FOR ANN (rising) 1969, Tonbandkomposition
'James Tenney
James Tenney
Im März 1969 machte ich ein Stück, das sich als mein letztes elektronisches (oder computer-erzeugtes) Musikstück herausstellen sollte – FOR ANN(rising). Ich glaube, dieses Stück ist eine Art Reaktion, die wegführt von der Kompliziertheit der meisten meiner früheren Arbeiten, die ihrerseits vielleicht eine Reaktion auf die Kompliziertheit des Lebens im New York der 60er Jahre war. Ich möchte das nicht als Negation sehen, sondern als eine Art Verinnerlichung, durch die ich erstmals die Möglichkeit einer Auflösung der alten Dichotomien spürte – Kontinuität vs. Diskontinuität, Determiniertheit vs. Nicht-Determiniertheit etc. – die an einem gewissen Punkt, wenn man bis ans äußerste Ende gegangen ist, ununterscheidbar werden. Im Leben, so scheint es mir jetzt, ist außer der Vergangenheit nichts wirklich determiniert und Nicht-Determiniertheit ist nur ein anderes Wort für "Zukunft". In der Musik ist es jedoch möglich, eine Situation zu schaffen, in der der unbestimmte Charakter der Zukunft für eine Zeit ausgesetzt wird, womit auch die Antizipation, die Überraschung und daher das Drama, angehalten werden – und es bleibt außer der Gegenwart nichts womit man sich beschäftigen müßte. In FOR ANN(rising), wie in den späteren KOANS und in einigen anderen Stücken, bedeutet diese GEGENWART Mikrovariationen in den Klängen selbst, die durch die determinierte Form des Stückes besser wahrnehmbar gemacht wurden, sie bewirkt aber auch im Zuhörer innere, subjektive Vorgänge, in einer weniger durch das Drama getrübten Art und Weise – hier ist die Musik IN DIR.
|