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Ars Electronica 1989
Festival-Programm 1989
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Festival 1979-2007
 

 

Station Rose


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1. WELCOME TO SPRAWL CITY – AN EGYPTIAN STORY
In Cairo you can go to many places and see cocktailes of many special lifestyles, you can find anything in any place in this city: ein Slum grenzt unmittelbar an eine Mittelschule, ein Hospital an eine Gruppe moderner Wolkenkratzer – ganze Großfamilien leben in den Straßen oder in den Rohbauten zukünftiger Hochhäuser – neben einem Lagerfeuer und blinkenden Neonreklamen hocken zwei Ägypter bei "ahwa mashut" am Straßenrand und sehen sich "Busstop" im Fernsehen an, der Apparat steht auf einer Kiste am Trottoir. Spezialeffekte am Flimmerbild liegen am prinzipiell nicht getunten Empfang daneben weidet eine kleine Ziegenherde – ein Kassettenhändler wirbt für die Muezzinhitparade, sein Konkurrent nebenan für den neuesten Arabelektropop, beide mit voll aufgedrehten Soundmachines.

Nach Dienstschluß im Office der STR werfen wir uns in ein Taxi, das vor Eintreffen im Nachtclub an jeder Brücke von Polizeisperren angehalten wird, fünf bis sechs Beamte mit schußbereiten Kalaschnikows und aufgepflanzten Bajonetten checken und rechecken nach Fundamentalisten. Unser Taxi wird im Stau links von Eselskarren, rechts von telefonierendem Industriellen im Cadillac überholt. Im Fünf-Sterne-Hotel singt ein ägyptischer Popstar zu Sequenzerprogrammen, die Show besteht aus Folklore, Magic und Bauchtanz. Zurück in Agouza, ein letzter Drink mit Mohammed und Wahib im Dorfgasthaus. Sprachcocktail/Gunafa no problem abschließend Shopping, Food & Video, um zwei Uhr, beim Gebell streunender Hunde und Gackern der Hühner.
2. STATION ROSE IM AUSSENDIENST "I AM NOT TOURIST, I AM BUSINESS MAN"
Mitten in dieser Science-fiction-Umgebung hat die Station Rose in einem Penthouse mit arabeskem Ambiente und Blick auf den benachbarten Slum ihr Forschungscamp aufgeschlagen. Neun Monate lang erforschen Elisa Rose und Gary Danner mit Sampling Keyboard, Computer, Digitizer & Videokamera Kairo, das Hollywood der arabischen Welt. Der Begriff Medienkünstler wird schon in ersten Gesprächen mit Ägyptern ad absurdum geführt. Als Künstler gelten bestenfalls painter, actor & music man. Mit einem hochtechnisierten Equipment in eine 25-Millionenstruktur wie Kairo einzutauchen und dort konsequent Feldforschung zu betreiben, stößt nicht nur in Europa auf Unverständnis. STR einigt sich daher auf die Universalformel: "I'm not tourist. I am businessman."

"Wir können uns wirklich nicht beklagen", sagen E.R. & G.D., dazu plärrt aus dem billigen Lautsprecher Sudani Music. Wir halten hier strikt die orientalische Mittagsruhe ein; währenddessen arbeitet unser Unbewußtes selbstverständlich weiter." Täglich außer Freitag beginnen mit dem elektrisch verstärkten Abendgebet des Muezzin die offiziellen Arbeitsstunden des Office der STR.
3. FORSCHUNGSMETHODE UND ERGEBNISSE
Ist es richtig, nach Kairo einen Computer mitzunehmen?
Die Autohupe aus Asyut wird genauso gesampelt wie das Hühnergegacker Downtown Cairo. Samples wie diese sind Grundlage der Basictracks für Studioaufnahmen mit ägyptischen Musikern. STR präsentiert diese Songs zusammen mit anderen Cairosamples zum ersten Mal in der "Show" während der Ars Electronica. The record will be released soon.

