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Worlds Within


'Karel Dudesek Karel Dudesek / ' Van Gogh TV Van Gogh TV

Worlds Within ist eine Multi-User-Domain. Worlds Within ist ein öffentlicher elektronischer Ort, distribuiert über ein Netzwerk. Worlds Within ist ein Modell für die zukünftige Nutzung von Medien, in denen interaktive Netzwerke eine kollektive Form von Ausdruck beherbergen. Worlds Within ist ein virtueller Raum für reale Kommunikation. In dieser dreidimensionalen Welt können Menschen miteinander reden, sich verabreden, musizieren, Texte lesen, Bilder oder Videosequenzen erstellen oder Veranstaltungen organisieren.

DAS NETZWERK
Worlds Within bietet mehrere Welten für urbanes Leben. Menschen treffen einander – sie sprechen oder plaudern; sie formen oder gestalten; sie spielen, zeichnen oder musizieren; sie handeln und verkaufen ... Es ist der Austausch, der Dialog, welcher den Plattformen sein Leben, seine Farben, Töne und Resonanzen verleiht, das ist Kultur.

Das Netzwerk ist 24 Stunden online; es bietet Einzelnen die Möglichkeit, ihre individuelle Kamerasicht und Position in der Welt zu beziehen, zugleich können die Besucher auf einen selektierten Ort oder auch mit anderen Besuchern mittels der zur Verfügung stehenden mutimedialen Werkzeuge interagieren.

Worlds Within ist ein offenes System, wo Sie über Computermodem andocken können. Für Ihren Zugang über PC benötigen Sie eine spezielle Software für die Navigation und Visualisierung, das "Frontend". Die Frontend Software beziehen Sie über Van Gogh TV .
VAN GOGHTV – WORLDS WITHIN
Worlds Within inszeniert sich in den digitalen Netzwerken, sichtbar auf Bildschirmen in Hinterzimmern und auf den Desktops von Großraumbüros. Die Anonymität der Informationsgesellschaft ist hier Ausgangspunkt und Grundlage für neue soziale Rituale, neue Spielformen und Manifestationen des Lebens. Erst durch die Langzeitnutzung werden sich identische oder auch neue Prozesse wie in der realen Welt ausbreiten. Worlds Within ist kein Ersatz für die reale Welt, sondern eine virtuelle Parallelwelt.
KOOPERATION – KOLLABORATION – TELEWORKING
Jeder kann an und in Worlds Within seine digitale Struktur andocken oder implementieren. Worlds Within ist ein modulares System, das Schritt für Schritt aufgebaut und modifiziert wird. Interessierte sollten sich über die Bedingungen bei VAN GOGH TV informieren.
Kreiert werden können:Userformen, Avatars, Container, Texturen, Wirkungsfelder, eigene Welten, Programme

Funktionen in der Welt: Wizards, Informanten, Koordinatoren, Serviceanbieter, Adjutanten, Schiedsrichter, Distriktverwalter u. a.
DER PRODUKTIONSWEG
3D-Formen können mit einem beliebigen 3D-Editor [z. B. 3D Studio- Autodesk] erstellt werden, jedoch müssen diese im 3D-Format erstellt sein. Für Userformen ist die maximale Anzahl 50 Polygone. Standardgröße für Texturen ist 128x128 Pixel.
WORLDS WITHIN – THE GAME

von Julean A. Simon
Worlds Within ist ein Reality-Game, denn es verknüpft die Wirklichkeit, in der die Spielteilnehmer von Ziegelsteinen bis Festplatten alles weitwerfen können, riesige Türme aus Disketten oder Altpapier aufbauen, auf einem Bein hüpfend den lokalen Supermarkt oder eine Wüste durchqueren, ihren Haustieren Kunststücke beibringen, mit einem Handkantenschlag Brennholz machen oder ganz einfach die größten, langsamsten, besten, härtesten, längsten oder die schnellsten in ihrer Disziplin sein können – also ihren normalen Alltagstätigkeiten nachgehen – mit der virtuellen Realität eines Netzwerk-Spiels, in dem diese persönlichen Leistungen von ihnen entsprechend präsentiert und von anderen anerkannt oder herausgefordert werden können.

