Rivers & Bridges
Backward Translation as a Creative Strategy
'Heidi Grundmann
Heidi Grundmann
Beginn im Internet Anfang 1996 unter http://www.ping.at/thing/orfkunst-radio/RIV_BRI/ Kulminationstermin: 5. September 1996. Nach dem 5.September soll das Projekt im Internet als internationale Kommunikationsstruktur für zukünftige kleinere und größere Kommunikations-Projekte seine Fortsetzung finden. Der große Erfolg von horizontal radio (1) , einem völlig neuartigen Radio- und Internet-Projekt, das sich am 22./23. Juni 1995 24 Stunden lang in über 30 Kanälen von 24 Radiostationen in aller Welt, in Funkhäusern, auf Bühnen, in Installationen, Performances, Konzerten etc.in 24 Städten auf mehreren Kontinenten und im Internet entfaltete, hat dazu geführt, daß Beteiligte und Beobachter eine Weiterentwicklung der bei diesem Projekt zum ersten Mal erprobten Möglichkeiten anstreben. (2)
Die Gruppe der Experten von Ars Acustica hat bei einem Treffen in Budapest im Dezember 1995 beschlossen, die durch horizontal radio angerissenen theoretischen und praktischen Problemstellungen weiter zu verfolgen.
Vorgegeben ist das Thema RIVERS & BRIDGES. Die im Dezember 1995 in Budapest versammelten Radiokunstredakteure haben die beiden Künstler Jocelyn Robert [CAN] und János Sugár [H] beauftragt, Rahmenüberlegungen anzustellen, ohne ihnen darüber hinaus irgendeine übergreifende Rolle [etwa im Sinne der eines Newsgroup-Moderators] zuzubilligen.
Der Untertitel "Backward Translation as a Creativ Strategy", den Jocelyn Robert und János Sugár für RIVERS & BRIDGES gefunden haben, deutet nicht zuletzt auf eine [Re-]Animation der Potentiale des Mediums Radio hin. Diese Potentiale von Radio und – übertragenem/ gesendetem/recycletem – Sound und deren allgemeine Zugänglichkeit zu thematisieren, erscheint umso wichtiger, als Radio und der aufgezeichnete/digitalisierte Sound an der Schwelle dazu stehen, zu Inhalten, womöglich aber auch nur zu instrumentalisierten Aspekten eines sich in der Konvergenz von Massenmedien, Computern und Telekommunikation abzeichnenden Hypermediums zu werden. Diesem Hypermedium wächst auch das Internet und WWW trotz all dem Hype, das seine Entwicklung begleitet, bereits in einer solchen Verengung und Vereinnahmung zu, daß sich eine Backward Translation as a Creative Strategy als Aufgabe für alle nicht an "Geschäftsfeldern"/"Infortainment" etc. Interessierten, d. h. also für "a Small Net in a Big World" (3) geradezu aufdrängt.
Konsequenterweise hat das Projekt kein Zentrum, keinen Superkünstler, der ein Konzept entwirft, dem alle anderen zuliefern, keinen Kurator, der Beiträge und Beitragende auswählt. Und nicht nur, weil sich an potentiellen Teilnehmerlisten bis zum 5. September noch sehr viel ändern kann, werden in dem vorliegenden, drei Monate vor der Durchführung des Projekts endredigierten Buch keine TeilnehmerInnen und Einzelprojekte genannt, sondern auch deswegen, weil es kein Zentrum gibt, das wirklich alle TeilnehmerInnen und Projekte erfassen könnte. Jede/s teilnehmende Land/ Radiostation/Künstlergruppe gestaltet eigenständig seine/ihre Beiträge zum Thema.
TechnikerInnen, WissenschafterInnen können genauso eingebunden werden wie andere ExpertInnen, Hobbyisten oder ganz einfach jede/r, der irgendetwas zum Thema zu sagen/zu erzählen hat.
Am 5. September 1996 ist auch das Ars Electronica Festival ein wichtiger Knotenpunkt in einem energiegeladenen Netz. Dieses Netz wurde in mühsamen Vorarbeiten – und entgegen allen Gesetzen insbesondere der Gleichgültigkeit und Schwerfälligkeit der hinzugezogenen Institutionen – zwischen [engagierten Individuen in] öffentlich-rechtlichen Stationen, unabhängigen Stationen, Piratenradios, Künstlergruppen, Kulturinitiativen und TeilnehmerInnen aus unterschiedlichsten Bevölkerungs-, Alters- oder Berufsgruppen geknüpft. In einer gemeinsamen Anstrengung kristallisiert sich am und rund um das Kulminationsdatum aus dem Datenfluss der Mediascape, in der sich die Kultur des technologisch "avancierten" [die Kultur aller anderen Sektoren verschweigenden] Weltsektors darstellt, ein Netzwerk von Performances, Installationen, Lesungen, Radioaktionen, Internetprojekten usw. heraus. Dieses Netzwerk kann an unterschiedlichsten Accesspoints betreten werden: von jedem/r, der/die zum Programm einer der teilnehmenden Radiostationen oder – von überall her – zum Internet Zugang hat und/oder vor Ort einer lokalen Veranstaltung beiwohnt. RIVERS & BRIDGES unternimmt es so, eine ganze Reihe von aktuellen Fragestellungen in bezug auf die Bedeutung der Digitalisierung und der neuen Kommunikationstechnologien für unsere Kultur in Theorie und Praxis zu reflektieren.
Die Ars Acustica Gruppe besteht aus den mit Radiokunst befaßten Redakteuren aller in der Europäischen Rundfunkunion [EBU] vertretenen öffentlich-rechtlichen Anstalten Ost-und Westeuropas, denen öffentlich-rechtlichen Anstalten der USA, Kanada und Australiens assoziiert sind.
(1) Kunstradio Online: http://www.ping.at/thing/ orfkunstradio/ Horizontal radio – die unmögliche Dokumentation. Doppel-CD. Edition Kunstradio. [Argentinierstraße 30 a, A 1040 Wien. Tel.: ++43 1 50101 8277, FAX: ++43 1 50101 8929, e-mail: kunstradio @ thing.or.at] In Kooperation mit Transit.zurück
(2) s. auch Für eine digitale Renaissance des Situationismus von H. Ranzenbacher in diesem Katalogzurück
(3) Geert Lovink: A Small Net in a Big World, Or: The Importance of Being Media. Nettime, June 2nd 1996zurück
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