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Ars Electronica 1994
Festival-Programm 1994
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Festival 1979-2007
 

 

Flow


'Charly Steiger Charly Steiger

FLOW – DATEN
Mediale Systeme: Sammeln und Ausgeben von Daten, Feststellen und Verwalten von Laufzeiten und Geschwindigkeiten, Messen und Überbrücken von Distanzen. Unser Ziel vor Augen glauben wir in eine Richtung zu gehen doch wie fließt der Datenstrom? Welche Systeme sind gekoppelt? Wo ist ihre Eingabe, wo die Ausgabe? Wer kontrolliert? Wer interpretiert?

Ein wesentliches Interessensgebiet medialer Technik hat sich der Verknüpfung verschiedener Systeme zugewandt: Wie kann Fernsehen mit BTX, wie Spracherkennung mit Telekommunikation, wie Bandkontrolle mit verbesserter Leistungsanpassung der Robotik verbunden werden? Verbindung, Verknüpfung – Unterbrechung, Trennung immer dringlicher wird die Frage danach, welche Axiome welche Verknüpfungsregeln definieren, wie sie vorgestellt, gedacht und konzeptualisiert werden können. Führen die Datenverarbeitungstechniken lediglich dazu, daß artifizielle Bildwelten entstehen und vervielfältigt werden, oder kann den Systemen eine an den Bildern sozialer Relevanz gewonnene Konzeptualisierung vorausgehen? Und: wer leistet diese Konzeptualisierung? Welche Bilder gehen ihr voraus?

Die Welt, die im Entstehen ist, kann weniger denn je am singulären Objekt ihre Interpretation leisten – dort wo das Objekt nicht mehr zweifellos als das einzige seiner Gattung (medial oder genetisch) gelten kann, wird unser Verhalten, unsere Wahrnehmung am Ort des vermeintlichen oder tatsächlichen Geschehens (situ) aufs neue Gegenstand wirksamen Interesses.

Das künstlerische Problem der Darstellung von Welt konzentriert sich deshalb nur noch in Ausnahmefällen auf die Problematik der Repräsentation eines Konzepts in einem Objekt. Vielmehr geht es darum, durch Einpassung und Kontrastierung pointiert ausgewählter Systeme in ihnen übergeordneten Systemen Situationen zu erzeugen, die ihre Beschreibung herausfordern.
FLOW – VIDEOINSTALLATION
Zwei Informationsbereiche: ein Projektionsbereich mit einem sechsteiligen Projektionsfries und ein darunter aufsteigender Treppenaufgang im Brucknerhaus, der von ebenfalls sechs Lichtschranken erfaßt wird.

Jeweils ein Bewegungsmelder ist mit einem Projektionssystem, einem Videobeamer, gekoppelt, so daß, durchschreitet man den Treppenaufgang, jeweils auf der Höhe des entsprechenden Beamers die formale Präsentation der Projektion – eines zu einem Band gestauchten, mutierten Fernsehbildes -verändert wird: sie erhält einen veränderten Input und klappt – für den Moment des höhenversetzten Entlangschreitens – von der Waagerechten in die Senkrechte.

Sowohl die beobachtenden Passanten des Projektionsfrieses auf der Galerie oberhalb der Treppe als auch die Treppensteigenden werden im Moment des Ereignisses ihren Einfluß auf das System noch ungenau interpretieren. Dem Benutzer auf der Galerie wird die Kopplung von Bewegung an die Veränderung der projizierten Bilder erst nach einer gewissen Beobachtungszeit als systematische Einheit erscheinen – genauso wie der Treppensteigende erst nachdem er die Position des Beobachtenden eingenommen hat, seinen Einfluß auf die Projektionssystematik entsprechend interpretieren wird.

Die Installation legt den Begriff "Interaktion" zwischen Mensch und Gerät nicht als sofortige, unmittelbare Reiz-Reaktions-Systematik aus, sondern als eine mehrschichtige Verkopplung von technischer Kontrolle und menschlicher Beobachtung, von unmittelbarer Bearbeitung elektronischer Daten und den auf Zeit und Interpretation basierenden Prozessen der Selbst- und Außenwahrnehmung. Denn erst die wechselseitige Wahrnehmung jeweils anderer Informationsebenen führt zum Verständnis des Gesamtsystems und der eigenen Funktion in ihm.
CHARLY STEIGER / ACHIM WOLLSCHEID
Ich danke Mike Krebs von TVT, Frankfurt, Bernd Geisler von viteg, Neu-Anspach und Delta-System Studioanlagen, Rödermark für die freundliche Unterstützung dieser Arbeit.