Der virtuelle, dreidimensionale Raum ist eine einfach strukturierte Welt, die wie eine "Fachmesse der persönlichen Leistungen" organisiert ist, durch die die Spieler als kleine Avatars navigieren. Leistungsorientierte Spieler besetzen sogenannte "Claims", in denen sie ihre Fähigkeiten nach eigenen Vorstellungen dokumentieren; andere Spieler, die diese Leistungen – vielleicht, weil sie völlig unglaubwürdig erscheinen – nicht anerkennen oder sie zu übertreffen meinen, können sie herausfordern. Wie im Leben auch, gibt es eine dritte Gruppe von Spielern, die sich diese Situation zunutze machen, als Adjutanten Partei für eine Seite ergreifen, Wetten abschließen, den Schiedsrichter spielen oder aber anderen Streiche spielen, Gesetze aufstellen, sich selbst zum Distriktverwalter ernennen oder sich in aller Stille das Treiben ansehen und amüsieren.

Es lassen sich also drei Handlungskategorien unterscheiden:
PRESENCE
Die Präsenz eines Spielers entsteht hier über die Darstellung einer besonderen Fähigkeit als pars pro toto seiner Person. Der Spielteilnehmer präsentiert etwas, was er/sie ist oder kann, wählt oder erfindet dabei eine Disziplin, in der er seine Stärke oder individuelle Eigenschaft sieht, in der er sich wiederfindet und mit der er auch identifiziert werden möchte.

Es gibt verschiedene Formen der Selbstdarstellung eines Spielers in seinem "Claim", die durch entsprechende Tools unterstützt werden. Die typische Ausdrucksform ist sicherlich eine Multimedia-Dokumentation, die die darzustellende Leistung eines Spielers mittels textlicher Beschreibung und, unterstützt durch Skizzen und gescannte Photos, in der Art einer Bildgeschichte eines Boulevardblatts vermittelt. Zum Beispiel kann ein Interview mit der Nachbarin verwendet werden, die die Glaubwürdigkeit bezeugt.

Ein Spieler kann sich aber auch damit beschäftigen, ein ausgefeiltes Regelwerk zu erstellen und seine Leistung in einer quasi wissenschaftlichen Form mit exakten Messungen und Charts und Diagrammen, die diese widerspiegeln, auszuführen. Seinem Anspruch von Glaubwürdigkeit wird wahrscheinlich nur ein notariell beglaubigtes Gutachten gerecht werden, das er seiner Dokumentation beifügt. Es kann aber auch kooperative Projekte geben, die einen bestimmten Claim erheben und auf diesem Weg Mitarbeiter suchen. Und schließlich kann es interaktive Claims geben, wobei eine Fähigkeit innerhalb des Claims unter Beweis gestellt wird. Beispielsweise kann jemand in seinem Claim behaupten, alles über eine bestimmte Sache zu wissen, und jeder, der diesen Claim besucht, kann ihn einer Art Test-Quiz unterziehen.

Klarerweise existiert die Behauptung einer Leistung nicht nur in der Virtualität der Spielumgebung, sondern findet seinen Ausdruck auch in Real Events, die in vielfältiger Weise mit ihrer Darstellung in einem Claim verknüpft werden kann.
COMPETITION
Aus dem Anspruch, den die Selbstdarstellung eines Teilnehmers in einem Claim erhebt, nämlich in irgendeiner Hinsicht etwas Besonderes zu sein, ergibt sich die Spieldynamik insofern, als es immer jemanden gibt, der diesen Anspruch interessant, kommentierungsbedürftig oder aber als Herausforderung empfindet. Das Spielenvironment hat dafür zu sorgen, daß diese verschiedenen Haltungen und Reaktionen der Community entsprechend kanalisiert werden und in gleicher Weise wie die Claims, auf die sie sich beziehen, in der Öffentlichkeit des Environments präsent und verhandelbar gemacht werden.

Dieses Konkurrenzprinzip soll dafür sorgen, das die mittels Claims erzeugte Präsenz der Spielteilnehmer nicht zu einem gleichgültigen Nebeneinander von ebenmäßig verteilten Visitenkarten führt, sondern zu immer neuen Situationen.

