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Ars Electronica 1990
Festival-Programm 1990
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Festival 1979-2007
 

 

Keplers Traum
Musiktheater ín 6 Szenen

'Giorgio Battistelli Giorgio Battistelli

Inszenierung: Studio Azzurro
Musik und Text: Giorgio Battistelli
Bühnenbild und Video: Fabio Cirifino und Paolo Rosa
Licht: Fabio Cirifino
Regie: Paolo Rosa
Der Dämon (Schauspieler): Moni Ovadia
Fiolxhilde (Mezzosopran): Elisabeth Lang
Duracotes (Bariton): Timothy Breese
Schatten des Dämons (WXII): Giovanni Trovalusci
Ensemble: Officina Musicale Italiana
Leitung: Orazio Tuccella
Koordination: Mauro Castellano
Verlag: G. Ricordi s.p.a.
Fiolxhilde im Video: Rossana Farinati
Duracotes im Video: Augusto Masiello
Video-Operator: Mario Coccimiglio
Video-Assistenz: Elmar Bartlmae
Inszenierungskonsulenz: Lara Fremder
Repertoire-Recherchen: Simonetta Aicardi
Synchronschnitt: Cinzia Rizzo
Literarische Konsulenz: Alessandra Briganti
Regieassistenz: Katia Noppes, Luca Scarzella
Bühnenbauten: Diade coop.
Kostüme: Stefania Sordillo, Nicoletta Ceccolini
Organisation: Roberta Carraro

Coproduktion zwischen Ars Electronica Linz, Alte Oper Frankfurt/Frankfurt Feste und Stadtgemeinde Mailand Abteilung Kultur und Schauspiel, in Zusammenarbeit mit der Officina Musicale Italiana und Studio Azzurro.

Ein Teil des Videomaterials wurde zur Verfügung gestellt von: Institut für digitale Bildverarbeitung, Graz; Telespazio s.p.a.; RAI Radiotelevisione Italiana, Studio Mailand; ORF, Wien.

Weiters gebührt Dank:
JVC Professional Italia s.p.a., Promelit s.p.a., Video Tecnologie Avanzate s.r.l., Aret s.n.c., Teatro Kismet di Bari, Franco Sannicandro, TTV Tecnotelevideo Mailand, Silvana Foti, Comune di Milano, Kulturabteilung; Renato Palazzi, Schule für Dramatische Kunst "Paolo Grassi", Mailand; Andreas Mölich-Zebhauser, Ricordi, Monaco.

Giorgio Battistelli
KEPLERS TRAUM
Musiktheater in sechs Szenen
Text nach J. Kepler, als Libretto eingerichtet vom Komponisten

"Seine Bedenken und Wachzustände widmete er der Aufgabe, ein präexistierendes Buch in einem ihm fremden Idiom zu wiederholen."


(J. L. Borges)
Im Jahre 1593 verfaßte Johannes Kepler eine kurze Dissertation, die er einreichte, um in den akademischen Lehrkörper der Tübinger Universität aufgenommen zu werden. In seinem Traktat ging es Kepler darum, zu zeigen, wie wohl die Phänomene des Himmels einem Beobachter erscheinen müßten, wenn dieser sie, auf dem Monde weilend, beobachten würde.

Diese Schrift wurde wegen ihrer stark von Kopernikus beeinflußten Denk-Ansätze abgelehnt, weil eine solche Welt-Sicht der akademisch-wissenschaftlichen Richtung im damaligen Tübingen widersprach.

1609 überarbeitete Kepler die Schrift von neuem und reicherte sie mit Einzelheiten über die Lunargeographie an und verlieh ihr ihre endgültige Form, die nun den Titel trug SOMNIUM oder "Nachträgliches Werk über die Lunar-Astronomie".

Dieser kurzen und auf den ersten Blick nur aus der Phantasie schöpfenden Erzählung fügte Kepler 223 erklärende Noten an, die dreimal so lang sind wie der Text selbst, und welche die Beschreibung der Himmelserscheinungen zum Inhalt haben. Als selbstverständliche Voraussetzung gilt dabei das Kopernikanische Welt-System.

In seiner dramaturgischen Strukturierung konzentriert sich das Libretto auf die drei Figuren des "SOMNIUM", berücksichtigt aber auch einige Aspekte der Keplerschen Biographie.

Im Mittelpunkt dieses Traumes stehen DURACOTUS (Bariton), der das imaginäre Zweite Ich Keplers darstellt; FIOLXHILDE (Mezzosopran) ist das Spiegelbild von Katharina, der Mutter Keplers, die der Hexerei bezichtigt worden war; und schließlich der DÄMON (Schauspieler); er berichtet und erzählt von der Geographie Levaniens (auch "Lebana" genannt, was im Hebräischen "Mond" bedeutet.)

Die Partitur ist in sechs Szenen unterteilt: Das Vergessen, Die Entrückung in den Traum, Die Reise, Die Vision, Der Zauber für das Erwachen, Die Erinnerung, die ohne Zwischenpausen ineinander übergehen.
"… der zeitgenössische Mensch glaubt an das, was er in den Zeitungen liest aber nicht daran, was in den Sternen steht."

(Ernst Jünger)
Fünf Jahre lang hat der junge DURACOTUS bei seinem Meister Tycho Brahe in Dänemark die Wissenschaft des Himmels studiert. Nun kehrt er in sein Vaterland zurück. FIOLXHILDE, seine Mutter, ruft ihn zu sich und schlägt ihm vor, er solle Levanien besuchen; DURACOTUS bittet sie, ihm das "geheimnisvolle Wissen" zu offenbaren, das selbst die Meister der Astronomie, von der er nun auch ein erfahrener Kenner sei, noch nicht erlangt hätten.

Dank der Kraft einiger Beschwörungsformeln erscheint der DÄMON VON LEVANIEN, der von den Schwierigkeiten der Reise durch den Kosmos kündet, aber auch die Himmelsphänomene beschreibt, wie man sie von Levanien aus beobachten kann.

Das Werk schließt mit dem Erwachen von DURACOTUS aus seinem Traum, den Magie und Wissenschaft des Himmels gleichermaßen als Erzählung gestalten, eine Erzählung, die in jenem Buche steht, welches in unbestimmter Nacht magische Feen längst vergangener Zeiten übergeben.
"Einer der merkwürdigsten Punkte im Traum ist die Verbindung ganz beliebiger Fakten."

(Paul Valéry)
Rom, den 24. Juni 1990
Giorgio Battistelli