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'Markus Huemer Markus Huemer

WAS IST DAS. DER SIGNIFIKANT (1) DER SIGNIFIKANT IST BLÖDE. (2) DER SIGNIFIKANT IST EINE DIMENSION, DIE EINGEFÜHRT WORDEN IST VON DER LINGUISTIK. (3) A. DIE EINFACHE FORM: "FÜR EINEN SIGNIFIKANTEN REPRÄSENTIERT EIN ANDERER SIGNIFIKANT DAS SUBJEKT"; B. DIE ENT-FALTETE FORM: "FÜR EINEN SIGNIFIKANTEN KANN JEDER DER ANDEREN SIGNIFIKANTEN DAS SUBJEKT REPRÄSENTIEREN"; C. DIE ALLGEMEINE FORM: "EIN SIGNIFIKANT REPRÄSENTIERT DAS SUBJEKT FÜR ALLE ANDEREN SIGNIFIKANTEN". (4) EIN SIGNIFIKANT IST, WAS FÜR EINEN ANDEREN SIGNIFIKANTEN DAS SUBJEKT VORSTELLT. DIESER SIGNIFIKANT WIRD ALSO DER SIGNIFIKANT SEIN, FÜR DEN ALLE ANDEREN SIGNIFIKANTEN DAS SUBJEKT VORSTELLEN: DAS HEISST, DASS OHNE DIESEN SIGNIFIKANTEN ALLE ANDEREN NICHTS VORSTELLEN KÖNNEN. DENN NICHTS WIRD VORGESTELLT, WENN NICHT FÜR ETWAS. (5) DIE SPRACHLICHE GESTE BRINGT, WIE JEDE ANDERE GEBÄRDE, IHREN SINN SELBST HERVOR. (6) DER LINGUIST MAG SICH RUHIG AUF DIE WISSENSCHAFT BERUFEN, AUF NICHTS ANDERES ALS REINE WISSENSCHAFT – ES WÄRE NICHT DAS ERSTE MAL, DASS DIE ORDNUNG DER WISSENSCHAFT DIE ERFORDERNISSE EINER ANDEREN ORDNUNG GARANTIERT. WAS IST DIE GRAMMATIKALITÄT, WAS IST DAS ZEICHEN S. DAS KATEGORIALE SYMBOL, DAS DIE AUSSAGEN DOMINIERT? ES IST IN ERSTER LINIE EINE MARKIERUNG DER MACHT UND DANN ERST EINE SYNTAKTISCHE MARKIERUNG, UND DIE CHOMSKYSCHEN BÄUME STELLEN KONSTANTE BEZIEHUNGEN ZWISCHEN VARIABLEN DER MACHT HER. (7) DIE ERKLÄRUNG LIEGT IN DER NATUR DER SPRACHE: DAS WORT ZU HABEN UND ETWAS ZUM SAGEN ZU HABEN SIND ZWEI VERSCHIEDENE DINGE. IN DEM AUGENBLICK. ALS DER ERSTE MENSCH ZUM ERSTENMAL DAS WORT ERGRIFF, HAT ER EINE ENTSCHEIDENDE PRÜFUNG DURCHGEMACHT: DA ER ÜBER DIE SPRACHE VERFÜGTE, KONNTE ER ALLES SAGEN, WOZU DIE SPRACHE BEFUGT, UND HAT DOCH NICHTS ZU SAGEN. DA BESTAND ALSO VÖLLIGE UNSTIMMIGKEIT ZWISCHEN DEM SIGNIFIKANTEN UND DEM SIGNIFIKAT: DER SIGNIFIKANT FLOTTIERTE … (8) DIE BINÄRE STRUKTUR VON CODES TRANCHIERT DIE WELT. (9) JEDER TEXT IST EIN DOPPELTER TEXT. STETS GIBT ES ZWEI TEXTE IN EINEM: (10) "ZWEI TEXTE, ZWEI HÄNDE, ZWEI BLICKE UND ZWEI ARTEN DES VERNEHMENS. AUF EINMAL ZUGLEICH UND EINZELN." (11)

