www.aec.at  
Ars Electronica 1993
Festival-Programm 1993
Back to:
Festival 1979-2007
 

 

Simulationsraum


' Knowbotic Research Knowbotic Research

kr+cf (knowbotic research) realisierte interdisziplinäre Projekte in den Bereichen künstlicher Sprachsynthetisierung, Echtzeitoperation, Datenbanken, Selbstorganisation, Mensch-Maschine-Schnittstellen, medialisierte Naturdarstellung.
Ausstellungsbeteiligungen von kr+cf (Auswahl):
Europ. Medienkunstfestival Bonn, 1991; Spektakel '92 Essen; Europäisches Mediainstitut Düsseldorf 1992; Videonale Bonn 1992; Int. Architekturfestival Graz 1992; Mediale Hamburg 1993;

"SIMULATIONSRAUM –– MOSAIK MOBILER DATENKLÄNGE" – EINE BEGEHBARE DATENBANK.
Zwei Räume, ein Realraum und sein Computermodell. Ausgestattet mit einer Navigationshilfe (private eye) und einem Ortungssystem (space–tracking) bewegt sich der Besucher in einer Klangdatenbank, die sich durch die implementierte Selbstorganisation ständig neu strukturiert. Der Besucher agiert gleichermaßen im Realraum wie im virtuellen Modell und erstellt mit Hilfe eines Sensors, durch den er die mobilen Klangdaten auslöst, eine Echtzeitkomposition und deren -visualisierung.
SMDK – SIMULATIONSRAUM–MOSAIK MOBILER DATENKLÄNGE
Die offene Datenbank, deren Zusammensetzung sich fortwährend verändert und aktualisiert, beinhaltet persönliche Statements klanglicher Natur, die nach postalischen und elektronischen Ausschreibungen (z.B. über Internet, compuserve) eingehen. Jedes Statement, für sich eine persönliche akustische Äußerung des Einsenders mit einer individuellen klanglichen Struktur, bildet Mosaikstücke für eine mögliche Komposition, die durch den Besucher erzeugt wird. Es entstehen dadurch unwiederholbare akustische Ereignisse, die nicht nur die klanglichen Eigenschaften, sondern auch die persönlichen Aussagen zu übergeordneten Bedeutungen reorganisieren. Jedes eindeutig nach seinem Adressaten identifizierbare Soundfile wird in der Datenbank gespeichert, nach klanglichen Charakteristika analysiert und codiert. Das Soundfile erhält eine realräumliche sowie systeminterne örtliche Zuordnung, die aber nicht stationär determiniert ist. Es ist jederzeit vom Besucher aufrufbar, doch gleichzeitig Teil zweier dynamischer Systeme:

der Selbstorganisation (einfache implementierte Regeln bestimmen das chaotische Verhalten des Gesamtsystems und damit die Gruppenbildung von Soundfiles selbstähnlicher Klangcharakteristiken)

der Interaktion von Besucher und Installation (das Verhalten des Gesamtsystems reagiert auf die Bewegungen des Akteurs im Klangraum).

Die daraus entstehende Echtzeitkompensation (mit den Variablen: Dauer, Lautstärke Montage der Klangstücke, Klangachsen) ist unmittelbar wahrnehmbares Ergebnis eines körperlichen Agierens innerhalb eines mathematisch definierten Systems – eines virtuellen Raumes und seiner darin gespeicherten und verwalteten Informationen.

smdk ist ein interdisziplinäres Projekt, das sich nicht durch die Einbildungskraft einer Künstlerpersönlichkeit, sondern sich aus einer in sich selbst bildenden Eigendynamik konkretisiert: Durch die Konfrontation der gegensätzlichen Erkenntnismöglichkeiten der mitarbeitenden Spezialisten entstehen Spielregeln zum Einpassen der verschiedenen Arbeitsprozesse. Dies ermöglicht im Rechner die Visualisierung eines gemeinsamen, funktionsfähigen Modells der interaktiven Datenbank, das vom Besucher empirisch erfahren und lesbar wird. Informatiker und Künstler erzeugen mit Hilfe von leistungsfähiger, maschineller Datenverarbeitung einen ästhetischen Rahmen für einen virtuellen Organismus nicht berechenbarer und nicht reproduzierbarer Einzelerfahrungen. Die chaotische Grundstruktur von smdk, die Selbstorganisation, die Echtzeitkomposition von aktustischem Fremdmaterial und dessen Fragmentarisierung, die kontinuierliche Visualisierung von (mathematischen) Vorgängen und die Offenheit des gesamten Systems über Netzwerke nach außen, bilden eine Komplexität, die den Besucher zur Konstruktion eines eigenen Orientierungssystems provoziert.
KR+CF – KNOWBOTIC RESEARCH
Welche wahrnehmbare Form erfordert eine mathematische Formel, ein abstrakter Gedanke, eine Emotion, eine Erinnerung, die Energetik eines Konfliktes usw., wenn die Methoden der reinen sprachlichen Beschreibung zur Speicherung und Vermittlung nicht zufriedenstellen?

kr+cf benutzen Informationssysteme, Kommunikationswege, Wissensspeicher und Archive, um sie zerteilt und analysiert wieder als solche neu zusammenzusetzen: Computer sprechen ihre eigenen Quellencodes (Sprachprogramm, 1991), Medientexte aus live gezappten TV–Programmen werden auf ihre sprachliche und akustische Substanz reduziert, gleichzeitig (!) philosophisch und klanglich reflektiert und als Livekonzert präsentiert (ping Operation pong, mit Friedrich Kittler, 1992), dokumentierte Wirklichkeit (Medienbilder) wird durch die digitale Manipulation formal reduziert und ikonografisch analysiert (Archive, 1992), Sprachkürzel, Go–Befehle kommerzieller Datennetze persiflieren ihren Informationswert und reagieren in einem gläsernen Datenraum auf einer Musterfläche gestischen Anweisungen eines Besuchers (hypervirus, 1992).

Die Mitarbeiter am smdk–Projekt sind neben den 3 Stammitgliedern Christian Hübler (Konzept, Realisierung), Alexander Tuchacek (Echtzeitkomposition) und Yvonne Wilhelm (Visualisierung), Georg Fleischmann (Selbstorganisation, komplexe Systeme), Detlev Schwabe (Datenbank und Systemmanagement), Michael Hoch (Klanganalyse, private eye), Will Bauer (space–tracking), Tobias Pfeil (data–broking), Rajele Jain und Udo Zyber (technische Installation).

Die Datenbank ist auch während Ars Electronica für Beiträge (eine klanglich formulierte Haltung zur Welt, 6 Sekunden, mono) offen.
Transfer über email und ftp: Information unter kr+cf khm.uni–koeln.de
Transfer über Audio–, und DAT–tapes: Überspielung vor Ort



Das Projekt wurde gefördert im Auftrag des Bundesministers für Unterricht und Kunst Österreich, dem Kulturamt Wien und wurde an der Kunsthochschule für Medien Köln realisiert.