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Ars Electronica 1994
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Interview mit Peter Eisenman


'Selim Koder Selim Koder

Peter D. Eisenman:
Der Computer gibt der Architektur die Möglichkeit, sich von einigen ihrer früheren Einschränkungen zu lösen. Eine dieser Einschränkungen ist der Umgang des Architekten mit dem Material. Bisher hat der Architekt oder die Architektin mit etwas gearbeitet, was er oder sie, sozusagen a priori, kannte, etwas, was er oder sie gelernt hatte. Deshalb sehen Entwürfe jedesmal mehr oder weniger gleich aus, weil man, wenn man mit der Hand entwirft, nur zeichnen kann, was man bereits im Kopf hat oder eben frei assoziiert. Die Zeichnung wird dann auf das Bild hin korrigiert, das man sich im Geiste ausgedacht hat. Zum Beispiel kann die erste Zeichnung eine Kritzelei sein, und überhaupt nicht das, was man sich vorstellt. Dann kommen eine zweite und dritte Zeichnung. Während des traditionellen Entwurfsprozesses nähert man sich so Schritt für Schritt dem Bild, das man im Kopf hat. Dieses Vor-Bild gibt es immer, ob es sich nun im klassischen Vokabular der Architektur artikuliert oder in einem besonderen Stil oder Gefühl besteht. Es ist immer etwas, auf das hingearbeitet wird. Natürlich könnte der Architekt in der gleichen Weise Bilder, die er im Kopf hat, aus dem Computer herausholen, aber der Computer hat in seinem Speicher auch noch Bilder, Systeme, Regeln, Strukturen und Muster, die der Architekt nicht kennt. Diese prä-existieren sozusagen in einem Universum, aber solange man keinen Weg findet, sie anzuzapfen, weiß man nicht, was sie sind, Klarerweise sind sie nicht durch die Regelsysteme der klassischen Architektur vorbestimmt. Das heißt, jene Regelsysteme, die die möglichen Bilder in der Vorstellung der Person, die die Maschine bedient, beschränken.

Dagegen kann man eine Reihe von Regelstrukturen in den Computer eingeben, ohne von vornherein zu wissen, welche formalen Ergebnisse man erhalten wird. Dann werden Algorithmen in Hinblick auf mögliche formale Ergebnisse getestet. Diese Algorithmen zu schreiben und zu korrigieren ist Teil des Entwurfsprozesses. Man kann die Bilder korrigieren, um die Regelstrukturen offensichtlicher zu machen, oder damit sie besser gebaut werden können. Es sind Bilder, die abgelöst sind von der Geschichte der Architektur und der Geschichte des konzeptionalisierenden Einzelnen.

Der Computer kann das offenlegen, was zuvor unterdrückt wurde durch die Psychologie oder Geschichte des einzelnen und die Geschichte der Architektur, von der man annahm, daß sie das gesamte Wissen und Wesen der Architektur darstellte. Da aber die Architektur sich immer weiterentwickelt, hat der einzelne zu keiner Zeit Zugang zu ihrer gesamten Geschichte und auch nicht zu ihrer möglichen Geschichte in der Zukunft, der Computer hat dagegen Zugang zu diesen Möglichkeiten.

Zweitens eröffnet der Computer Möglichkeiten, die die Leistungsfähigkeit der heutigen Technologien in der Bauindustrie bei weitem übertreffen. ln der Luft- und Raumfahrt oder der Automobilindustrie beispielweise bauen die Montagestraßen automatisch das, was der Computer auf seinem Bildschirm darstellt. Das ist bei der Architektur nicht der Fall. Vielmehr wird die Herstellung von Standardkomponenten immer schwieriger, je mehr wir Computer einsetzen. ln der Stahlerzeugung kann ein Roboter zum Beispiel genau gleiche Standardteile herstellen, nicht aber davon abweichende Teile. Dafür müssen die computerisierten Strategien zur Massenproduktion architektonischer Elemente neu konfiguriert werden, seien es Stahlskelettrahmen, Mittelpfosten für Fenster, oder was auch immer. Standardprodukte, ist man draufgekommen, schränken in Wirklichkeit nicht nur den Entwurfsspielraum des Architekten, sondern auch den des Computers ein. Der Computer ist deshalb zur Zeit der Leistungsfähigkeit der Industrie weit voraus, man kann auf dem Computer Dinge machen, die die Bauindustrie nicht umsetzen kann.

