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Ars Electronica 1989
Festival-Programm 1989
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Festival 1979-2007
 

 

Kollaborationen


'Amanda Stewart Amanda Stewart

Ein Gutteil meiner Performance- und Radioarbeiten drehen sich um Sprache und ihre Beziehungen zur Stimme. Ich versuche, mit den implizierten Positionen der Subjektivität und der konzeptuellen Systeme klarzukommen, die ich durch verschiedene eigentümliche linguistische Strukturen (verbale und non-verbale) einbaue – die linguistischen Notationen der Stimme und ihrer Implikationen für das Zustandekommen menschlicher Beziehungen und für das Zustandekommen von Macht.

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Diese Arbeit begann aus einem Interesse an der Frage, wie musikalisch-poetische Systeme innerhalb eines bestimmten Diskurses funktionieren, und scheint sich nunmehr eher auf das Funktionieren des Diskurses als solchem zu konzentrieren. Ich habe verschiedene populäre Diskurse * untersucht, um herauszufinden, wie sie von verschiedenen Institutionen artikuliert werden unter Verwendung spezieller Syntax, speziellen Vokabulars und mythischer Anspielungen, ebenso auch auf spezifische Intonations-, Rhythmus-, Timbre- und Stimmlagensysteme hin. Ich wollte herausfinden, welche Themen eine bestimmte Sprechweise anzog, welche Paradigmen sie hervorruft und wie sie ihre Verbindungen herstellt. Ich begann mich dann für jene Momente zu interessieren, in denen die Sprache aus den vorgegebenen Paradigmen und Diskursen ausbricht, die sie determinieren – das Hängenbleiben, die Versprecher – Augenblicke, in denen die Stimme von der linearen Bedeutung eines Satzes an der Oberfläche abweicht, um den Fluß der komplexen Systeme auf einer tieferen Ebene bloßzulegen.

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Ich erforschte diese Bereiche besonders, indem ich Gedichte für Performances und Stücke für Radio schrieb. In meinen früheren Gedichten verwendete ich einfache Bandmanipulationstechniken – manche Gedichte hatten Tonbandteile, die Stimmfragmente aus früheren oder späteren Werken durch Zufallsprozeduren neu zusammenstellten, manchmal interagierte eine verstärkte Stimme real-time mit einer aufgenommenen Stimme vom Band – aber dann stellte ich das alles für zwei Jahre ein und verwendete Live-Stimme für Performances und Band fürs Radio. 1986 traf ich Rik Rue, einen Sydneyer Klangkünstler, und Warren Burt, einen Komponisten, der in Melbourne lebt, und diese beiden Arbeitsbeziehungen sind integrierter Bestandteil meiner jetzigen Arbeit geworden. Rik und ich haben vor allem mit Improvisationen gearbeitet, die live-verstärkte Stimmen und Multi-Track-Mixing verwenden – ich mache dabei eine Serie von Vokalimprovisationen, und Rik baut daraus verschiedene Stimmtexte auf, die auf langen Tonbandkassetten-Schichten arrangiert werden. Mit diesem Material kommen wir wieder zusammen und improvisieren. Manchmal konstruiert er auch Tonspuren aus spezifischen Umweltklängen, dann verwenden wir diese. Einige Stücke werden auch zum Teil in Partituren mit unterlegtem verbalen Text niedergeschrieben. Diese Performances beschäftigen sich häufig mit aktuellen lokalen sozialen und politischen Anliegen.

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1987 arbeitete ich mit Warren Burt an einem Radiostück, dem die Idee zugrundelag, einige meiner früheren Performance-Gedichte für Radio zu adaptieren. In diesem einfach "Collaboration" genannten Werk werden die Gedichte entweder von Fragmenten desselben Gedichtes oder von elektronisch komponierten Instrumentalklängen begleitet, oder aber wir hören die Begleitung ohne das zugrundeliegende Gedicht, oder Stimmen und Elektronik improvisieren gemeinsam. All die elektronische Begleitung wurde durch meine Stimme artikuliert, während ich die Gedichte mit Warrens altem Serge/Gentle Electric Pitch and Envelope Follower sprach – einem Gerät, das den Klang analysiert und dem Computer erzählt, wie er sich auf diesen Klang einstimmen soll – und mit einem Sampler, der entweder Gedichtfragmente oder Holzblasinstrumente gespeichert hatte. Bei zwei Abschnitten improvisieren Live-Stimme und Elektronik miteinander. Bei diesem Prozeß improvisierte ich mit der Stimme, und Warren nahm komprimierte Fragmente davon auf, die sofort mit dem Sampler dergestalt arrangiert wurden, daß jeder Vokalklang über drei Tasten auf dem Keyboard reicht, also über drei verschiedene benachbarte chromatische Töne. Insgesamt wurden 17 Vokalklänge quer durch ein 4-oktaviges Spektrum gelegt. Dann improvisierten wir – ich mit meiner verstärkten Stimme auf einem Stereokanal, während Warren das "Vokabular" meiner Klänge auf dem Sampler am anderen Kanal abspielte; es war ein höchst begeisternder Prozeß – abstrakte Vokalklänge, die im schnellen musikalischen Wechselspiel kollidieren und einige der komplexen Möglichkeiten darlegen, mit denen Vokalklänge sich zu Mikrosystemen zusammenfinden können. Die Klänge können als Phänomene gehört werden oder als kulturübergreifende non-verbale Zeichen oder als musikalisches Material. Es gab eine Menge Spiel mit musikalischen Wortspielen, Onomatopoeia, mit Intonationsscherzen … Ich bin immer noch dabei zu lernen, den Ergebnissen dieses Prozesses zu lauschen. Es ist interessant, wie schnell Warren und ich das "Vokabular" der Klänge mit dem Sampler erlernten und die Flexibilität, mit der dieses beschränkte Set von Vokalklängen kombiniert werden konnte, um verschiedene Hörmodi zu fördern. Wie Warren sagt – alles was der Sampler uns erlaubt, ist nichts anderes, als was wir mit dem Tonband und der Rasierklinge auch machen könnten, nur können wir es jetzt leichter und in Real-Time. Und diese Leichtigkeit, diese Zeitbezogenheit ergeben ein neues Feld konzeptueller Probleme. Wir haben diesen Prozeß aus dem Radio-Werk mittlerweile in andere Bereiche von Live-Performance übertragen.

