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Ars Electronica 1989
Festival-Programm 1989
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Festival 1979-2007
 

 

Aspekte der ursprünglichen Landschaft in der Videoskulptur


'Joan Brassil Joan Brassil

Hinter einem Heiligen Berg in der Wüste Zentralaustraliens ging die Sonne auf, und in dem beinahe horizontalen Morgenlicht glitzerten die Glimmerschichten im Schiefergestein und akzentuierten die Formation der geborstenen Felsen. Doch der Sonnenaufgang hob nicht nur das ursprüngliche Element hervor, sondern spiegelte sich auch in den herumliegenden Scherben von Weinflaschen. Im Video wurde der zeitliche und kulturelle Abstand zwischen diesen zwei Reflexionen durch übereinandergelagerte Landschaftsschichten und vor diese eingeblendeten Scherben einer Sanduhr gestaltet.

Danach wurde das Video auf zwölf Schichten verknüllter Plastikhaut projiziert, so daß sich die verzerrten Bilder zu einer dreidimensionalen Lichtskulptur einer Fata Morgana umformten.

Diese zeitlose Verbindung mit dem Ursprünglichen in der Wüste ergibt einen Eindruck einmaliger Weite mit den klar definierten Konturen der Dünen und endlosen Ebenen – einst ein Meer –, über die der Wind fegt. Zur klanglichen Gestaltung dieses unermeßlichen Raumes wurden die Klänge der Winde verwendet, wie bei einer Äolsharfe – diese Harfe waren quer durch die Landschaft verlaufende Telegraphendrähte, die in einem infiniten Spektrum von möglichen harmonischen Kombinationen schwingen und sich verändern. Die Klänge wurden von Alan Lamb, nachdem er den Text für das Werk erhalten hatte, speziell für dieses Werk aufgenommen. Für die Aufnahme verwendete er keramische piezoelektrische Elemente als Umwandler; die Kunst steckt in den Collagen, die so sind, als wären sie ganz natürlich aus dieser Landschaft heraus gewachsen. Das zweite "Wüstenstück" befaßt sich mit den kulturellen Unterschieden zwischen der europäischen und der einheimischen Kultur, es heißt "The Land of the Yeperenya Dreaming" (Yeperenya heißt Raupe). In einer Legende der Aborigines heißt es, daß die Raupen, als sie aus den Schluchten der Wüstengebiete zur "Gap" herunterkamen, auf den großen "Käfer" trafen, der schon darauf wartete. ihnen den Kopf abzubeißen.

Als Symbole wurden für diese Arbeit Kreise und Tupfen aus der Landschaft oder von eingeblendeter Graphik auf Video aufgenommen.

Kleine, kurzstengelige Blumen, die verstreut in der Wüste wachsen, wurden an die Stelle gemalter Tupfen auf modernen Malereien der Pupunya gesetzt.

In uralten, verwitternden Felsen eingeritzte Kreise wurden auch auf Video aufgezeichnet als Zeichen eines verschwundenen Stammes. "Nicht unser Volk", sagen die Stammesleute, die jetzt Besitzer dieses Bodens sind. Die ursprüngliche Landschaft wurde überlagert mit Bildern von Punkten aus Computerschaltungen, um die Überlagerung der bestehenden alten Kultur durch die europäische Kultur darzustellen.

Das Bild des "Käfers" erscheint über der Leiterplatte.

Nachdem die Landschaft in der Wüste Zentralaustraliens aufgenommen war, wurde ein Manuskript des Textes zu Alan Lamb gebracht, und er nahm dann an einem sehr stürmischen Tag ein vom vorhergehenden ganz unterschiedliches Stück Drahtmusik auf, das mit scharfen, peitschenden Klängen die scharfen Gegensätze zwischen den Kulturen unterstreicht.

Der Klang folgt nicht den Bildern, sondern entwickelt sich eigenständig in dem Werk.

ASPEKTE DES ZUFALLS UND DER RESONANZ BEI VIDEOINSTALLATIONEN
Eine klangliche Resonanz mit einem Pilz, den man durch ein Mikroskop betrachtet, herzustellen. ist keine leichte Aufgabe und wurde für mich zum Dilemma, als ich mich entschloß, für die 6. Biennale in Sydney eine Videoinstallation zu machen.
The work –
Consider the Fungi
at the Interface,
of Earth and Primal Life.
Consider the Fungi
at the Interface,
holding the dunes in place,
the translucent forms
the intricate threads
in laboratory light
of ultra blue.
Consider the Fungi
at the Interface,
ranging along roots
transferring the phosphorus
to the living cell,
– a chemical key
to the stuff of Life
Consider the Fungi
at the Interface.
1986
Um das unglaubliche Ergebnis des wachsenden Lebens aus einem unsichtbaren Pilz und die Stabilisierung der Konturen des Landes darzustellen, wurde eine große Installation gemacht. Schauplatz war ein großer alter Kai im Hafen von Sydney, man hört unten das Anschlagen der Wellen und oben die Züge in Abständen über die Sydney Harbour Bridge fahren, wobei sich die entstehende Klangumwelt verändert, je nachdem, ob die Züge vom Norden oder vom Süden her kommen.