Schließlich gibt es noch das, was in der Zukunft liegt, das, was eine zukünftige Architektur sein könnte. Wenn man zeichnet, zeichnet man herkömmlicherweise die Umrisse einer Form, und das Gezeichnete ist immer eine Linie. Alle Architekten zeichnen Linien, und diese Linien sind der Umriß eines festen Körpers. Um einen leeren Raum zu erhalten, zeichnet man immer eine zweite Linie, die eine Beziehung herstellt zwischen dem Körper, dem Behälter, und dem darin Eingeschlossenen. So gehen die meisten Computer bei der Herstellung komplexer Körper vor. Komplexe Körper erzeugt man auf Computern folgendermaßen: erst zeichnet man eine Linie entlang einer äußeren Hülle und dann eine zweite entlang einer inneren Hülle, und dann schneidet man das Innere vom Äußeren weg. Computer formen grundsätzlich feste Körper, und leere Räume erhält man nur durch Subtraktion. Damit wird die Idee perpetuiert, daß Architektur phallozentrisch ist und ihr vornehmliches Interesse der Präsenz gilt. Die Architektur ist das letzte Bollwerk des Phallozentrismus in der zeitgenössischen Kunst. Zum einen, weil man ihre Einschließungen notwendigerweise als feste Körper und artikulierte Profile auffaßt. Das kommt daher, daß die Zeicheninstrumente, die wir benutzen, Linien und Körper hervorbringen. Die Linien bezeichnen Körper. In anderen Disziplinen gibt es aber die Möglichkeit, leere Räume zu formen. Zum Beispiel Strukturen wie Schleimpilze, selbstgenerierende, internalisierte Organismen, die ihre eigenen Gesetze und ihr eigenes Verhalten haben und nicht von einem festgelegten Profil, von einem erkennbaren Profil ausgehen. Schleimpilze sehen anders aus als alles andere, verändern sich und nehmen die Form des Behältnisses an, in dem sie sich befinden. Sie nehmen verschiedene formale Strukturen an, abhängig von ihrer eigenen internen Bewegung und ihrem eigenen Wachstum.

Wenn so eine Art der Formgebung in der Architektur möglich wäre, dann könnten wir eine neue Art von Architektur haben, eine Architektur, die nicht mehr phallozentrisch wäre. Das heißt aber nicht, daß wir nicht mehr einfassen oder umschließen würden, doch würde das Umschließen als Überrest des Prozesses verstanden werden und nicht als metaphorisch für den Prozeß. Mit anderen Worten: die selbstgenerierende Aktivität, nicht die umschließende Aktivität, würde zum Bild des Prozesses und zu seinen analogen Bedeutungen führen. Niemand sagt also, daß Architektur nicht umschließen, einschließen, umfassen würde usw., aber es würden daraus nicht notwendigerweise Metaphern gemacht.

Diese Problematik nimmt in gewisser Weise mit Vitruv ihren Anfang. Nach Vitruv ist die Architektur mit drei Dingen befaßt: Gebrauchswert, Festigkeit und Vergnügen. Unter Festigkeit versteht er die stabile, umschließende Schutzfunktion einer Struktur. Das bedeutet nicht einfach, daß ein Gebäude aufrecht stehen muß, weil natürlich alle Gebäude aufrecht stehen müssen. Was Vitruv meinte, war, daß Bauwerke nicht nur aufrecht stehen müssen, sondern auch so aussehen müssen, als stünden sie aufrecht. Deshalb war die Metapher der Struktur in der Architektur schon immer wie naturgegeben da. Was ich damit sagen will, ist, daß diese Idee von Vitruv innerhalb des mechanischen Paradigmas nicht mehr besonders reizvoll ist. Während Gebäude auch heute noch aufrecht stehen müssen, kümmert es nur wenige Menschen, ob Gebäude auch so aussehen, als könnten sie aufrecht stehen. Stattdessen ist man gezwungen, sich mit Fragen der Simulation von nicht-originalen Formen auseinanderzusetzen, und letztlich mit einem Überbleibsel des mechanischen Paradigmas, dem Phallozentrismus der Architektur. Das, was sich der Schwerkraft widersetzt und dieses Widersetzen metaphorisiert, ist immer phallozentrisch. Ich glaube, daß alle diese Fragen vom Computer angesprochen werden, der ja nichts mit der Hand des Autors zu tun hat, und dem es auch nicht um das Konzept des Originals geht, ebenso wie von der Fähigkeit des Computers, leere Räume zu formen. Und diese Fragen werden unweigerlich zur Computerisierung des Entwurfsprozesses führen.