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Eine Menge der Radio-Kunsttechniken findet schließlich in andere Performanceaktivitäten in Australien. In den letzten zehn Jahren wurden mehr Möglichkeiten für Radiokunst geschaffen – Andrew McLennan half, eine wöchentliche 90minütige Sendung auf dem nationalen Netzwerk der Australian Broadcasting Corporation zu schaffen. Es gibt eine Anzahl von Radiokunstprogrammen auf den pädagogischen und kommunalen Radiostationen, die seit Mitte der 70er Jahre starke Netzwerke in diesem Land geschaffen haben. Die Radio- und Fernsehstation der Aboriginals sind noch besser etabliert und schaffen internationale Verbindungen mit anderen Stationen der Urbevölkerungen. Und häufig kommen die fundiertesten Werke von genau diesen Stationen. Darüber hinaus erweitern auch einige der hiesigen Medienkurse ihre Definitionen, so daß ihre Kurse für "Journalismus, Dokumentation und Drama" jetzt als "Klangstudien-Kurse" angeboten werden. Gleichzeitig steht Australien vor der Situation, daß der Großteil seiner Rundfunkmedien von einer Handvoll kommerzieller Netzwerke monopolisiert wird, das öffentlich-rechtliche Radio unter ständigen Angriffen leidet, das Radio von atemlosen, uniformen kommerziellen Stationen dominiert ist, lokale Radiosender häufig zu einem Status von "fehlendem Professionalismus" degenerieren, wenn sie versuchen, die wesentlich besser ausgestatteten kommerziellen Sender zu imitieren.

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Viele meiner Radiowerke haben versucht, eine Intervention in Systeme zu schaffen, wo Radiokunst ein Anathema ist … besonders in Systeme, die sich mit "NACHRICHTEN & INFORMATION" beschäftigen. Einige Zeit habe ich mit einem anderen bei ABC in Sydney beschäftigten Klangkünstler zusammengearbeitet, er ist als SWSW THRGT bekannt. Unser Stück "Radio Isotape 2" bestand im wesentlichen aus den Nachrichtensendungen der ABC vom 23. November 1984, die die erschütternde Nachricht brachten, daß Australien einen direkten Beitrag zum amerikanischen SDI-Programm liefert, da ein Gutteil der hiesigen Forschungsarbeit auf ein elektromagnetisches Geschütz ausgerichtet ist. Das Stück beginnt wie eine normale Nachrichtensendung, aber in der weiteren Entwicklung wird klar, daß zeitgenössische Nachrichten mit ABC-Berichten aus den fünfziger Jahren über die britischen Atomtests in Australien zusammengeschnitten waren. Das Stück wird immer dichter und dichter in immer komprimierteren Ausschnitten, bis zum letzten non-verbalen Grunzen des australischen Premierministers. Das Stück wurde noch am Tag seiner Entstehung gesendet, als wäre es eine gewöhnliche Nachrichtensendung. In diesem Jahr haben SWSW und ich ein Radiostück unter dem Titel "Disembodiment" ("Entkörperung") gemacht, das einige der Systeme erforscht, die auch "THE radio interview" umfassen. Das Stück verwendet fragmentarische Schnittechniken und Sampling, um einige der Entkörperungsprozesse aufzuzeigen, die den Interviewten von den Methoden dieses seltsamen und allzu bekannten Systems auferlegt werden, das eine der Hauptstützen der Nachrichten- und Informationsindustrie in diesem Lande geworden ist.

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Das Potential interaktiver Prozesse, die die Telekommunikation benutzen, scheint grenzenlos. Und doch sind sie begrenzt. Ich fürchte daß … sofern nicht … einige der konzeptuellen Möglichkeiten, die von Künstlern auf diesem Gebiet untersucht werden, in alternative Systeme umgewandelt werden … die der gesamten Gesellschaft potentiellen Zugang zu und Kontrolle über interaktive Technologien geben und/oder sofern nicht starke Interventionen in jene Institutionen hinein geschehen, die diese Technologie auf eine Art anwenden, die die Macht zentralisieren und die Verschiedenheit "für" und "von" den passiv konsumierten an sich ziehen … Ich fürchte … daß … nicht viel Interaktion tatsächlich auf einer breiteren sozio-politischen Ebene stattfinden wird. Es ist leicht möglich, daß dieses Potential in irgendeine statische, globale Kunstgalerie absorbiert wird, die perfekt dazu geeignet ist, das NEUE Zeitalter des Monopolkapitalismus des 19. Jahrhunderts im 21. Jahrhundert zu ersetzen.