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Emergency Broadcast Network


'Rob Deacon Rob Deacon

"Medien sind eine Waffe", sagt EBN Frontman Josh Pearson. Daß er es auch so meint, beweist die Performance der fünf Medienguerrillas aus Rhode Island. Sie richten diese Waffe auf jene, die sie sonst einsetzen. Politiker, Fernsehanstalten und immer wieder Militärs werden Opfer des fulminanten Videosamplings von EBN. Mit harten Beats, rasanten Schnitten und einer kompromißlosen Live-Performance weisen EBN den Weg zu einer aktiven Haltung im Informationszeitalter, die das Bild der Medien nicht nur herausfordert, sondern es auch verändern kann.

Angesichts der rasanten Umwälzungen in der Unterhaltungs- und Kreativtechnologie und bei Multimedia-Software, der Fortschritte bei der Digitalkodierung, der optischen Übertragung und der digitalen Speicherung sowie darauf basierender, neuer Unterhaltungssysteme sollten wir fragen, was eigentlich Unterhaltung ist. In jedem Zimmer fernbediente Surround-Audio- und Videoeinheiten, die das Programm via Satellit direkt von einer Bildplatte in Houston in die Controll Box beamen – alles schön und gut. Aber können wir uns tatsächlich noch dafür begeistern, daß uns die soundsovielte Rolling-Stones-Reunion von jeder Wand entgegenflimmert, wenn wir mit diesem Jahrtausend nur mehr ein gut eingesetztes Verteidigungsbudget verbinden?

Hier tritt Emergency Broadcast Network auf den Plan: etwas völlig Neuartiges, ein Mittelding zwischen Band, DJ und MTV. Das Projekt nahm seinen Anfang, als Pearson vor mehr als zehn Jahren an der Rhode Island School of Design den Systemmanager Gardner Post traf und sie begannen, gemeinsam Multimedia-Pressekonferenzen über Malerei, Bildhauerei und Video abzuhalten. Einen entscheidenden Impuls lieferte der DJ Ron O’Donnel, der 1990 bei einem ihrer Seminare zu ihnen stieß. Er übernahm die "Drehzahlregelung" und bot dem Duo so die Möglichkeit, sich auf ihre visuellen Experimente zu konzentrieren.

Das macht EBN so einzigartig. Während viele neue Acts in ihren Anfangsjahren Bandschleifen und Samples ihrer Lieblingsplatten anfertigten, haben EBN ihre Lieblingsvideos zerschnipselt, neu zusammengeklebt und gesampelt. Als Ausgangsmaterial diente die seit den frühen 80er Jahren zusammengetragenene Videosammlung. Im Unterschied zu anderen Gruppen, die zuerst Musik komponieren und aufnehmen und dann ein dazupassendes Video produzieren, erzeugen EBN ihre Musik mühsam offline, auf 3/4’, Bild für Bild, Note für Note, und schaffen so einen Soundtrack, der bereits völlig mit einer provozierenden, stimulierenden und unterhaltenden Videosequenz interagiert.

Und im Unterschied zu Bands, die jahrelang durch Hinterhöfe tingeln, bevor eine Plattenfirma auf sie aufmerksam wird, baute EBN einen 80er Chevy Impala zum Emergency Broadcast Vehicle um – mit einer Projektionsvorrichtung in Form einer Satellitenschüssel auf dem Dach. So bestritten sie die 1991 Lollapalooza Tour, auf der sie ihre ersten Messages an ein verblüfftes neues Publikum sendeten.
"Was wir machen, ist eine Parodie auf eine große Sendeanstalt, daher der Name. Wir wollen die ganze Absurdität des Systems, seine Kontrolle über die Menschen aufzeigen und diese gleichzeitig unterhalten und stimulieren", meint Pearson.