Der typische Fall besteht darin, daß andere Teilnehmer den Titelanspruch, den ein Spieler in seinem Claim erhebt, anerkennen oder ihm diesen Anspruch und damit den Claim streitig machen. Neben der offensichtlichen Vorgangsweise, nämlich dem Anspruch die eigene höhere Leistung entgegenzusetzen, sind weitere Mittel denkbar, die angewandt werden können, um die Glaubwürdigkeit eines Claim-Holders zu testen oder in Zweifel zu ziehen und ihn dazu zu zwingen, seinen Claim-Besitz zu rechtfertigen, zu beweisen und zu sichern.
INTERAKTION
Abgesehen von den durch das Interface unmittelbar unterstützten Interaktionen – wie der Navigation durch die Welt, das Öffnen und Betrachten von ContentPages und das Erstellen solcher ContentPages mittels der zur Verfügung gestellten Tools, dem Durchführen einer Konferenz mit Spielteilnehmern und einigen anderen Betätigungsmöglichkeiten – ermöglicht es, das Spiel in der Interaktion mit der Community, die Grundlagen und Regeln des Spiels auszuhandeln bzw. zu modifizieren. Obzwar es einige Grundregeln gibt, die sich z. B. aus Kapazitäts- und Performancegründen ergeben [Zahl der möglichen Claims in einer Welt], verlaufen Tätigkeiten in der Spielwelt und die Teilnahme am Spiel im wesentlichen nach Konventionen, die frei in Interaktionen zwischen Usern ausgehandelt, aufgestellt und auch wieder verändert werden können. Dabei ist im Auge zu behalten, daß sie eventuell nicht nur einzelne Spielaspekte und -situationen bestimmen, sondern auch die allgemeine Dynamik.

Regeln gibt es auf verschiedenen Ebenen: Ein Claim-Holder verfaßt mehr oder minder eigenständig das Regelwerk, unter dem er seine Leistung aufstellt und unter dem ihn ein Herausforderer übertreffen müßte. Dennoch kann im Streitfall eine Entscheidung der Community [voting] herangezogen werden. Die einfachste Form, Regeln aufzustellen, besteht darin, sie auf einer Content-Page z. B. in seinem Claim auszuhängen. Andere Spieler können diese kommentieren, indem sie eine Annotation an diese Content-Page knüpfen. Sie können aber auch von mehreren Spielern in einer Konferenz definiert und in einem Katalog namens "Rule-Book" öffentlich gemacht und, sollte sie kontrovers sein, zur Abstimmung vorgelegt werden. Die Autorität, sofern nötig, zu bestimmen, für wen, wo in der Welt welche Regeln gelten, obliegt also der Community. Die Community wiederum kann, sofern sie es für sinnvoll erachtet, sich selbst strukturieren, indem sie Rollen festlegt, die einzelnen Spielern übertragen werden können. Es gibt daneben sogenannte "Wizards", die zwischen der Community und dem Systembetreiber, zwischen der spielerischen und der technischen Ebene vermitteln. Sowohl ihre Funktion wie auch die der Community besteht darin die allgemeine Spieldynamik so zu beeinflussen, daß der technische Aufbau nicht überfordert wird und dennoch den unterschiedlichsten Spielertypen entsprechende Entfaltungsmöglichkeiten offen stehen.

Van Gogh TV Team
Tim Becker – artwork, Karel Dudesek – the link, Ernst Pfanneschmitz- clientside, Axel Roselius – management, Martin Schmitz – serverside, Julean Simon – concept, Ronald Gonko – webmaster, Michael Uthoff – Bahamas PR, Tom Flemming – poster artwork, Wolfgang Niebuhr – shared whiteboard.
AVENA: Arne Bromann – soundsynthy, Martin Friedel – pixels and textures, Michael Wiegers – visualsynthy, Kai Tennemann – pixels and textures.
Software Consulting: Dawid Wohlhard, Minna Jyvaelae, Kaj Arndtfolk. Translation: Julia Klaustermeyer, Atlanta lokal link: Maurice P. Clifford, Neil Fried, Ric Ronveaux.
Van Gogh TV Laboratories
http://www.vgtv@com
Ein Projekt für die Olympischen Spiele in Atlanta 1996
Mit freundlicher Unterstützung durch BM für Wissenschaft, Verkehr und Kunst – Wien, Ministerium für Wissenschaft und Kunst – Hannover, Atlanta Committee for the Olympic Games, Nationales Olympisches Komitee für Deutschland, Österreichisches Olympisches Komitee, CRITERION – England, SYBASE – Deutschland, Siemens Nixdorf