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Ars Electronica 1992
Festival-Programm 1992
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Festival 1979-2007
 

 

Die Eigenwelt der Apparate-Welt Pioniere der elektronischen Kunst


'Woody Vasulka Woody Vasulka / 'Steina Vasulka Steina Vasulka

Es war kein Zufall, als Peter Weibel letzten November Steina und mich anrief und fragte: Würdet ihr als Kuratoren für diese Veranstaltung fungieren? Peter hatte Gene Youngblood und uns hier in Santa Fe mindestens zweimal – 1986 und 1987 – einzig und allein zu dem Zweck getroffen, um sich mit uns in einer anhaltenden Diskussion über die bemerkenswerte Erfahrung des frühen Videos, welches unser Leben immer noch entscheidend prägt, klar zu werden. Peter, Gene, Steina und ich selbst haben alle den "Medienaktivismus" der 60er Jahre miterlebt, aus dem wir mit der Sicht derer, die "in der ersten Reihe saßen", hervorgingen.

Für mich war Video keine intellektuelle Bewegung. Die frühen Protagonisten, Nam June Paik und Frank Gillette, haben der Sache den Anschein einer gewissen Legitimität verliehen, aber keiner hat sich mit den formalen Belangen des Mediums befaßt. Mein Interesse lag in der Konfrontation der Filmsyntax mit dem neuen Videobild, ein Anliegen, welches von der Videobewegung überhaupt nicht vertreten wurde. Die Kritik der Medienkunst ist nie über das Stadium des Seichten und Skizzenhaften hinausgelangt.

Aber ich glaube doch, daß Peters Angebot, einer Ausstellung als Kurator zur Verfügung zu stehen, sinnvoll war: Steina hat ein gutes persönliches Videoarchiv und beide haben wir Standardgeräte und maßgefertigte persönliche Videogeräte gesammelt, die eine bestimmte Linie ästhetischen Vokabulars (wie es sich in den frühen 70er Jahren sehr rasch entwickelte) markieren.

Als wir Mitte der 60er Jahre in New York ankamen, waren Steina und ich von zwei Erfahrungen beeindruckt: von der amerikanischen Dekadenzbewegung und vom ästhetischen Einsatz von Technologie. Wir begannen beides mit Hilfe von Video zu erforschen. Jackie Curtis führte uns durch die Halbwelt; mit George Brown und Eric Siegel arbeiteten wir Zeit und Energie organisierende Geräte durch. Es gab reiche Ressourcen für unsere Ausbildung, von LaMonte Youngs Drift Oscillators hin zum Automation House, von Loft zu Loft existierte ein Zustand kreativen Wahnsinns eine Menge Materialien, neue systematische Denkansätze, das Versprechen einer techno-ästhetischen Utopie …

Nach Peters Anruf wurde unsere Zeit sehr knapp. Mitte Jänner bestätigt Ars Electronica unseren Vertrag und wir stellten unser Team zusammen: MaLin Wilson (unabhängige Kuratorin und Schriftstellerin), David Dunn (Komponist und Schriftsteller) und David Muller (Techniker). Ich wußte, wir hatten funktionsfähige, nicht tote Geräte zu präsentieren und je früher die Zeitperiode, aus der die Instrumente stammen, desto besser. Wir mußten sie ausfindig machen, transportieren und viele von ihnen reparieren. Es ist Mitte April da ich dies schreibe und nur Gott weiß, wie dieses Abenteuer ausgehen wird.

Andererseits schienen viele, die jetzt mit der Sache befaßt sind, auf unseren Anruf nur gewartet zu haben. Ralph Hocking, der Begründer des Experimental Television Center in Binghamton, New York, ist jetzt in Ermangelung anderer, der einzige Großproduzent und Förderer maßgefertigter Viedeoinstrumente. Noch eindeutiger ist dies der Fall bei Ralph und Sherry Miller Hocking als einzige Sammler und Archivare von vielen dieser Geräte. Ralph hob den Telephonhörer ab, als hätten wir während der letzten Jahre ununterbrochen miteinander gesprochen.

