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Ars Electronica 1991
Festival-Programm 1991
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Festival 1979-2007
 

 

Gespräch mit Roman Signer


'Hans-Ulrich Obrist Hans-Ulrich Obrist

RS = Roman Signer
HUO = Hans-Ulrich Obrist

HUO Die zehn Becken aus Kunststoff-Folie werden im Abstand von zehn Metern linear angeordnet.

RS Die Becken sind mit Wasser gefüllt und in jedem Becken stehen drei Stäbchen, die ein Dreibein bilden. Die Zündschnur hängt wie an einem Stativ.

HUO Ähnlich wie bei der Sprengung des Kinderplanschbeckens in Graz.

RS Die zehn Becken sind bei dieser Arbeit in einer Reihe angeordnet. Jedes Becken ist mit einer Zündschnur versehen. Ich schreite die Reihe ein erstes Mal ab und setze dabei die in gleichen Abständen angeordneten Zündschnüre Schritt für Schritt in Brand.

HUO Das Auslösen erfolgt wie bei der Sprengung der Faßdeckel in Friedrichshafen aus der Laufbewegung heraus.

RS In Friedrichshafen ging es mir mehr um die Idee eines Parcours. Die Zündung erfolgte augenblicklich im Moment des Kontaktes. In Linz geht es um die Verzögerung der Auslösung.

HUO Und dadurch entsteht eine Begegnung. Die Überlagerung der Bewegungen resultiert aus der Verzögerung.

RS Ja, es geht mir hier in Linz um eine Zeitskulptur, die zwei gegenläufige Bewegungen visualisiert und vereint. Ich zünde die einzelnen, zwei Meter langen Schnüre an. Nachdem ich die Strecke auf diese Weise zurückgelegt habe, warte ich auf die erste Sprengung, die am anderen Ende der Gerade einsetzt. Beim Entstehen der ersten Fontäne beginne ich den Weg zurückzugehen.

HUO Du blickst auf den eigenen Weg zurück. Du holst die eigene Vergangenheit ein und wirst zugleich von ihr eingeholt.

RS Ich gehe auf die Explosionen zu und treffe die Fontäne etwa auf halber Distanz. Die Explosionen, die auf mich zukommen, sind wie mein eigener Schatten. Ich begegne auf halber Distanz meinem eigenen Schatten. Die Bewegung des Anzündens ist ja zu diesem Zeitpunkt bereits Vergangenheit. Die Explosionen ereignen sich in den Abständen, mit denen Sie gezündet wurden.

HUO Die Explosionssequenz ist ein Abbild der Sequenz deines ersten Abschreitens.

RS Die Explosionen sind ein Schatten.

HUO Es ist ein Programm mit Tücken.

RS Ja, durch das Legen der Explosionsherde habe ich ein Programm eingegeben. Die Explosionen kommen in den Abständen, mit denen sie gelegt wurden. Ich gehe mit der gleichen Intervallgeschwindigkeit den Weg zurück und treffe deshalb die Explosion ungefähr in der Mitte.

HUO Du setzt die Struktur eines Programmes. Du bist Auslöser und baust die Abweichungen im voraus ein. Es scheint mir ein menschliches und kein technisches Programm; die Verschiebungen sind unvermeidlich und werden zu einem Teil der Skulptur. Die Sprengschnüre sowie deine Bewegungen erfolgen ja nicht mit technischer Präzision. Im Angesicht der automatischen, mit präzisen Programmen ausgestatteten Automaten eröffnet deine Arbeit durch die kleinen Abweichungen einen Freiraum. Hinter dem vordergründig sturen, apparatischen Ablauf taucht die menschliche Geschwindigkeit mit ihrer "Unzulänglichkeit" hinsichtlich des Funktionellen auf. Ganz im Sinne Flussers zeigst du eine Möglichkeit, in einer von Apparaten beherrschten Welt darüber nachzudenken, wie man seinem Leben angesichts der zufälligen Notwendigkeit des Todes einen Sinn geben kann.

RS Ich könnte in der Zwischenzeit sterben. Solange ich lebe, habe ich die Möglichkeit, meiner eigenen Vergangenheit zu begegnen. Wenn ich zu schnell oder zu langsam gehe, kommt es zu Abweichungen. Vergangenheit und Gegenwart begegnen sich etwa auf halbem Weg. Ich gehe meiner eigenen Vergangenheit entgegen
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