www.aec.at  
Ars Electronica 1992
Festival-Programm 1992
Back to:
Festival 1979-2007
 

 

Resonanzen
Hörbilder zur Ars Electronica 92

' Radiolabor Radiolabor

Das Radiolabor arbeitet an Möglichkeiten, trotz Rundfunkmonopol Radio selbständig und unabhängig zu gestalten.

Begonnen wurde damit, Sendungen auf Tape zu produzieren und diese zu verteilen, eine Möglichkeit, die sehr weit an den eigentlichen Absichten des Umgangs mit dem Medium vorbeigeht. Schon viel eher wurden diese Gedanken im Projekt "Radiolabor" im November 91 im Offenen Kulturhaus in Linz verwirklicht. Eine Woche lang wurde aus einem im Saal des O.K. eingerichteten Studio live gesendet. Die einzelnen Beiträge wurden ohne redaktionelle Vorgabe von den verschiedenen Programmachern in Eigenregie gestaltet.

Dieses Projekt orientierte sich stark an der Idee des "Freien Radios", einer in Österreich noch nicht legalisierten Möglichkeit, Rundfunk zu veranstalten. Daß es diese "Freien Radios" gibt und wie sie funktionieren, wurde im "Radiolabor" in Form einer Ausstellung dokumentiert.

In Österreich gibt es (neben verzweifelten Versuchen der Regierung, ein Privatradiogesetz zu basteln) eine sehr starke, von der Basis der Radiointeressierten kommende Bewegung, die aktiv an der Liberalisierung des Rundfunkgesetzes mitwirken will. Im Rahmen dieser Bestrebungen hat die "Pressure Group Freies Radio" bereits einen Gesetzesentwurf vorgestellt, in dem die gleichberechtigte Zulassung Freier Radiobetreiber vorgesehen ist.

Wie viele andere Gruppierungen auch, ist das Radiolabor bestrebt, mittels eigener Sendeanlage den österreichischen Äther mit nichtkommerziellem und unabhängigem Programm zu füllen und erklärt sich daher voll und ganz solidarisch mit den Forderungen der "Pressure Group Freies Radio" nach Öffnung der Frequenzen für jedermann. Das Radiolabor ist eine lose Gruppierung junger Linzer Kulturaktivisten und Künstler, die sich je nach Projekt neu formiert. Am Projekt "Resonanzen" beteiligen sich:

Bert Estl, Aktivist des Kulturvereins KAPU, Organisatorische Leitung des "Radiolabors" im Offenen Kulturhaus.

Rudolf Danielczyk, Kunstlichtbildner, Koordinator der medienpolitischen Aktivitäten.

Christoph Fürst, Student der Kunsthochschule (Metall), Graphiker

Walter Nadler, Student der Kunsthochschule (Visuelle Gestaltung), Musiker, Medienkünstler.

Thomas Pichler, Student (Informatik), Musiker, Moderation und Gestaltung beim Radiolabor.

Mark Voika, Tontechniker beim Radiolabor, Musiker.

Neben der oben angeführten realpolitischen Forderung versteht sich das Radiolabor als Labor im eigentlichen Sinne, als Forschungsstätte und Experimentierfeld. Das "Freie Radio" wird nicht die in Österreich angewandten Sendestrukturen übernehmen, sondern die Möglichkeiten des Mediums überdenken und neue Konzepte erarbeiten. Ansätze dazu lieferten schon Bert Brecht (vgl.: "Der Rundfunk als Kommunikationsapparat") und Kurt Weill (vgl.: "Möglichkeiten absoluter Radiokunst"), die bereits zu Beginn der Rundfunkära den reinen Distributionscharakter des Mediums in Frage stellten. Diese Gedankenmodelle beeinflußten unter anderem John Cage, der in seinen Medienkompositionen das Radio als Klangerzeuger verwendete. Im Sinne dieser Vordenker befaßt sich das Radiolabor beim Projekt Resonanzen mit neuen Möglichkeiten der Berichterstattung, des Teilhabens an einem gesellschaftlichen Ereignis, am Beispiel Ars Electronica.

Ziel dieses Projektes ist es eine neue Sprache, eine neue Form der Dokumentation zu schaffen, die dem experimentellen Charakter von Ars Electronica entspricht. "Resonanzen" soll ebenso sehr Dokumentation wie eigenständiges Kunstwerk, ebenso sehr Auseinandersetzung mit der Thematik des Festivals wie ein Ausloten der Möglichkeiten des Mediums Radio sein.

Ars Electronica liefert eine Vielzahl von klanglichen Ereignissen, die in komprimierter Form ein Hörbild des Geschehens vor Ort vermitteln. Sorgfältig ausgewählte Fragmente von akustischen "objets trouvés" werden gemeinsam mit bewußt provoziertem und auch vorproduziertem Tonmaterial zu einem neuen, eigenständigen Kunstwerk verarbeitet, zu einer Tagesreview assembliert.

Es soll nicht Ziel des "Radiolabors" sein, nur schlicht und einfach vom Geschehen des Festivals zu berichten; es geht vielmehr darum, dem Hörer Eindrücke zu vermitteln. Diese Ton-Collagen bieten kein Übermaß an Information, sie lassen der eigenen Imagination viel Frei- & Spielraum und erschließen somit neue Hörgewohnheiten.

"Resonanzen" soll und darf nicht Erklärung von Ars Electronica sein, sondern vielmehr ein mosaik-artiges Amalgam, ein subjektiver Hör-Erlebnisbericht, ein fragmentarisches Hör-Bild des täg-nächtlichen Geschehens bei Ars Electronica.

Das Radiolabor installiert sein Studio im Foyer des Brucknerhauses, in welchem das Programm produziert und live gesendet wird. Um dem Besucher Einblick in die Aktivitäten des Labors zu gewähren, werden an geeigneter Stelle Hörinstallationen errichtet, wo das Programm des Vortages zu hören ist.

Zu folgenden Terminen geht das Radiolabor live auf Sendung:
22. – 26.6.: 21.05 bis 21.55 auf Ö3 lokal OÖ
(UKW 88.8 Mhz)
Do. 25.6.: 22.15 bis 23.00 auf Öl Kunstradio