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Ars Electronica 1991
Festival-Programm 1991
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Festival 1979-2007
 

 

Die Logik der Schlange
Klanginstallation im Luftschutzstollen Schloßberg

'Erik Samakh Erik Samakh

Klanginstallation im Luftschutzstollen Schloßberg.
Die Tiere singen immer aus guten Gründen: um die Fortpflanzung zu gewährleisten, ihr Territorium abzustecken, ihre Jäger zu täuschen oder vor einer Gefahr zu warnen …

Manchmal scheint es nützlich zu sein, in ihren Stimmen und ihrem Verhalten die Gedanken zu entdecken, von denen sie gelenkt werden.

Im Körper der Schlange werden wir von den Fröschen aufgefordert, aus uns selbst herauszugehen, wobei es absolut unumgänglich ist, auf unsere Bewegungen zu achten.

Die für sehr "animale" Installationen entworfenen AAM (Autonome Akustische Module) werden hier einem dunklen, feuchten Raum gegenübergestellt, und nur ihre Batterie gewährleistet die für ihre eigenartigen Unterhaltungen nötige Autonomie, deren Ton während der vier Tage ihrer Existenz von der ihnen zur Verfügung stehenden Energie abhängt.

Das Publikum tritt durch den Kopf der Schlange ein (siehe offiziellen Plan, soll man an eine schematische Darstellung der Wirklichkeit glauben?) und kann sie nur durch ihn wieder verlassen.

Wie bei mehreren meiner Installationen (Animal en Cage 1988 – Tier im Käfig) ist der Köder klanglicher Natur, aber es handelt sich nicht um Musik ("Gehen wir ins Konzert" ist der richtige Satz, um in die Falle zu gehen). Die AAM sind hier schüchterne Grenzen (sehr empfänglich für die leiseste Bewegung), "tönende Rettungsreifen" für den Ertrinkenden. Jede Ausstrahlung, jeder im Raum verteilte Grenzstein entspricht einer Nummer von 1 bis 20 (für die Orientierung nötiger Kode).

Der Gesamtentwurf der Installation lockt den Zuhörer im Licht der Helme in die Falle.
Bei allen AAM-Installationen verschwinden die Maschinen (diskrete Vektoren) vollständig (Tarnung und/oder Zugang zu den Maschinen verboten).

Aus diesem Grund war es verboten, auf der "Vogelinsel" anzulegen oder in die "akustische Oase" des Parks von Talcy einzudringen, da die Installation erst hinter dem Zaun eines Parks sichtbar wird.

Die Unbestimmtheit ist manchmal entsetzlich für das schlecht informierte Publikum ("Le Rossignol de Heinz").
Der Rahmen (der verwendete Raum) wird in den Entwurf der Installation vollkommen integriert und ist mit dem Werk untrennbar verbunden.

Im Dienste der vielfältigsten Experimente ermöglichen die AAM eine vollkommene Loslösung von "traditionellen Rahmen oder Räumen" wie der Video-Bildschirm, die Projektion, der Vorführsaal, der Konzertsaal, das Theater, das Museum, die Galerie etc.

Sie ermöglichen vielleicht auch eine größere Unabhängigkeit von den institutionellen Rahmen" (im Prinzip für den Moment). Die Tatsache, mit Tönen zu arbeiten, die die sichtbare und greifbare Wirklichkeit der "Landschaft" direkt beeinflussen, hat natürlich eine wesentliche Bedeutung.

Es ist einfach, einen virtuellen Raum, ein Produkt des Geistes, mit Hilfe von Maschinen (diskrete Vektoren) und ihren Klängen auf einen realen Raum zu legen.
Der Körper und der Geist befinden sich nun wie in einem "Sandwich" gefangen.
Der reale Raum und seine Bewohner werden in Schwingung versetzt, was dem Ganzen ein manipuliertes, verschwommenes Bild verleiht.

Dafür verantwortlich zeichnen diese diskreten Vektoren (virtuell und sonor), die die in Schwingung versetzte transparente Materie durchqueren.
Die Konfrontationen und Rückstöße dieser Interventionen auf die menschlichen Besucher, aber auch auf die Tierwelt scheinen mir nun aufregend.

