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Ars Electronica 1989
Festival-Programm 1989
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Festival 1979-2007
 

 

Interaktion – Kommunikation


'David Chesworth David Chesworth

MAPPING OUT
Meine Tätigkeit im Bereich Musik und Performance schließt die Verwendung und das Herumspielen mit Systemen, Medien und Ausdrucksweisen ein. In der Mehrzahl der Fälle wird das "Ereignis" selbst durch seine Darstellung umgeworfen.

Meine erste Begegnung mit der Live-Präsentation war eine Video-Performance bei "Video-Plus One" in den Melbourne Open Channel Studios 1979. Sie hieß "I Only Have Eyes For You". Die Zuseher saßen da und warteten darauf, daß ich eine Musikdarbietung auf dem Harmonium zum besten gäbe. Zwei Kameras sind auf mich gerichtet, und das Bild erscheint auf zwei Gruppen von Bildschirmen an den Seiten, gerade vor mir, direkt auf das Publikum gerichtet. Wenn ich die Titelmelodie spiele, geht das Licht im Saal an, die Kameras drehen sich zum Publikum und fangen an, systematisch einzelne Leute abzubilden. Diese Bilder werden dem Rest des Publikums über die Bildschirme dargeboten, ich sehe davon nichts.

In den folgenden Werken wurde der Gedanke, die Dinge auf den Betrachter zurückzuwälzen, weiter ausgebaut. Ich möchte betonen, daß dies nicht ein Thema ist, das ich verfolge, sondern mehr eine Art zu arbeiten, die längs oder quer zu anderen Methoden in meiner Arbeit Platz findet – im Dienste des Werkes. Das Publikum kann und soll sich in und um die Strukturen bewegen, daran teilnehmen, wie sie gefunden und aufgenommen werden.

Bei vielen meiner Werke, etwa dem Projekt "Industry & Leisure" 1982, bei "Skippy Knows" für das Festival d'Automne, Paris 1983, und dem Radiowerk "Stories of Imitation & Corruption", ist es schwer für mich, zu sagen, aus welchen einzelnen Teilen, Stückchen, Elementen und Partikeln das "Werk" als Ganzes eigentlich besteht, und diese in einem identifizierbaren Begriff zusammenzufassen. Wenn ich etwa "Industry & Leisure" als physisches Ganzes betrachte, so sehe ich:
  1. eine Performance mit Film, Dias, Musik, mit Schauspiel, ohne Schauspiel und Text

  2. ein Buch und eine Audio-Kassette

  3. eine Papiercollage von Bild und Text

  4. eine E.P.-Platte

  5. einen Job in Fremantle und Melbourne.
Wenn ich jedes dieser Elemente wiederum näher betrachte, etwa die Dias, so sehe ich weitere Listen oder – besser gesagt – Systeme von Ausdruck und Transformation. Es gibt keine Hierarchien, es gibt nur Türen, die sich in Durchgänge öffnen.

Meine Rolle dabei ist die eines Sammlers von Indizien, und als solcher kann ich meine Einbindung leicht rechtfertigen. Das Stück arbeitet von sich aus mit jedem einzelnen Zuseher, wenn er die Indizien sichtet und seine eigenen Schlüsse daraus zieht.
NO PLACE
No Place besteht aus einem Performer (mir selbst), der mit einem kleinen Keyboard neben einem TV-Monitor sitzt, welcher auf einem Tisch steht und ein vorgefertigtes VHS-Band abspielt. Auf der anderen Seite des Monitors steht auf einem Sessel ein "Ghetto-Blaster", der ein vorher aufgenommenes Tonband abspielt.

Die Struktur des Werkes liegt in einer Serie von interagierenden Ereignissen, die zwischen den drei "Teilnehmern" an der Performance und den Zuhörern stattfinden. Diese Ereignisse erforschen definierte Gebiete in Klang, Bild, Bewegung und Text. Jedes der drei mitwirkenden Objekte wird – zu gegebener Zeit – einen Kontext, einen Erzählfaden liefern oder vorschlagen, Musik, Gesang, Geschichte oder Mimisches, und die Interaktion zwischen diesen teils gleichzeitigen Erzählungen stellt die Basis für das Werk dar.

Das Publikum wird zum Vierten in diesem Prozeß und muß mit verschiedenen Widersprüchen und Unsicherheiten fertig werden. Wer ist jetzt wirklich der Performer? Wer steuert das Werk? Wer kommuniziert mit wem? Das Video wird auch andere Musiker und Performer zeigen, darunter einen Saxophonisten, einen Perkussionisten und einen Bassisten. Sie werden ihre eigenen Geschichten in die ablaufenden Szenen einbauen.