transImagine
Die mediale Pumpstation
'Ingrid Burgbacher-Krupka
Ingrid Burgbacher-Krupka
"Mythos Information", als Doppelfokussierung auf der Bewußtheitsebene trifft das Projekt 'transImagine' als Transformation der Plastischen Theorie von Joseph Beuys.
Franz Marc sagte einmal: "Die kommende Kunst wird die Formwerdung unserer wissenschaftlichen Überzeugung sein." Ein prophetisches Wort, wenn es um Methodenbewußtsein geht. Heute kann die Kunst auf tiefenpsychologische Erkenntnisse zurückgreifen und so im Reich der computergestützten künstlichen Sinne (intelligente Ambiente) ihr Gewicht als geistige Kraft einsetzen, um an die archetypische Grundlage der Wirklichkeit heranzukommen. Der Künstler als Tag-Wandler, Symbole schöpfend (findend, was er intuitiv sucht) mit der Materie seiner selbst (z.B. in Aktion, Performance). Symbole, die sich als bedeutsam erweisen, weil sie konkret auf die Wirklichkeit verweisen und mit dem lebendigen Menschen durch die Brücke der Emotionen verbunden sind.
Der Künstler als Therapeut, der die symbolbildende Funktion des Tag-Traumes benutzt, um den ursprünglichen Geist des Menschen in das fortschrittliche differenzierte Bewußtsein zu bringen, wo er nie zuvor war, weshalb er nie einer kritischen Selbstbetrachtung unterworfen wurde.
"Mythos Information" trifft, denke ich, die Auseinandersetzung der Kunst auf archetypischer Ebene. Es scheint, als ob im Zeitalter der Medien heute der Künstler sich handelnd selbst zum Symbol macht bzw. seine Werke erst aus dem leibhaftigen Umgang Gestalt gewinnen. Oder anders gesagt, daß er nicht in die Materie, auf die Dinge, ein Stück seiner Seele projiziert, sondern aus der Materie handelnd seine Seele begreift/zurückgewinnt. Beuys' Einsatz des eigenen Körpers als plastisches Material, um die durch den Leib fließenden Energien nutzbar zu machen, und die von ihm geschaffenen Beziehungssysteme stehen für eine integrierte Praxis: mit der einfachen und doch so anspruchsvollen Forderung nach vermehrter Bewußtheit (seiner selbst) des Menschen.
Doch Bewußtheit hat auch eine eminent soziale Bedeutung: nur der Bewußte erkennt das in der Welt erlebte Böse auch als Inhalt der eigenen Seele. Beuys hat in seiner sogenannten sozialen Plastik die Sozialität des Menschen beschworen. Um so merkwürdiger nehmen sich in diesem Zusammenhang die Worte aus, die er seinen späten monumentalen Plastiken (z.B. 7000 Eichen) mit auf den Weg gab: "Medien durch Monumente ersetzen." Wird so den Monumenten die Rolle eines über den Tod hinausreichenden materialen Gegenpols zugewiesen in einer immaterieller werdenden Medienwelt?
Hier nun setzt das Projekt "transImagine" an: wie steht es um den Mythos Beuys im Medienzeitalter? Wir stehen heute vor einem Werk, dessen materielle Formgebung von einem Netzwerk verzweigter Assoziationen getragen wird. Vor einem Werk, dessen komplexe Zusammenhänge sich als fortwährender Transformationsvorgang darstellen (der auch den menschlich sozialen Anspruch betrifft). In transImagine – geht es konkret darum, (immaterielle) konzeptionelle Grundstrukturen mit digitalen Medien umzusetzen. Im Sinne einer medialen Transformation und somit Weiterführung. Angelegt als interaktive Computerinstallation bietet das audiovisuelle Medium die Möglichkeit einer offenen assoziativen Verknüpfung durch labyrinthisches Suchen auf dem Bildschirm.
Die Anlage des Projekts ist dialektisch, dem Kunstwerk entsprechend symbolisch und oft nicht gradlinig. Überzeugt wird nicht mit Hilfe des scharf auf einen Punkt eingestellten Suchers, nämlich des Vernunftschlusses, sondern durch Umkreisen, Wiederholen, indem eine wiederkehrende Ansicht desselben Gedankens gegeben wird – weiterbewegt unter immer wieder verändertem Blickwinkel. Die Argumente bewegen sich spiralförmig, über den Grundgedanken aufwärts, wie ein Vogel, der über einem Baum kreist. Der Rezipient mag erkennen, ohne schlüssige Beweismomente zu entdecken, daß er unbemerkt in den wiederkehrenden Aspekten ein weit größeres Universum umkreist und in sich aufnimmt.
Bei der Strukturierung ging es auch darum, sich auf Bilder von Bildern einzulassen, die an den erreichten Stand der Komplexität anknüpfen und den "Horizont der Repräsentation selbstkritisch experimentell untersuchen" (Peter Weibel). Beim Einlassen auf subjektives Erleben erweiterte sich so die Hauptstruktur des Projekts, die "Generische Kiste", angelegt als faktische Raum-Zeit-Achse, zu "Anima" – einem Raum freier Assoziationen.
AUFBAU Drei Strukturen sind nicht linear, sondern jede für sich zu einem komplexen Netz geknüpft, sowie miteinander assoziativ verwoben.
Nature Morte Museales Stilleben (Darmstadt) Künstlermuseum Werkstatt mit Objekten/Werkzeugen in Beziehungszusammenhängen installiert, im Auge des Objektes Der Besucher bewegt sich durch das Spannungsfeld der Werke.
Installation mit Bühnencharakter (Kapital Raum) Diskursdepot – Sprache Denken Bewußtsein Sprachformereignisse Plastisches Opernlibretto Der Besucher bleibt außerhalb des Spannungsfeldes der Werke.
Anima Grammatik der 'Plastischen Sprache' Transformation der 'Idee von Skulptur durch den leibhaftigen Umgang mit den Dingen' Skulptur als evolutionärer Prozeß
Generische Kiste – Raumzeitliche Bildachse Exemplarisches Betrachten: Aktionen und Objekte. beginnend mit den introspektiven Aktionen der frühen Jahre, zunehmende Öffnung nach außen, hinein in den öffentlichen Bereich, hin zu Diskussionen und Organisationen, zu weltweiten Auftritten. Prozessuale Skulpturauffassung.
Signa 'Recycling' 'Archiv' 'Materialfluß' Zusammensicht der Materialien aus ANIMA und NATURE MORTE Ideen und Materialien werden in Bewegung gehalten, weil das Erstarren zum Tode führt. Archivstruktur – Aus den Aktionen entstehen Anstöße zu weiteren Werken, Unikaten und Multiples als weitläufige Gedankenträger.
Die physischen Werke werden nicht auf eine Mutimedia-Bühne gebracht (kein virtuelles Museum). Im Fokus liegen die Spannungsfelder aus Zeichnungen, Objekten, Aktionen, Monumenten. Das Projekt ist eine Anthologie unterschiedlich gestalteter Beiträge.
Projekt Team: Ingrid Burgbacher-Krupka, Konrad Burgbacher, Giovanni Baruzzi, Gianni Caravaggio, Antonio Ortiz, Jan Posininsky. Ulrike Reinert
Mit freundlicher Unterstützung von René Block, IBM Deutschland, Hewlett Packard, Stiftung CorporateArtentity
|