Roboter im Rampenlicht
'Nicolas Anatol Baginsky
Nicolas Anatol Baginsky
Anscheinend existiert im Menschen eine tiefsitzende Furcht, am Arbeitsplatz durch Maschinen ersetzt oder verdrängt zu werden. Man denke nur an die Maschinenstürmer aus den Anfängen der Industriellen Revolution oder an die Visionen eines Fritz Lang.
Die Frage, ob die zunehmende Technisierung unsere Lebens- bzw. Arbeitsqualität verbessert, oder ob wir uns nach und nach selbst überflüssig machen, möchte ich an dieser Stelle jedoch nicht erörtern. Vielmehr will ich zur Diskussion stellen, ob nicht auch die Maschinen als Resultat unserer intellektuellen Anstrengungen ein Recht auf adäquate Selbstdarstellung haben.
Die Faszination von der Erschaffung künstlicher "Lebewesen" beschäftigt den Menschen mindestens seit Dädalus' Zeiten. Mittlerweile sind komplexe "selbständig" handelnde Maschinen keine Seltenheit mehr. Seit Jahrzehnten jedoch werden in Filmen etc. eben jene "Geschöpfe" fast ausschließlich von Menschen dargestellt. Schauspieler, Zwerge und Kinder verkleiden sich, schlüpfen in die unmöglichsten Kostüme und versuchen, durch eckige Bewegungen und abgehacktes Sprechen, Roboter darzustellen.
So wurde in der Öffentlichkeit ein stark verfälschtes Bild von den Fähigkeiten und Eigenheiten kybernetischer Maschinen gezeichnet. Zwar haben Roboter diesbezüglich keine eigene Meinung und sie werden sich sicherlich nicht darüber beschweren. Nicht zuletzt in unserem eigenen Interesse scheint mir die Zeit gekommen, auf ein Recht auf Selbstdarstellung für hochentwickelte technische Apparate zu dringen. Schluß mit "Electric Boogie" und "3-PO". HUMUNCULUS ('Roboter' im Showgeschäft) die Maschine mit dem Tippfehler wurde in der Zeit vom 11.7. bis 25.7.1987 von N. A. Baginsky gebaut. Diverse Unfälle und Fehlfunktionen während Bau- und Testphase.
25.7.1987 Erstes öffentliches Auftreten Hamburg – Fun Club. Mit größter Anstrengung gelingt es ihm, sich auf der Bühne von seinem Selbstzerstörungsmechanismus zu befreien. Schweißarm deformiert. 2 Minispots zertrümmert, 2 Armlager ausgeschlagen.
22.8.1987 2 Auftritte Hamburg U-Bahnröhre Hauptbahnhof. Verlust des kleinen Doppelpendel-Arms während des ersten Sets, da Zentralmutter nicht nachgezogen. Armkollision 4mal Spots ersetzt.
6.2.1988 Reise nach London, Performance zur Eröffnung der neuen 'one off'-Galerie. Zusammenstoß mit 2 Pogotänzerinnen.
10.11.1988 Hauptrolle in dem Maschinen-Musical "Humunculus und seine Freunde". Ausstellung "Seltene Erden" Hamburg – Hafenklang. Anbau eines Fahrgestells.
27.7. bis 4.8.1989 Ausstellung und 5 Auftritte im "Zomer Festejn" Amsterdam. Engagement für das Bühnenprojekt "Archetyp" Demontage des Schweiß-Armes.
27.10.1989 Premiere in der Kampagnel Fabrik Hamburg.
1990 trat Humunculus 14mal mit Archetyp auf. Rotterdam, Luzern, Hamburg, Coburg, Tübingen, Fribourg, Saarbrücken und Frankfurt. Austausch eines Motors nach einer Rangelei mit Quasi jun. – 1. Abend Luzern. Austausch eines Motors – Transportschaden. Ein neues Akustik-Sensorsystem ersetzt die NF-Line-Steuerung. Bei Zusammenstößen mit TyRaRex wurden insgesamt 13 Spots und 5 Armlager zerstört. Arm-Endstück abgerissen und sehr provisorisch geflickt – Probe Saarbrücken.
1991 Zieht sich Humunculus vorübergehend zurück.
|