Seit langem denken Wissenschafter und Jäger über die stimmliche Kommunikation der Tiere nach, die ihre Laute als Köder verwenden, um zu jagen, anzulocken, zu kommunizieren und zu versuchen, die verschiedensten Arten zu verstehen: (Insekten, Lurche, Vögel, Säugetiere …)
Wissenschafter des CNRS arbeiten derzeit an der Entwicklung hochspezialisierter akustischer Maschinen, die den AAM sehr nahe sind, um sie im Gelände (bestimmtes Biotop) mit den untersuchten Tieren zu konfrontieren.

Die Tiere speichern oft wiederholte Lautinformationen (Papagei) und nehmen sie in ihr Vokabular auf, was zu einer ganz besonderen Verlängerung des Experiments führt … Die so hervorgebrachten "akustischen Kommunikationen" (virtuelle Wirklichkeiten) können sie auch verwirren und daran hindern, normal zu leben, indem sie sie zwingen, ihr ursprüngliches Ökosystem zu verlassen.

Aus diesem Grund betrachte ich die Installation von Maschinen heute viel mehr als künstliche Implantation einer neuen Art Parasiten in einem bestimmten Biotop, die programmiert werden können, um sich mit Leichtigkeit einem bestimmten Raum anzupassen, oder ganz im Gegenteil das Gleichgewicht eines Ortes und seiner Bewohner herauszufordern und zu stürzen.

MAA (AAM)
Autonome akustische Maschinen – Vision und Reflexion 1991
Verschiedene Experimente, akustische Installationen mit dem "tierischen" Verhalten, ließen mich verschiedene eigene Werkzeuge erfinden: "autonome akustische Module".
Nach dem Bild der meisten Tiere und insbesondere der Pflanzen halten die akustischen Module einen Winterschlaf, wenn sich die Erde von der Sonne entfernt.

Die Maschinen verbrauchen dann nur das für die elementaren Funktionen ihres Kreislaufes notwendige Minimum.
Die Sendezeit und ihre Intensität hängt von der im Lauf des Tages gehorteten Energie, und daher von der Kapazität der Batterie und der Oberfläche des Sonnenkollektors ab.
Diese Autonomie zwingt die Systeme zu einem besonderen Verhalten, da sie von der Besonnung des Ortes ihrer Implantation abhängig sind.


Die Sensoren, mit denen die akustischen Roboter ausgestattet sein können, ermöglichen eine Analyse des "Klimas" des entsprechenden Ortes.
Anemometer, Thermometer, Hygrometer, Radar können an die digitalen Analogeingaben, mit denen die Karte des Mikroprozessors ausgestattet ist, angeschlossen werden.
So bleibt das Modul in ständiger Resonanz mit der Umwelt, um deren Klänge zu verbreiten.

Eine neue Art, die sich integriert und dabei die adoptierte Welt beeinflußt.
Ab der ersten Ausstrahlung befindet sich der Raum seinerseits in Schwingung, die von einer virtuellen Präsenz und einer neuen Energie gestaltet wird. Die Maschine ist der diskrete Vektor, der die erste Handlung verlängert und verewigt, wodurch der Prozeß der Schöpfung durch das Klangereignis unterhalten wird. Das Erfassen des Raumes der Installation wird dadurch gestört. Jeder Geist bildet sich angesichts dieser "virtuellen Realität" ein persönliches, poetisches und magisches Bild dieses Raumes, beeinflußt von der Qualität der gesendeten Klänge, dem Verhalten der Module und ihren Positionen.

Die Konsequenzen dieser Ausstrahlung von Klängen in einem bestimmten Ökosystem sind zahlreich, und wenn bestimmte Informationen des Milieus über die Sensoren das Verhalten der Maschinen beeinflussen, so kann die Verbreitung dieser Klangreaktionen die akustische Kommunikation gewisser einheimischer Arten (Tiere und/oder Menschen) verändern. Durch dieses Eingreifen können diese Individuen, Vögel, Insekten, Lurche, … ihrerseits zu Agenten des immer wieder erneuerten AAM-Experiments werden.