DIE KATEGORIEN ODER FORMEN ALLER ERKENNTNIS SIND NICHT IN DER WIRKLICHKEIT, SIE SIND IM DENKEN, DAS HEISST IN DER SPRACHE, DORT ALLEIN. (12) DIE WELT IST DIE GESAMTHEIT DER TATSACHEN, NICHT DER DINGE. (13) DIE VERSTANDESBEGRIFFE EXISTIEREN GEWISS NIRGEND ANDERS ALS IM MENSCHLICHEN BEWUSSTSEIN. ABER SIE ENTSPRINGEN NICHT AUS IHM. ES IST DAS GESELLSCHAFTLICHE SEIN DER MENSCHEN, DAS IHR BEWUSSTSEIN BESTIMMT. (14) GENAU GENOMMEN SIND ES, WIE SCHON FRÜHER HERVORGEHOBEN, NICHT DIE SÄTZE, SONDERN DIE EINZELNEN VORKOMMNISSE DES ÄUSSERNS VON SÄTZEN, DIE EINE BEDEUTUNG HABEN UND WAHR UND FALSCH SEIN KÖNNEN. (15) ALSO DIE ZUORDNUNG GESCHIEHT NACH EINEM GESETZ. UND ES SIND VERSCHIEDENE SOLCHE GESETZE DENKBAR. NUN, DANN HAT DER AUSDRUCK "Y IST EINE FUNKTION VON X" KEINEN SINN, WENN ER NICHT DURCH DIE ANGABE DES GESETZES ERGÄNZT WIRD, NACH DEM DIE ZUORDNUNG GESCHIEHT. DIES IST EIN FEHLER DER DEFINITION, UND IST NICHT DAS GESETZ, DAS DIE ERKLÄRUNG ALS NICHT VORHANDEN BEHANDELT, EIGENTLICH DIE HAUPTSACHE? (16)

THOMAS LOCHER

IHR DISKURS [MARKUS HUEMER]:
was soll diese diskursform? das internet ist ein netzwerk aus netzwerken, also muß man sich, wenn man Zugang haben möchte, in einem netz befinden, nicht in irgendeinem, sondern in einem, in dem ein unix-rechner den kontakt zur außenwelt hält, somit hat man schon fast kontakt mit der unendlichkeit. kohl fordert beschäftigungsinitiative, bundeskanzler kohl hat unternehmer und gewerkschaften zu einer neuen beschäftigungsinitiative aufgerufen. er werde daher schon bald die sozialpartner zu gesprächen einladen, sagte kohl in seiner regierungserklärung vor dem bundestag, der kanzler rief alle bürger auf, sich an einer erneuerung von staat und gesellschaft zu beteiligen und mehr verantwortung zu übernehmen. alle kräfte seien anzuspannen, um deutschland »fit zu machen« für das 21 jahrhundert. zugleich sprach kohl sich für einen »schlanken staat« aus, der sich auf seine eigentlichen aufgaben beschränken sollte. in wie weit hat hypermediale darstellung auf soziale systeme einfluß? ist der mediendiskurs lediglich selbstreferenziell? die »footnote« ist die einfachste form, innerhalb linearer schriftbewegung komplexität aufzubauen. deshalb wird ein netzwerk aus »footnotes« als der simpelste hypertext definiert. verknüpfungen von »footnotes« zu »footnotes« ist in Printmedien nicht möglich. ich würde an diesem punkt aber einen diskurswechsel vorschlagen! was halten halten sie davon, sich einmal im teletext umzusehen? dort, wo zwischen (hyper)textpassagen referenzialitäten entstehen, gerieren unentwegt autorenlose texte. netzwerke solcher textreferenzialitäten funktionieren in echtzeit, und weisen in ihrer funktion ähnlichkeit zu künstlerischen dekonstruktionsverfahren auf. das suggerieren bestimmter narrativer sinnzusammenhänge bei klassischen, linearen texten ist der elektronischen verzweigungsstruktur inhärent. o.k., ich werde in den Büchermeldungen mich umsehen. margaret forster: daphne du maurier, ein leben/arche 54,00 mark. berühmt wurde die britische schriftstellerin margaret forster durch ihren roman »rebecca« – und letztendlich auch durch die noch berühmtere hitchcock-verfilmung desselben. die zahlreichen anderen romane, erzählungen und kurzgeschichten sind dagegen nur wenigen bekannt. margaret forster versucht in ihrer biographie nicht nur den künstlerischen werdegang der 1989 gestorbenen autorin nachzuzeichnen, sondern auch deren innenleben darzustellen. dafür hat sie briefe, tagebücher, aussagen von zeitzeugen, notizen und andere materialien ausgewertet. forster hat in mühevoller kleinarbeit aus diesem konvolut an belegen ein bild vom leben daphne du maurier zusammengestellt, das den Leser stellenweise mit details erschlägt. zumindest ist es der biographin gelungen, ein vielseitiges porträt einer ungewöhnlichen Frau und autorin zu zeichnen. darüber hinaus erfahren interessierte leser auch einiges über die britische zeit- und sozialgeschichte des 20 jahrhunderts. alles in allem: ein vor information strotzendes buch, in erster linie für fans, für alle anderen sicher nicht durchgehend spannend. dort, wo zwischen (hyper)textpassagen referenzialitäten entstehen, gerieren unentwegt autorenlose texte.