Selim Koder:
In welchem Ausmaß wird sich die digitale Darstellung auf die Architektur auswirken? Welche Möglichkeiten gibt es hier?
PDE:
Ich habe keine Antwort auf die Frage, was in der Zukunft passieren wird. Ich weiß es nicht, ich bin kein Futurologe. Ich bin davon überzeugt, daß die Architektur im Falle eines digitalisierten Entwurfsprozesses neu bestimmt werden muß, das heißt, daß es keinen Anfang, keine Wahrheit, keinen Ursprung und kein a priori mehr gibt. Es ist mit anderen Worten nicht mehr notwendig, von einem Rechteck, einem Kreis oder einem Quadrat auszugehen. Das kartesianische Prinzip einer a priori vorhandenen Wahrheit, die inhärent schön und gut ist, existiert nicht mehr, bzw. wird nicht mehr automatisch als wahr oder notwendig schön angesehen, oder als das einzig notwendig Wahre und Schöne. Wenn das der Fall ist, dann muß man andere Matrizen finden, um Formen hervorzubringen. Durch die menschliche Hand-Kopf-Beziehung läßt sich das nicht konzeptualisieren, da sie nur davon ausgehen kann, was mit der menschlichen Hand möglich ist. Und das, was möglich ist, ist durch unser Wissen und unsere Erfahrung begrenzt; für den Computer sind dieses Wissen und diese Erfahrung keine Einschränkung. Der Computer hat bezüglich der Bilder, die er hervorbringt, keine Erfahrung und kein Wissen. Damit diese Bilder in der Architektur auch einen Einfluß haben können, müssen sie baubar und hinsichtlich ihrer Herstellung mit dem Computer erschwinglich sein.

