentlichkeit nicht zugänglicher Raum, der Donau-Düker [ein Tunnel unter der Donau], wird mittles 3D-Audio [auch Virtual Acoustic oder Binaural Acoustic genannt] akustisch dreidimensional "abgebildet" und via Kopfhörer in seiner ortsspezifischen Klanggestalt wiedererlebbar gemacht.

Die Gestaltung des virtuellen akustischen Raumes erfolgt in ähnlicher Weise wie die einer visuellen 3D-Animation. Im Düker aufgenommene konkrete Klangereignisse bzw. Klangbilder [akustische Objekte wie Schraubgeräusche von Schiffen, Schritte einer durch den Tunnel gehenden Person ...] werden mittels einem der ursprünglichen Bewegung der Klangobjekte nachempfundenen dreidimensionalen Pfades [3D-spline] animiert und via Kopfhörer räumlich projiziert. Die "BetrachterInnen" nehmen dieselbe Position wie das Mikrofon während der Aufnahme ein, wobei die Blickrichtung entlang des Tunnels verläuft [in Richtung Urfahr]. Ein flußabwärts fahrendes Schiff nähert sich somit von links oben und entfernt sich wieder über den Kopf hinweg nach rechts, eine den Düker durchschreitende Person [von Linz in Richtung Urfahr] nähert sich sich von hinten und geht dann dann links oder rechts vorbei ...

Bei dem soeben geschilderten Szenario [wie auch bei jedem anderen] entstehen für die HörerInnen individuell verschiedene Wahrnehmungsverzerrungen in bezug auf die Position und Bewegung der Klangquellen innerhalb des virtuellen akustischen Raumes. Der Grad der [räumlichen] Verzerrung ist durch mehrere individuelle Faktoren bestimmt. Die Simulation eines dreidimensionalen akustischen Raumes, projiziert über zwei Lautsprecher, erfolgt durch spektrale Modifikationen [convolution] des Klangobjektes. Dazu kommen Übertragungsfunktionen zur Anwendung, allgemein bekannt als "head-related transfer functions" [HRTFs] oder auch "free-field-to-ear transfer functions".

Diese Übertragungsfunktionen müssen von einer Person abgeleitet werden, wobei das Verfahren äußerst zeitraubend ist [es erfolgt eine Transformation der physiologischen Voraussetzungen für die Wahrnehmung akustischer Signale in mathematische Funktionen und dies für jeden Punkt innerhalb eines kugelförmigen Rasters]. Aus diesem Grund wird meist auf bereits existierende HRTFs zurückgegriffen, wie auch bei dieser Installation. In erster Linie beinhalten diese Transformationen Funktionen der Position, aber auch stets individuelle Funktionen der Höreigenschaften jener Person, von welcher die HRTFs abgeleitet wurden. Maßgebliche Faktoren für die individuelle Höreigenschaft sind die Form bzw. die Größe des Kopfes sowie die Beschaffenheit des Außen- und Innenohrs. Die Übereinstimmung der soeben aufgezählten in den HRTFs eingebundenen Faktoren der individuellen Höreigenschaft mit denen des/ der HörerIn stellt die Einflußgröße für die Verzerrung der Richtungswahrnehmung dar.

Düker: Auf dem Prinzip der kommunizierenden Röhren beruhende Führung von Rohrleitungen unter Flüssen, Kanälen oder Tunneln.