netzwerke solcher textreferenzialitäten funktionieren in echtzeit, und weisen in ihrer funktion ähnlichkeit zu künstlerischen dekonstruktionsverfahren auf. das suggerieren bestimmter narrativer sinnzusammenhänge bei klassischen, linearen texten ist der elektronischen verzweigungsstruktur inhärent. die veränderten bedingungen einer raum- und zeitsemantik durch die elektronischen medien sind anlaß, das cartesianische modell zu dekonstruieren, und systeme zivilisatorischer prozesse auf der ebene der sprache, jenseits einer kommunikation syntaktischer elaboriertheit zu analysieren. man könnte sagen: das anarchistische strukturmodell des hypertextes, beziehungsweise der elektronischen netzwerkkommunikation insgesamt könnte strukturvoraussetzung zur analyse von »wirklichkeit« sein. ist es nicht eher so, daß kunst und neue medien dem kriterium aktualität verpflichtet sind. ist nicht aktualität der faktor, der die strukturelle anlage dieser systeme erklärt? während man im buch die logische abfolge von informationseinheiten im wahrsten sinne des wortes »zerreißen« müßte, sind hypertextstrukturen ein synergismus, ein korrelatives verhältnis von annotationen. einzelne einheiten von texten werden aber nicht nur unter kohäsiven gesichtspunkten korrekt verkettet, um einen text insgesamt in seiner linearität als kohärente einheit aufnehmen zu können, müssen auch schon die einzelnen einheiten in sich kohärent, d.h. in sich semantisch und argumentativ stimmig sein. (newstext) die folge von nichtlinearer systematisierung ist ein informeller mehrwert. ist es nicht eher so, daß kunst und neue medien dem kriterium der aktualität verpflichtet sind. ist nicht aktualität der faktor, der die strukturelle anlage dieser systeme erklärt? unbestritten war linearität in texten immer mehr als bloße abfolge, und streng genommen ist auch nur die mündliche erzählung linear. verkettungen von propositionen durch kohäsive funktionen, sei es pronominalisierung durch anaphern oder durch deiktische links beispielsweise, bilden syntagmen aus denen wiederum absätze, kapitel, themenfelder etc. werden. was aber nichts daran ändert, daß der text selbst linear bleibt, so manigfach auch bezüge hergestellt sein mögen, so raffiniert der leser auch zum blättern angehalten wird. technodeterminismus, sei es durch wirtschaftliche potenz oder politische innovationsgläubigkeit oder eben durch einen selbstreferenziellen mediendiskurs, ebnet den weg zu einem weiteren totalitarismus, welcher selbstverwirklichung und emanzipation widerspricht. es bedarf in zukunft leistungsfähiger human-machine-interfaces damit nicht ausgrenzung und eine zweiklassengesellschaft (couch-potatos und surfer) geriert. nicht die kommunikationsmaschinen verschaffen grenzenlose freiheit, emanzipation des einzelnen individuums und subjektivierung, sondern das handling oder besser die bereitschaft dafür, stellen individualisierung und subjektivierung her. nur so bleiben netzwerke offen, und schaffen eine breite soziale und interkulturelle rückkoppelung. annotation: erläuternder vermerk zu einer biblographischen anzeige (buchwesen), duden, analysen, kommentare, aufzeichnungen zu texten. im printmedienbereich oft als kolumnen; im hörfunk und fernsehbereich auch in form von zwischenrufen und eingeschobenen sendeplätzen. hypertexte ermöglichen, daß annotationen selbst wieder mit solchen erläuterungen aufbereitet, annotiert werden können.


(1)
Jacques Lacan, ENCORE. Le Seminaire XX. 1975. S. 22 zurück

(2)
Ebda. S 25 zurück

(3)
Ebda. S. 34 zurück

(4)
S. Zizek,. Denn sie wissen nicht was sie tun. Wien 1994 zurück

(5)
Jacques Lacan, Schriften II. 1986 zurück

(6)
M. Medeau-Ponty, Phänomenologie der Wahrnehmung. 1966. S. 220 zurück

(7)
Deleuze/Guattari, Tausend Plateaus. Berlin 1992. S. 140 zurück

(8)
V. Descombes, Das Selbe und das Andere. 1981: S. 115/116 zurück

(9)
K Luhmann, P. Fuchs, Reden und Schweïgen. 1989. S. 71 zurück

(10)
V. Descombes, a. a. O. S. 177 zurück

(11)
J. Derrida, Randgänge der Philosophie. 1976. S. 85 zurück

(12)
F. Mauthner, Beiträge zu einer Kritik der Sprache, 1969. Bd. 3. S. 7 zurück

(13)
L. Wittgenstein. Tractatus logico-philosophicus. 1968. 1.1 zurück

(14)
Alfred Sohn-Rethel, Das Geld, die bare Münze des Apriori, Berlin 1990. zurück

(15)
W. V. O. Quine. Grundzüge der Logik. Frankfurt 1969 zurück

(16)
Gottlob Frege, Funktion, Begriff. Bedeutung. Gôttingen 1962. zurück