Al Phillips, dem Eric Siegel seinen einzigen Videosynthesizer anvertraute, haben wir noch nicht ausfindig gemacht. Im Gegensatz zu den elektronischen Audiogeräten, gibt es hier keinen vergleichbaren historischen oder intellektuellen Bericht, wonach Videogeräte zumindest als kulturelle Artefakte einzuordnen währen. Während Paiks erster Synthesizer sich immer noch im Keller des MIT befindet, wurde dem Mills College soeben die erste Buchla Box durch eine französische Institution abgekauft.

Es ist wirklich ein Vergnügen, ein Reststück aufzuheben, es abzustauben, ihm seinen Namen zurückzugeben, es zu restaurieren, es auf tausende Dollars zu versichern und es in einem österreichischen Kunstkatalog zu veröffentlichen.

ÜBERBLICK
Video griff in unser privates Leben ein und führte dazu, daß unser Loft an der Fourteenth Street bald vollgestopft war. 1971 gründeten wir The Kitchen, um das zu beheben. Über Nacht wurden wir Teil eines großen Netzwerks, welches sich von Europa bis nach Japan und Kanada erstreckte. Der globale Charakter des Netzwerks nützte uns natürlich nicht in unserem Können, elektronische Bilder zu erzeugen; hier half uns eine sehr kleine Clique von Leuten die Schaltkreise bauten. Diese Gruppe ist Gegenstand unserer Ausstellung. Es existierte eine regelrechte Technologiegemeinschaft im Untergrund, mit einer Lebenseinstellung, die Low-Budget-Experimente und -Produktionen möglich machte. Eine neue Generation von Hochfrequenzbauteilen erschien just zu der Zeit am Markt, da ein, durch die Einnahme von Drogen von allen geteiltes, vorwiegend archetypisches Bild existierte. Und schließlich gab es eine Generation von Künstlern, die darauf brannten, die neuen Hexenkünste praktisch umzusetzen. Und tatsächlich gab es da auch ein Publikum …

Es ist wichtig zu erwähnen, daß es neben diesen Videoexperimenten eine weitverbreitete Mixed-Media-Praxis, die das Fernsehen als geschlossene Schaltkreisinstallation einschloß, gab. Und natürlich war es die goldene Ära des elektronischen Sounds. Noch wichtiger ist es zu verstehen, daß alle diese Formen der Medienarbeit gegen einen blühenden kulturellen Background geführt wurden: Malerei, Bildhauerei, Literatur, Musik und Film, um nur einige zu erwähnen. Die von uns als Insidern offerierte Sicht ist möglicherweise dick aufgetragen; dennoch, – das ist es, was den Besucher erwartet.

Innerhalb der Videobewegung mag unsere Auswahl für diese Ausstellung etwas seltsam erscheinen. Wir zeigen oder beschreiben keine Werke außer solche, wo es um Audio/Video als elektronisches Signal geht, – also aus jenem gesegneten Stadium, da sich die Möglichkeit einer wechselseitigen Veränderung mittels elektronischer Geräte aufgetan hat. Wir lassen die essentiellen und wichtigen bildnerischen und konzeptuellen Einflüsse, die während dieses Zeitraums von der "Kunst als Lebensstil" ausgingen, außer acht, ebenso die sozialen Einflüsse und die Einflüsse des Galerien- und Kunstmarkts. Auch glauben wir, daß die wichtigsten Videokunstwerke systematisch bereits von anderen Kuratoren präsentiert wurden. Was uns dagegen, als Neuankömmlingen aus der "Alten Welt" wichtiger war, was uns geheimnisvoller und unerklärlicher erschien, war dieser undefinierbar amerikanische Innovations- und Erfindungsgeist. Uns ging es einfach darum.