Diese Dinge sind, ob wir nun schnellere Maschinen haben oder nicht, in Hinblick auf unseren Zeit- und Energieaufwand enorm problematisch, und der Grund, weshalb nicht mehr Architekten mit Computern arbeiten, ist einfach, daß es so viel Zeit kostet. Ein x-beliebiges Gebäude läßt sich auf dem Computer nicht schneller machen als mit der Hand. Was wir machen, und was die Möglichkeiten der CAD-Technologie bis ans Äußerste ausreizt, ist insofern problematisch, als sich die Computerprogramme, die Hard- und Software, die wir haben und die sich ein normales Büro leisten kann, nicht rechnen. Nehmen wir zum Beispiel das Atlanta-Projekt (Emory Center for the Arts) – was nötig wäre, um das Projekt kosteneffizient zu produzieren, wäre am Ende wegen der Summe, die man vorher investieren müßte, nicht mehr kosteneffizient. Wir müssen deshalb nach Möglichkeiten suchen, Büros zu teilen, zu vernetzen und die Computerzeit auf teuren Anlagen zu teilen, so wie es an den Universitäten schon geschieht.
SK:
So ähnlich machten wir das ja mit dem Emory University Computer Center.
PDE: Das war aber immer noch sehr teuer. Solange die Bauindustrie nicht draufkommt, wie sie sich in Hinblick auf den Einsatz von Computern verändern muß, wird der Computer ein genauso beschränktes Werkzeug sein wie der Bleistift. Solange wir nicht den Computer vom Planer, vom Entwurfsprozeß und von der Konstruktion loslösen können, wird es überhaupt keine Veränderung geben. Hier und heute ist der Computer beschränkt. Er kann nicht effizient arbeiten.
SK:
Sie haben zwei Punkte angesprochen. Einmal, daß der Computer primitive Fähigkeiten erworben hat. Wenn die Hand des Autors ihn an einer bestimmten Stelle anhält und bestimmte Formen auswählt: "Ist mir das genug Präsenz, ist es subversiv genug?" Diese primitive Fähigkeit, hat das mit Autorenschaft zu tun?
PDE:
Das hat mit der Unvorhersagbarkeit dessen, was der Computer produziert, zu tun. Wenn man irgendetwas programmiert, zum Beispiel einen mathematischen Algorithmus, weiß man nicht unbedingt a priori, was die formalen Konstrukte oder die formalen Zufälligkeiten sein werden. Und man weiß nicht, wenn man sich die formalen Zufälligkeiten ansieht, wie sie durch Veränderung eines Elements des Algorithmus noch weiter manipuliert werden können, um dieses Ding in der einen oder anderen Weise zu bewegen. Es wird nicht mehr durch unser Wissen manipuliert. Im Algorithmus sind, mit anderen Worten, dieses Wissen und diese Geschichte enthalten, aber wir haben zu dieser Geschichte und diesem Wissen der formalen Zufälligkeiten, die aus einem bestimmten Algorithmus entstehen, noch keinen Zugang, wie der Computer das hat. Das tut der Computer also für uns.
SK:
Wenn wir zukünftig den Computer als Werkzeug benutzen, um schnell Veränderungen zu analysieren, ist der zweite wichtige Punkt die Software, mit der wir ihn benutzen. Zum Beispiel haben wir mit "Mathematica" Radarwellen, Feuchtigkeit, Rauschen usw. analysiert.
PDE:
Ich behaupte, daß die Software begrenzt ist. Wir haben heute noch nicht die Software, um die Dinge, die wir in der Architektur tun müssen, zu tun. Wir haben noch keine Software zur Hervorbringung von leeren Räumen. Unsere Software ist wirklich primitiv. Die Software FORM-Z ist zwar nützlich, aber trotzdem primitiv. Wir brauchen eine Software wie die, die in großen Forschungsinstitutionen für komplexe biologische und physikalische Daten verwendet wird. Diese Software könnte als Modell für die Architektur dienen.
SK:
Ich glaube, daß es solche Maschinen in höheren Preisklassen sehr wohl gibt. Sie sind aber deshalb nicht kosteneffizient, weil die Bauindustrie nicht den Zugang dazu hat wie, sagen wir, die Filmindustrie. Wie könnte man das ihrer Meinung nach angehen?
PDE:
Ein denkbarer Weg wäre eine Kooperation mehrerer Architekturbüros. Eine Gruppe von Architekten könnte durch das American Institute of Architects einen Supercomputer kaufen. Ich schätze doch, daß sich nicht jedes Architekturbüro einen Supercomputer leisten kann. Etwas in der Art muß passieren, denn unser Beruf wird sich grundsätzlich nicht ändern. Es ist kein Beruf, der Spielraum zum Experimentieren läßt. Wir experimentieren zu unserem Schaden. Keiner bezahlt uns dafür. Und so lange uns niemand bezahlt, machen wir Verluste. Silicon Graphics sieht sich außerstande, fünf der führenden Architekten experimentieren zu lassen, die ihnen zeigen könnten, wie sich der Markt noch ausbauen ließe. Aus heutiger Sicht scheint der Markt hinsichtlich dessen, was Architektur in den nächsten zwanzig Jahren sein wird, sehr vielversprechend. Ich glaube, daß der Markt für Architektur ziemlich groß sein wird, Wenn man einmal anfängt, mit Computern zu arbeiten, wird einem klar, welches Potential zur Realisierung ganz außergewöhnlicher Dinge darin steckt. In die Schulen und Universitäten ist die Computerindustrie schon vorgedrungen, einen vergleichbaren Aufwand für Forschungen, von denen On-line-Büros profitieren könnten, hat man bisher aber gescheut.
SK:
Ich habe in Wiesbaden über zwei Projekte gesprochen, das Emory-Projekt und das Haus Immendorff. Diese beiden Projekte stellen in Hinblick darauf, wie sie auf dem Computer entworfen wurden, zwei interessante Pole dar. Das Interessante am Emory-Projekt waren z.B. die Harmonielinien und beim Haus Immendorff dann das etwas fortgeschrittenere Konzept selbstaggregierender Systeme.
PDE:
Hier gibt es zwei Unterschiede. Beim Emory-Projekt ging es darum, regelmäßige geometrische Formen nach den Regeln der Harmonielehre in etwas zu verwandeln, was man als topologische Oberflächen bezeichnen könnte. Beim Immendorff-Projekt ging es um eine neue Sicht des Profils. lndem wir die solitäre Welle als analoge Form verwendeten, gelangten wir zu einem dynamischeren Profil. Durch die vertikale Windung durch sich selbst hindurch veränderte es sich ständig, so daß sich Körper in Hohlräume verwandelten und umgekehrt Hohlräume zu Körpern wurden.

