Katharsis
Computer-Konzert in sinfonischer Größenordnung
'Günther Rabl
Günther Rabl
Die Aufnahme eines Wasserfalles bildet die Grundlage für die gesamte, abendfüllende Komposition: aber nicht nur als Klangmaterial, sondern vor allem auch als unerschöpfliches Reservoir an Formen und Verläufen, die mit verschiedenen Analyseverfahren daraus abgeleitet werden können.
Demgegenüber steht eine Anzahl 'imaginärer Kunstprojekte' – eigens dafür gestaltete numerische Oszillatoren (sogenannte physikalische Modelle), die vom Klang des Wassers und dessen Transformationen (oft nur winzige Ausschnitte) zum Leben erweckt werden.
Diese Musik ist grundsätzlich raumbezogen: für die Aufführung in einem realen Raum konzipiert. Alle Teile verwenden 8 unabhängige Tonspuren, die aber im Rahmen der räumlichen Inszenierung in jedem Abschnitt anderen Gruppen von Lautsprechern zugeordnet werden können:
1. Stufe: "KATHARSIS" 13 min 2. Stufe: "FUNKENFLUG" 19 min 3. Stufe: "WIND" (in Arbeit) 6 min 4. und letzte Stufe: "GROSSE FUGE" (in Vorbereitung) 30 min
Seit Jahren arbeite ich immer wieder mit einem Material: der Aufnahme des Tosens eines Wasserfalles in den Salzburger Bergen. Die vier 'Toccata' benannten Stücke aus 'FAREWELL TEMPERED PIANO' sind daraus gewonnen, 'Aufstieg' und 'Abstieg' in 'ODYSSEE', und vieles andere mehr, sowohl im Bereich des Klanges als auch im Bereich von Formen und Prozessen. In 'KATHARSIS' ist dieses Rauschen das einzige externe Klangmaterial, der 'Rohstoff', aus dem fast alles gewonnen wird. Klänge, Klangprozesse, Melodien, Rhythmen, räumliche Aufteilungen, etc.
Mit dynamischen Oszillatoren lassen sich Klangobjekte definieren, die im Medium sind, deren Klangwelt tatsächlich zur Gänze verfügbar ist, sogenannte 'imaginäre Objekte'. Sie sind zunächst stumm, bieten nur ein ganz bestimmtes Kontinuum von Schwingungsmöglichkeiten. Erst die Art der Initiierung entscheidet über das tatsächliche Resultat.
Das deutlichste Beispiel ist 'FUNKENFLUG', der zweite Teil von KATHARSIS. Hier habe ich neun Objekte definiert (nach dem Modell einer präparierten Saite), jedes sorgfältig festgelegt in Größe, Spannung, Elastizität, Ausklingverhalten und vielem mehr – ein Ambiente von aufeinander abgestimmten 'Gegenständen', die sofort als solche erkennbar sind. Durch die 'Funken' werden sie auf die verschiedenste Weise zum Klingen gebracht, denn diese Funken haben verschiedene Gestalt, können schwer oder leicht sein, langsam oder schnell, können an verschiedenen Stellen aufschlagen, können das Objekt in Ruhe treffen oder während es noch vom vorigen Schlag in Schwingung ist. Vor unserem geistigen Auge entsteht ein imaginäres Klangobjekt.
Komposition 1991 – 94, Dauer ca. 70 min Klangprojektion über 8, 20 oder mehr unabhängige Kanäle
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