Fiktion und Simulation
'Friedrich Kittler
Friedrich Kittler
Unter den zwei Begriffen Fiktion und Simulation wird zwischen hergebrachten Künsten und technischen Medien ein Unterschied statuiert, der die Rede von elektronischer "Kunst" fraglich machen soll.
Während Künste (in der Terminologie Jacques Lacans) Operationen im Symbolischen gewesen sind, die bestenfalls auf psychologischer Ebene noch imaginäre Effekte zeitigen konnten, setzen technische Medien (von den Analogmedien der Jahrhundertwende bis zum Computer als Universaler Diskreter Maschine) symbolische Prozeduren erstmals auf der Ebene ein, wo es um das Reale und seine Unvorhersehbarkeit geht. Darin ist die Simulation der Fiktion überlegen.
Als Illustration dieser Unvorhersehbarkeit fungiert zunächst die bekannte Mandelbrot-Menge, deren Mathematiker von den graphischen Resultaten seines Algorithmus selber überrascht worden ist. (Wie um zu demonstrieren, daß die Mathematik nach Turing von den Mathematikern Abschied genommen hat.)
Klarzustellen ist jedoch, daß Computeralgorithmen nicht zum Zweck graphisch-ästhetischer Überraschungen aufgestellt worden sind, sondern um strategische Überraschungen durch den Feind zu minimieren. Dieser militärische, im Zweiten Weltkrieg entwickelte Begriff von Simulation erlaubt es rückblickend, auch ästhetische Simulationen (wie etwa bei Richard Wagner) strategisch zu reformulieren.
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