Ein drittes Projekt, ein Kunstzentrum in Tours in Frankreich, setzte sich mit der Frage der Poché auseinander. Wir haben traditionelle Zustände der Architektur, Profil, Poché, Schnitt, auf eine neue Art und Weise betrachtet. Die moderne Architektur hat diese Dinge vergessen. Man kann sich damit auseinandersetzen, ohne zu einem persönlichen Ausdruck oder irgendeinem anderen Ausdruckswillen zurückzukehren. Diese Arbeit hat nichts mit einem Ausdruckswillen zu tun, weil darin Systeme Formen intern generieren, anstatt daß Formen von außen bestimmt werden. Ausdruckshaftigkeit bedeutet immer Gestaltung von außen. Hier geht es dagegen um den internen Ausdruck des Materials, und das ist etwas anderes als die externe Ausdruckshaftigkeit, an die wir traditionellerweise in der Architektur denken.
SK:
Findet die Transformation des Zeichnens durch die Verwendung von Computern in der sekundären Beziehung statt?
PDE:
Erklären Sie mir, was Sie unter der sekundären Beziehung verstehen.
SK:
Die primäre Beziehung besteht zwischen dem Formalen und dem Konzeptionellen, die sekundäre Beziehung zwischen dem Konzeptionellen und dem Textuellen.
PDE:
Die primäre Beziehung wird in der Architektur immer die Beziehung des Formalen zum Konzeptionellen sein. Man hat zuerst eine ldee und dann eine Form. Diese Form kann dann in einem Text niedergeschrieben oder ausgedrückt werden, einem Text, der in der Form möglich ist, das ist dann die sekundäre Beziehung, das Schreiben, nicht das Zeichnen.
SK:
Wenn es also eine Transformation des Schreibens ist, um was für eine Art von Transformation handelt es sich dabei?
PDE:
Der digitale Ausdruck kann entweder die Manifestation des Zeichnens oder des Schreibens sein, je nachdem, wie man ihn verwendet. So, wie wir ihn verwenden, ist er die Manifestation des Schreibens im Gegensatz zum Zeichnen, aber es könnte genausogut beides sein. Wenn man nur etwas von einem Medium in ein anderes kopiert, schreibt man nicht. Schreiben geht auf die konzeptionelle Idee zurück, ist mit anderen Worten die Rückkopplung zum Konzeptionellen. Zeichnen ist nicht konzeptionell. Schreiben ist vielleicht auch nicht immer konzeptionell, aber das Schreiben, von dem ich spreche, ist es, und das unterscheidet es vom Zeichnen.
SK:
Können wir also sagen, daß diese Manifestation dann vorliegt, wenn die Beziehung zum Instrumentalen in der Architektur geschwächt wird?
PDE:
So fängt es an. Da das Formale und das Instrumentale traditionellerweise so eng miteinander verbunden sind, ist es sehr schwierig zu behaupten, daß das, was wir lesen, textuell ist; wir könnten das Instrumentale lesen. Um etwas Geschriebenes zu lesen, muß man die Verbindung zwischen dem Formalen oder dem Ikonischen und dem Instrumentalen lösen. Dann kann man anfangen, das Ikonische nicht als das Instrumentale zu lesen, sondern als Geschriebenes an sich.
SK:
Als indexikalisch?
PDE:
Ja, vielleicht. Aber das Indexikalische in der Architektur ist immer sekundär, denn die Wand wird nie etwas anderes als primär sein.
SK:
Sie meinen, es muß als exzessiver Zustand existieren?
PDE: Ja.