GEN MA – Genetic Manipulator
'Christa Sommerer
Christa Sommerer
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'Laurent Mignonneau
Laurent Mignonneau
Der mit Unterstützung der ATR Media Integration and Communications Research, Kyoto, Japan, für das Ars Electronica Center in Linz entwickelte GENMA ist eine Maschine, mit deren Hilfe wir die Natur manipulieren können. Dabei wird letztere exemplarisch als künstliche Natur in verkleinertem Maßstab dargestellt: abstrakte, amöboide, künstliche dreidimensionale Formen und Gestalten. Diese Formen oder "Geschöpfe" verkörpern die Grundsätze des Künstlichen Lebens und der genetischen Programmierung und bieten dem Besucher die Möglichkeit, ihre virtuellen Gene in Echtzeit zu manipulieren.
Die meisten CD-ROM- und interaktiven Installationen beschränken sich auf im voraus festgelegte, vorprogrammierte Interaktionspfade, wenn auch der Besucher aus einer Vielzahl verschiedener Möglichkeiten und Richtungen wählen kann. Der Erkundung unerwarteter neuer Wege sind im Gegensatz dazu natürlich Grenzen gesetzt. Deshalb haben Sommerer und Mignonneau sich mit der Evolutionsbiologie auseinandergesetzt und sich zunehmend mit der Frage beschäftigt, wie die natürliche Evolution als Werkzeug schöpferischer Prozesse fungieren kann. Wenn der Künstler die totale Kontrolle über sein Kunstwerk und sogar die Bilder selbst aufgibt, nimmt er damit natürlich eine ganz neue Position ein. Er beschränkt seine Intervention auf die Schaffung einer Rahmenstruktur, innerhalb derer es dem Besucher selbst überlassen ist, zu bestimmen, was er letztendlich wahrnimmt.
Die Besucher der Installation selbst fungieren als Zufallsfaktoren, die sowohl Form als auch Entwicklung des Kunstwerks prägen. Menschliche Faktoren im Mikro- und Makrobereich wie beispielsweise Bewegungsfrequenz, Bewegungsgeschwindigkeit, die körperliche Anspannung oder der Puls können als Zufallsparameter ausgewählt werden. Sie werden über eine Schnittstelle und ein entsprechendes Protokoll an den Computer übertragen und in Echtzeit mit den visuellen Abläufen auf dem Bildschirm verbunden – wodurch eine enorme Vielfalt unvorhersehbarer Bilder entsteht.
Der Besucher schaut durch ein Glasfenster und sieht die künstlich generierten Geschöpfe auf einem graphischen Display vor sich. Er kann dann mit den Händen in eine Art Glaskasten fassen und sich der virtuellen Wesen bemächtigen. Der Besucher hat so die Möglichkeit, den genetischen Code jedes einzelnen dieser Geschöpfe zu manipulieren und dadurch deren Aussehen zu beeinflussen. Separat davon steht dem Besucher eine schematische Darstellung des genetischen Codes der Wesen zur Verfügung. Er kann Teile dieser genetischen Codesequenzen auswählen und dann in Echtzeit die Auswirkungen seiner Manipulation beobachten.
Durch Interaktion und intensivere Experimente lernt der Besucher zunächst, wie man aus scheinbar einfachen Strukturen komplexe Formen erzeugt. Er wählt Teile der genetischen Codesequenzen aus und kann diese zerschneiden, zusammenfügen oder vermehren, Mutationen und Variationen hinzufügen etc., wodurch der GENMA dem Besucher auch Einblick in die Methoden der Genmanipulation gewährt und unseren inneren Wunsch befriedigt, die Natur, wie wir sie kennen, verändern und transformieren zu können.
Der GENMA ist eine Art Traummaschine, mit deren Hilfe wir "Wissenschaftler spielen" können, und während wir uns selbst dabei beobachten, führt er uns gleichzeitig die Absurdität unseres Tuns bzw. dieser Art der Interaktion vor Augen. Insofern als der GENMA auf die Wissenschaft und insbesondere auf die Grundlagen des Künstlichen Lebens als Quelle kreativen Schaffens zurückgreift, ist er gleichzeitig ein Versuch festzustellen, was Manipulation bedeutet und welche künftigen Auswirkungen wir davon zu erwarten haben.
Trotz alldem nimmt der GENMA aber keine Bewertung nach dem konventionellen "gut-schlecht"-Schema vor und ist auch nicht im Sinne "politischer Korrektheit" voreingenommen, sondern ist ein Werkzeug, das unsere Faszination für das Unbekannte und Unerforschte zum Ausdruck bringt.
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