Diese zwei Klangelemente der horizontalen Brückenüberquerung und der horizontalen Klänge des Hafens von Sydney machten nun einen sehr starken vertikalen "Faden" nötig, um den fadenähnlichen, Leben spendenden Pilz in dieser Klanglandschaft darzustellen.

Warten Burt wurde ersucht, einige Akkorde, basierend auf der Fibonacci-Wachstumsziffernreihe zu machen – 1+1=2, 2+1=3, 3+2=5, 5+3=8, 8+5=13, 13+8=21. Dies wurde blendend auf einem Synthesizer durchgeführt; gelegentlich wurden die Harmonien umgekehrt oder ein sanftes Pochen eingeführt. Die starken "Vertikalen" dieser einzelnen Akkorde über weiteren Aufnahmen der Plätschergeräusche des Hafens ergaben eine Klangwelt, in der die Züge nicht vorherrschten, da für das Klangverständnis kein einziger Akkord den anderen benötigte.

Der visuelle Teil der Installation bestand aus reflektierten Bildern, die von einer früheren Installation von Hafengewässern übertragen wurden. Dabei liegt der Schwerpunkt auf dem Aspekt des Transfers, die Bilder waren eben keine Darstellung des Hafens, sondern ein zusammengesetztes, aufgebrochenes Bild von Reflexionen.

Vor den Videoreflexionen auf Plastikmaterial wurden acht dünne Plastikschläuche kunstvoll zu "organischen Fäden" manipuliert. Diese durchsichtigen Fäden waren an einen Computer angeschlossen, der auf Random-access programmiert war, um einen einzelnen Plastikfaden leicht zu bewegen. Diese leichte, zufällige Bewegung irgendeines Schlauches, zu irgendeinem Zeitpunkt, die minimale Bewegung in der Weite … man bedenke …

Für die Installation "Energy Mirages", die sich wieder mit dem Ursprünglichen befaßt, erfolgte die klangliche Gestaltung elektronisch.

Dieses Video wurde angeregt durch den Unterschied zwischen der religiösen Beziehung der Aborigines zum Land und der Ausnutzung durch die Europäer. In Westaustralien gibt es eine Heilige Stätte der Aboriginesfrauen, wo von einem Kristall in der Mitte ausgehend Basaltsteine spiralenförmig im Sumpfland aufgestellt werden.

Signs from the Centre,
Coded,
in Mica,
in Calcite,
in Quartz
Quartz, myths for healing,
Quartz, for a Fertility Rite.
A Crystal,
for the Spirit arrival,
central
to a Womans'
Sacred Site.
Rocks of Deserts Ranges,
from the folded Mantle,
of a cooling Core.
Energy Mirages,
extracted from dust,
of crushed iron-red,
or, the Radiant yellow.
That Chemical Energy,
the Matter of Time.
Icarus spear-heads,
may be honed,
from an Energy charged,
Multi-million-year old stone.
Cry,
Cry the Crystal,
of the
Sacred Site.
1988
Für die klangliche Gestaltung dieses Stückes wurden fünf Gesteinsbrocken ihrer Resonanz nach ausgewählt und ein Spektrometer in ihrer Nähe plaziert – einer war schwach radioaktiv. Ich wandte mich dann an Michael Askill, einen führenden Perkussionisten und Komponisten aus Sydney, und er komponierte unter Verwendung der Klänge der fünf Steine und eines Spektrometers ein Stück für Synthesizer, in das er auch aufgezeichnete Klänge einbezog; das gesprochene Wort in diesem Stück wurde begleitet vom Geräusch aneinander geriebener Steine.

Die fünf Steine wurden auf zwei Stahlrahmen aufgehängt, und das Publikum wurde aufgefordert. diese mit einem Kristall anzuschlagen, dadurch ergaben sich ganz unterschiedliche Klänge der gleichen fünf Töne.

Für den visuellen Videoteil dieser Installation wurden natürliche mineralische Kristalle verwendet und Diagramme von kristallographischen Bildern.

Das Werk wurde vorerst im Keller der Roslyn Oxley Gallery in Sydney gezeigt und wurde dann in die Wüste, die Central Desert, gebracht und dort in einer ausgetrockneten Lehmgrube in Ewininga aufgestellt. Das Besondere an dieser Lehmgrube ist, daß hier drei Felshügel zutage treten, auf deren verwitternden Felsen sich uralte Felszeichnungen eines verschwundenen Stammes befinden – "nicht unser Volk" sagen wiederum die Aborigines, denen das Land gehört. Man nimmt an, daß diese Felszeichnungen von einem durchwandernden Volk gehauen wurden, die dann nach Süden weiterzogen bis nach Tasmanien, das damals noch keine Insel war – denn nur im nordwestlichen Teil dieser Insel finden sich ähnliche Zeichnungen unbestimmbaren Datums.

Dieser Platz in der Wüste erwies sich als idealer Aufstellungsort, besonders nachts, wenn die Sterne wie Kristalle am Himmel zu hängen schienen und der Klang der fünf Steine sich rings um die Lehmgrube ausbreitete.

1990 soll auf diese Arbeit eine plastische Steininstallation mit Umwandlern unter dem Titel "Listen to the Sounds of a Million Years Singing" folgen.