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Textbased VR - Scenarios for Virtual Communities


'Oliver Frommel Oliver Frommel

WORKSHOP
Gegenüber der großen Verbreitung des World Wide Web führten textbasierte komplexere Internet-Dienste – wie IRC und MOOs, die Gegenstand von Workshops beim Ars Electronica Festival sind – eher ein Schattendasein. Dabei existieren diese nicht nur zum Teil wesentlich länger als andere Dienste, sondern bieten auch nach längerfristiger Beschäftigung ein interessantes Spektrum, nicht zuletzt aufgrund der Tasache, daß es sich dabei um stark erweiterte Kommunikationswerkzeuge handelt, die zur Kommunikation zwischen Menschen und nicht nur zur Abfrage verteilter Datenbanken genutzt werden. Der Zugang zu diesen ist offensichtlich aufgrund ihrer Textbasiertheit eher erschwert. Die Workshops sollen eine Möglichkeit bieten, einen Einstieg in textbasierte VR zu finden und dabei Aspekte kennenzulernen, die auch hier kurz angesprochen werden.

Die Entstehung von Systemen für textbasierte Virtuelle Realitäten [CMCS = Computer Mediated Communication Systems] wie IRC [Internet Relay Chat] oder MOOs [MOO = MUD Object Oriented; MUD = Multi User Dungeon] ging Hand in Hand mit der Schaffung technischer Voraussetzungen für einen auch weltweit verteilten Multiuser-Betrieb von Rechnern.

Die Verschiebung von zentralen, monolithischen Computersystemen hin zum individuellen Computer im Zuge der Enstehung und dem Ausbau globaler Datennetze hat zur Entwicklung von textbasierten VR-Systemen und der sie "bevölkernden" Gemeinschaften, wie sie heute existieren, geführt. So gab es Anfang der 70er Jahre das erste MUD, thematisch noch an Fantasy-Rollenspielen orientiert, das schon das damalige ARPANET, den Vorläufer des Internet, miteinbezog. Später wurde mit der Entstehung des LambdaMOO am Xerox PARC den Akteuren zum einen eine Möglichkeit gegeben, ihre Welt zu erweitern und Dinge wie auch Handlungen zu kreieren, zum anderen vollzog sich gewissermaßen der Schritt von der mehr spielerischen Fantasy-Welt zu einem "Social MOO". Der Gedanke dahinter war, ein System und einen Raum für eine virtuelle Gemeinschaft zu schaffen.

IRC wurde dagegen sozusagen ohne inhaltliche Vorgabe als effizientes Werkzeug zur Kommunikation im Internet geschaffen. Ein wesentlicher Unterschied zu dessen Vorläufern wie "talk" oder "write" bestand darin, daß bei IRC nur ein Dialog möglich war, während bei "talk" oder "write" dank des Konzepts von "channels" Gruppenkommunikation möglich wurde.

Die zunächst, oberflächlich betrachtet, als Einschränkung erfahrene Reduzierung der zwischenmenschlichen Kommunikation auf den Austausch von geschriebenem Text als gemeinsame Basis der Virtuellen Realität fordert im Gegenzug die Entwicklung neuer soziokultureller Gesten oder Codes, die außerhalb dieser [virtuellen] Welt naturgemäß ihren Sinn auch ganz verlieren mögen. Genauso gibt es zwischen der physischen, üblicherweise als real empfundenen Welt und einer textbasierten Realität Ähnlichkeiten in den Verhaltensweisen, schon allein aufgrund der üblicherweise größeren persönlichen Erfahrung jedes einzelnen in der physischen Welt. Es wird versucht, bereits erprobte Mechanismen in die Virtualität zu transportieren. Diese Mechanismen gewinnen jedoch in ihrem neuen Kontext zum Teil eine völlig neue Bedeutung.

Diese Neuordnung bereits erlebter sozialer und kommunikativer Formen ist in jedem Fall eine sehr persönliche und – verglichen mit der physischen Welt – junge Erfahrung. Sprache, jetzt zum Medium sämtlicher sozialer Interaktion geworden, gewinnt gegenüber der konventionellen Verwendung noch eine zusätzliche Bedeutungsebene, sie bietet noch mehr Raum für [Fehl]Interpretationen. Selbst für Körperlichkeit oder Äußerung von Gefühlen gibt es nicht mehr und nicht weniger als Worte.

Der Text nimmt also bei der Formung einer Gemeinschaft einer virtuellen Realität eine Vorrangstellung ein; genauso aber prägen die rein technischen Möglickeiten, also die zur Eingabe und Verarbeitung von Text verwendeten Werkzeuge und Systeme, die Kultur dieser Realität bzw. Gemeinschaft. Die technischen Möglichkeiten und Einschränkungen beeinflussen – zum Teil auf einer geradezu banalene Ebene [z. B. Wiederholungen, Zitate oder das gewollte, anscheinende Mißlingen des Versuchs einer privaten Mitteilung] – signifikant die Entwicklung dieser virtuellen Gemeinschaften.

Interessant ist weiterhin die Frage nach dem Zusammenhang zwischen der physischen Realität und der entsprechenden virtuellen Existenz. Dabei liegt wohl das größte Potential darin, sich möglichst wenig von der eigenen "Realität" einengen zu lassen, sondern in der Virtualität genau diese Grenzen zu überschreiten. Ein klassisches Beispiel dafür sind die in diesem Kontext häufig als Phänomen angeführten Geschlechterspiele [gender swapping].

Problematisch bei diesen und anderen [Schau]Spielen ist dabei sowohl auf der eigenen als auch auf der Seite des Gegenüber die Frage nach Authentizität oder Wahrheit.
Workshop http://www.aec.at/tVR/
ONLINE-REFERENCES
MOO Research Archive
http://www.actlab.utexas.edu/~smack/moo.html

The Lost Library of MOO
http://lucien.berkeley.edu/moo.html

Xerox PARC FTP-Server
ftp://ftp.parc.xerox.com/pub/MOO/

IRC related Documents
http://urth.acsu.buffalo.edu/irc/WWW/ircdocs.html

CMC Studies Center
http://www.december.com/cmc/study/center.html