Visuelle Samples – zwischen Wolkenkratzern und Dorfhütten – aus Architektur, Design,TV, Magie und Mode werden vom Office mit Computer, Digitizer und Video festgehalten, digital bearbeitet und archiviert. Die Station Rose in Wien, ein Team von Medienkünstlern und Musikern, wird dieses Material auf der Ars Electronica weiterverwenden (Zelle/Show).

Bei der Feldforschung in Kairo kam die STR zu verblüffenden Ergebnissen. Die auf der 5000 Jahre alten pharaonischen Kultur basierende Großstadt in der Dritten Welt kann als Science-fiction-Modell für zukünftige urbane Lebensformen gesehen werden. Cyberpunk, die neueste Richtung der Sciencefiction-Literatur, hat hierfür den Begriff SPRAWL geprägt: an die Stelle der Großstadt mit kommerziellem und kulturellem Zentrum tritt das "weit auseinandergezogene, unregelmäßig ausgebreitete Ballungsgebiet" (William Gibson), das ganz andere, von Ort und Entfernung unabhängige Kommunikationssysteme erfordert und zwangsläufig neue Kulturformen hervorbringen wird.

Totale Improvisation als Organisationsprinzip beherrscht zunehmend Alltag, Business und Technik, allenfalls strukturiert durch die fünfmal täglich elektrisch verstärkten Gebetsrufe der Muezzin. Improvisation als Arbeitsweise, die den Medienkünstler im bürgerlich institutionalisierten Europa nicht nur gesellschaftlich ins Marginale verweist, wird im nordafrikanischen Raum von allen Berufsgruppen praktiziert.

Potenziert werden die Erfahrungen des modernen Forschers im 25-Mio-Einwohner-SF-Dorf Kairo noch durch die 5000 Jahre alte pharaonische Tradition, die die SF-Ästhetik um den wichtigen mythischen Aspekt vervollständigt. Kairo als vorweggenommene Hyperrealität: Kairo, "Post-New York", die Schwesterstadt von L.A., wie sie der Dennis Hopper Film "Colours" zeigt; Cairo-today ist "Bladerunner" und der "Klapperschlange" näher als pyramidalen Pharaonenschinken aus dem Hollywood der 50er Jahre, sowie dem Klischee von der Dritten Welt.
Somit gibt es drei wesentliche Elemente im Science-fiction-Cocktail Ägyptens:
  • Sprawl

  • pharaonic roots & religion

  • 3. Welt & Improvisation
Werden eines Tages aus den Metropolen Europas mit ihren merkantilen und kulturellen Zentren riesige Ballungsgebiete, amorphe Massen dörflicher Subsysteme? Diese Frage kann STR nicht zweifelsfrei beantworten. Sicher ist, daß diese Erkenntnisse der STR nur durch konsequente mediale und telematische Feldforschung möglich wurden, bei Verwendung neuer Arbeitsmethoden, mit High- und Lowtech Equipment.
4. ARS ELECTRONICA "GUNAFA - HYPERMEDIA COCKTAIL"
A. Mediendorf: Station Rose "Gunafa Pavillon"
  1. Office der STR

  2. Digitales Museum der STR
B. Medienfluß: Station Rose Show
"Gunafa – STR Goes Body Touch"


ad A.: Mediendorf: Station Rose "Gunafa Pavillon"
Der "Gunafa Pavillon" wird als formal konstruierter Raum dargestellt und mittels Projektionen in eine orientalische Schale gehüllt.
AUFBAU DES PAVILLONS:
  1. Die Schale