In den 60er Jahren unterteilten wir die Künstler in Kopf- und Handarbeiter. Wir stammten beide aus sozialistischen Gesellschaften und fühlten uns der Arbeiterklasse verbunden. Wir betrachteten die Welt immer noch als etwas Materielles, obwohl wir mit metaphysischem Material nämlich mit Zeit und Energie – zu tun hatten.
DIE TECHNOLOGIE
Das Wesentliche an der Ausstellung sind, abgesehen von den Geräten, die Bilder, sowohl Standbilder als auch bewegte Bilder. In unseren eigenen Arbeit sind wir bei einem technologischen Stadium angelangt, wo wir unsere Werke auf Laserdisk präsentieren. Seit dem Zeitpunkt, da wir eine über den Bar-Code vermittelte Verbindung zwischen Laserdisk und Druckseite erkannt hatten, wußten wir, daß dies für den Zweck der Ausstellung wunderbar geeignet sein würde. Trotz der plumpen Laserstifte zum Lesen der Bar-Codes und der auftretenden Zeitverzögerung, sind wir überzeugt, daß sich daraus eine perfekte Verbindung von Methode und Gegenstand ergibt.
DIE BÄNDER
Steina war immer eine eifrige Sammlerin von Videobändern. Schon sehr bald bemühte sie sich um den Austausch persönlicher Videobänder, eine Angewohnheit, die sie beibehalten hat. Die Notwendigkeit, einzigartige Entdeckungen miteinander zu teilen, führte die Leute beinahe zwangsweise zur Kommunikation – Videobriefe waren üblich, die "Wie man …" und die "Schau, was ich mache" beinahe ein Genre. Oft waren wir die ersten Empfänger und heute verfügen wir über ein erstaunliches Sortiment an Bändern, welches den Kern dieser Ausstellung bildet.

Es gibt eine noch nie dagewesene Affinität zwischen elektronischem Sound und der Erzeugung von Bildern. jede Generation von Künstlern tritt an mit einer verführerischen Idee zur Vereinigung des Akkustischen und des Visuellen und vice versa – in der Hoffnung, damit das Geheimnis der audio-visuellen Ästhetik ein für alle Mal zu lösen. Die Generation, die im Mittelpunkt unserer Ausstellung steht, ist der Sache etwas näher gekommen: selbst wenn das Geheimnis der Bildkomposition mit Tönen noch nie enträtselt worden ist, so war nun doch das Material, d.h. die Frequenzen, Spannungen und Geräte, mit denen das Material organisiert wurde, identisch. In unserem Fall verwendeten beispielsweise viele unserer Kollegen und Freunde für die Herstellung ihrer ersten Videobilder Audiooszillatoren aus Audiosynthesizern. Die ersten Videogeräte waren von der Architektur der Audiogeräte beeinflußt und ähnliches gilt für die erste Organisation von Bildern. Mit der Rückkopplung, über die alle diese Geräte serienmäßig verfügen, war der vorläufige Fachbegriff für die erzeugten Bilder etabliert. In unseren Gesprächen mit Peter Weibel stellte sich die Kontinuität zwischen Soundgeräten und Geräten zur Erzeugung von Bildern als grundlegend für unsere Ausstellungskonzeption heraus. Auch waren wir uns dessen bewußt, daß das große Gewicht der Kulturgeschichte von Sound und Musik die Balance der Ausstellung gefährden könnte. Sei's darum.
Woody Vasulka

Nachstehend eine Liste von frühen "persönlichen", von Künstlern verwendeten, elektronischen Audio- und Videogeräten, die für diese Ausstellung zusammengestellt wurden. Obwohl es sich dabei um jüngstvergangene Geschichte handelt, sind die näheren Umstände bei einer Reihe von Maschinen unbekannt und wir können ihre Existenz nur anhand ephemerer Quellen dokumentieren – Bilder auf Papier, in Fotographien und auf Videobändern. Diese Ars Electronica Ausstellung im Landesmuseum umfaßt jene Maschinen, die abgestaubt und in Hinblick auf ihre Funktionstüchtigkeit restauriert worden sind. Es handelt sich nicht um eine umfassende, sondern vielmehr um eine archäologische Auflistung. Während unserer Nachforschungen bekamen wir Hinweise auf viele andere Geräte, von denen wir hoffen, daß auch sie reaktiviert werden können bevor es zu spät ist.