  2. Der Schauraum des Pavillons = Das Digitale Museum der STR

  3. Das Office
Office bedeutet das aktiv arbeitende Büro der Station Rose, Schnittpunkt direkter Leitungen zwischen Wien – Linz – Kairo, Umschlagplatz für Multimedia News sowie Studio für visuelle, musikalische und sprachliche Samples-Nachbearbeitungen; ausgerüstet mit Mailbox, Moving Message, Tonstudie, Computer- und Videoeinheit sowie Printer, Telefax und Sampling Keyboard.
Die Produkte und Zwischenergebnisse gehen vom Ort der Produktion/Office weiter zur Ausstellungsebene der STR, dem "Schauraum" oder "Digitalen Museum der STR". Es beherbergt visuelle und musikalische Ausstellungsstücke sowie das "Naturwissenschaftliche Archiv" (Sammlung von Sprawl-Exponaten aus Kairo).
Mit dem Gunafa Pavillon setzt Station Rose ihren täglichen Betrieb, ihr permanentes Training, während der Ars Electronica fort.

ad B.: Medienfluß: Station Rose Show: "Gunafa – STR Goes Body Touch"
Ein Ergebnis des Außendienstes in Kairo ist die Entdeckung der Show als absoluter Kunstform. Kommunikation und Entertainment. Show als konzentrierter Begriff ersetzt somit umständliche Beschreibungen wie multimediale Modenschau mit Musik, Performance, rituelle Aufführung.
What in Show: "STR Goes Body Touch"? This Live-Music, Digital-Arabesque-Lightschow, Phosphoric Fashionable World 1990 and Dance.

– MUSIC – "Cairo Rising/Tiere, Priester, Menschmaschine"
Die Instrumente für Cairo Rising sind hauptsächlich zwischen fünf und zwanzig Uhr gefundene Samples. In diesem Zeitraum vollzieht sich täglich das akustische Ritual der 25-Millionen-Stadt Kairo, angefangen vom ersten Lautgeben der in der Stadt lebenden Tierherden über die elektrisch verstärkten Gebete bis zu dem tausendschichtigen Cluster von Mensch- und Maschinenlauten.
Zu Gehör gebracht wird dieser Cocktail von wechselnden Musikerformationen: Ägyptische Percussionisten teilen die Bühne mit einer Wiener Trashband.

– DANCE – "Can you learn Gunafa step by step. It's so easy."
Gunafa is modern and pharaonic unisex-step.
wahid itnen talata arbaa – xamsa sitta saba tamanja.
1 2 3 4 – 5 6 7 8 Let's move together!
kullina rakas!
Zusammen mit einem ägyptischen Choreographen, Tänzer und Ethnologen wurde in Upper Egypt nach kulturellen "pharaonic roots" gegraben; Station Rose fand mit der Bauchtänzerin Hoda Ibrahim and Tamer Azziz einen nubischen Tanzschritt, der, mit westlicher Multimedia gedopt, den so von STR genannten "Gunafa" ergab.

– FASHIONABLE WORLD 90– phosphoric dress for women only from the Nile in Upper Egypt to special unisex style in Europe.
The phosphoric in sun very good light system!
When people and animal washing in the Nile, girls like specks of sunshine in Phosphoric.
Phosphoric als Metapher fur grelles Sonnenlicht und Global Village. Gunafa Fashion 1990 ist Cocktail von Bauchtanzkostüm, Computerpattern-Application "Talab", Mode fur Global Village und Sports- and Streetfashion, marka Station Rose.

– DIGITAL-ARABESQUE-LIGHTSHOW
Many good light system with special digital effects. Can you see some cocktail of high tech computeranimation on screen, video show in strong colour, very big computer-projection in the middle of the place, many neon, TV and lamba. Gunafa from hightech European style, good studio, and from egyptian model.

SHOW LIKE COCKTAIL FROM SPRAWL – GLOBAL VILLAGE – TELECON – PHARAONIC

Text: Petra Klaus, Gary Danner, Elisa Rose


Station Rose Team – Ars Electronica Linz
Visual arts: Martin Ebner, Albert Winkler, Elisa Rose
Moving message: Fe Raktuschan
Music: Andreas Kunzmann, Bicycle Thieves, Gary Danner
Choreografie: Tarner Azziz STR
Dance: Nana, Doris A., & unidentified
Mailbox: Phoenix Presseagentur
Mitarbeit: Anna Maria S., General Guglhupf, Petra Klaus
Konzept: Elisa Rose, Gary Danner