Experimental Ubiquitous
Video Feed Back w/Audio Input Modulation
1962
Lee Harrison Associates
ANIMAC (Hybrid Graphic Animation Computer)
Destroyed, documented on film
1964
Don Buchla
BUCHLA PRE-100 SERIES (Audio synthesizer)
Collection of Michael Czajkowsky, New York City
1968
Eric Siegel
IMAGE ORTHICON T.V. CAMERA
Courtesy of Vinnie Novak Collection of the Experimental Television Center, Ltd. & The State University of New York, Binghamton Collection of Eric Siegel
1968
Eric Siegel
PROCESSING CHROMINANCE SYNTHESIZER
Where abouts unknown, no known documentation
1968–1969
Robert Moog
MOOG MODULAR AUDIO SYNTHESIZER
Courtesy of Norman Lowrey, Professor of Music; Collection of Drew University, Madison New Jersey
Donated by CBS (Columbia Broadcasting System)
1968–1969
Bill Hearn
VIDIUM (Analog X Y Z Driver/Sequencer)
Courtesy of Steve Anderson, Physics Department, Sonoma State University, Rohnert Park, California
Collection of Bill Hearn
1968
Pulsa Group/Peter Kindelman
HYBRID DIGITAL/ANALOG AUDIO SYNTHESIZER
Collection of Bill Crosby, Tucson, Arizona
1968
Industrial
PUTNEY, MODEL VCS 3 (Audio synthesizer)
Collection of the Experimental Television Center, Ltd. & The State University of New York, Binghamton
1969–1972
Salvatore Matirano
SAL-MAR CONSTRUCTION
Collection of Salvatore Martirano, School of Music, University of Illinois, Champaign/Urbana
1969
Aldo Tambellini & Tracy Kinsel & Hank Reinbold
BLACK SPIRAL INSTALLATION (Prepared TV set)
(Awaiting restoration)
Collection of the Everson Museum of Art, Syracuse, New York
1969
Industrial
SONY CV PORTAPAK
Ubiquitous
1970
Stephen Beck
DIRECT VIDEO SYNTHESIZER (Analog)
Collection of Stephen Beck, San Francisco
1970
Eric Siegel
EVS (ELECTRONIC VIDEO SYNTHESIZER)
Where abouts unknown, last in the possession of Al Phillips, documented in photographs
1970
Glen Southworth
CVI (COLORADO VIDEO INC)
QUANTIZER (Colorizer)
CVI DATA CAMERA (Camera Scan Processor)

Collection of the Experimental Television Center, Ltd. & The State University of New York, Binghamton
1971
Nam June Paik & Shua Abe
PAIK/ABE SYNTHESIZER SCAN MODULATOR (a.k.a. the "Wobbulator")
Collection of the Experimental Television Center, Ltd. & The State University of New York, Binghamton
1971
George Brown
VIDEO SEQUENCER (a.k.a. FIELD FLIP/FLOP SWITCHER with digital control)
Collection of the Vasulkas, Santa Fe, New Mexico
1971
Dan Sandin
IP (IMAGE PROCESSOR)
Collection of Phil Morton, West Yellowstone, Montana
1972
Eric Siegel
DUAL COLORIZER (Analog)
Collection of the Vasulkas, Santa Fe, New Mexico
CIRCA 1972
Steve Rutt & Bill Etra
SCAN PROCESSOR PROTOTYPE (Analog)
Collection of the Experimental Television Center, Ltd. & The State University of New York, Binghamton
Donated by Barbara Buckner
1973
Don Hallock
VIDEOLA INSTALLATION, SAN FRANCISCO
Destroyed, documented in photographs
1973
George Brown
MULTIKEYER (Analog with digital control)
Collection of the Vasulkas, Santa Fe, New Mexico
1973
Bill Etra & Steve Rutt
RUTT/ETRA SCAN PROCESSOR (Analog)
Collection of the Experimental Television Center, Ltd. & The State University of New York, Binghamton
1973
Stephen Beck
VIDEO OUTLINER (Digital)
Collection of the Vasulkas, Santa Fe, New Mexico
1974–1979
David Behrman & Bob Diamond & Robert Watts
CLOUD MUSIC (Hybrid Audio/Video Installation)
Courtesy of Sara Seagull & Larry Miller, Robert Watts Studio Archives
Collection of David Behrmann, Bob Diamond
1974
Stephen Beck
BECK DIGITAL VIDEO WEAVER (Synthesizer)
Collection of Stephen Beck, San Francisco
1976
David Jones
JONES FRAME BUFFER (Digital buffer)
Collection of Gary Hill, Seattle, Washington
Don McArthur
SAID (SPATIAL AND INTENSITY DIGITIZER)
Collection of the Experimental Television Center, Ltd. & The State University of New York, Binghamton
1976
Don McArthur & Jeffy Schier
DIGITAL IMAGE GENERATOR
Collection of the Vasulkas, Santa Fe, New Mexico
Date Unknown
Marcel Dupouy
LE MOVICOLOR (Colorizer)
Courtesy of Don Foresta
Collection of Ecole de Beaux Arts Decoratif, Paris