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Ars Electronica 1988
Festival-Programm 1988
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Festival 1979-2007
 

 

Hungers


'Ed Emshwiller Ed Emshwiller / 'Morton Subotnick Morton Subotnick

Stimme, Air-drums: Joan La Barbara
Elektro-Cello: Erica Duce
Elektronisches Schlagzeug: Amy Knoles
Keyboard: Gaylord Mowrey
Tanz: Nanik Wenten

Videotechnik: Robert Campbell
Video Software: Dale McBeath
Videokameras: Fern Seiden, Donna Matorin
Video-Equipment: Vogel Audiovision Linz

Assistent Musik: Greg Fish
Musikcomputer: Todd Winkler
Musikcomputer Software: Mark Coniglio
Assistent Musik am MIT: John Nelson

Licht- und Bühnengestaltung: Aubrey Wilson
Theater-Beratung: Bob Israel

Auftragswerk von Los Angeles Festival 1987, produziert vom California Institute for the Arts. Unterstützt von National Endowment for the Arts und Rockefeller Foundation.

Produktion für Linz: Ars Electronica (Brucknerhaus, LIVA) gemeinsam mit POSTHOF. In Zusammenarbeit mit ORF-Landesstudio Oberösterreich.

Ars Electronica dankt dem National Endowment for the Arts für die freundliche Unterstützung, weiters der Firma VOGEL AUDIOVISION für ihr Entgegenkommen.

HUNGERS
TEIL I: HUNGERSNOT/FEST
1. Allein
2. "Stimmen"
3. Feier

TEIL II: GENESIS
1. Tanz der Hand
2. Bodentanz
3. Mutter und Kind
4. Lullaby (Wiegenlied)
5. "Ich will"

TEIL III: HUNGERSNOT/FEST
1. Allein
2. Feier
3. Kampftänze

EPILOG

Hungers ist ein Interkunst-Projekt, das verschiedene Ebenen umfaßt: Live Performance, akustische und computergenerierte Musik, Video und Computerbilder. Ed Emshwiller hat die Bilder gestaltet, Mort Subotnick die Musik. Thema des Werkes ist jene interne, subjektive Bewußtseinsebene, auf der Details, Erinnerungen und die unmittelbare Umgebung das wache Bewußtsein überstrahlen. "Hungers" ist eine orchestrierte Landschaft aus Bildern und Musik, die zusammen Bedürfnisse ausdrücken (nach Essen, Sicherheit, Akzeptanz, nach der Mutter, nach Sex, nach Macht). Seine Struktur bewegt sich eher im Bereich der Choreographie, in poetischen und räumlichen Dimensionen als im dramatisch-erzählerischen Bereich. Moderne real-time Bild- und Tonverarbeitungssysteme ergänzen und expandieren die Live-Darbietungen einer Sängerin, einer Tänzerin und dreier Musiker.
TEIL I: (HUNGERSNOT/FEST)
ALLEIN (Hungersnot) zeigt die Sängerin Joan La Barbara zu elektronischer Begleitung und Air-drums, sowie eine Video-Nahaufnahme eines aufgezeichneten Vokalsolos (ohne Ton).

STIMMEN ist ein fließendes musikalisches Quartett aus Live-Stimme und drei Computerstimmen mit der Sängerin in einer neuen Landschaft als Video-Hintergrund.

FEIER ist ein spielerisches Wechselspiel zwischen den Musikern, dem Computer und dem Video.
TEIL II (GENESIS)
"TANZ DER HAND". Die Tänzerin tritt auf, wobei nur ihre Hände beleuchtet sind. Das Video vergrößert ihre Bewegungen.

BODENTANZ. Die Tänzerin bewegt sich am Boden und ihr Bild erscheint in einem projizierten Video-Oval.

MUTTER UND KIND: Eine Serie von Videobildern einer Frau mit einem Baby formen ein mehrschichtiges visuelles Poem.

LULLABY (Wiegenlied). Ein Trio für Stimme, Cello und Computer, das überlappend vom Ende von "Child and Mother" zum Anfang von "I Want" führt.

ICH WILL: Bilder von Auge und Mund wechseln einander ab, während die Sängerin zu ihrer eigenen Stimme vom Videoband singt.
TEIL III (FAMINE/FEAST)
ALLEIN ist ein kürzeres, flüssigeres Trio für die Vokalistin und zwei digitale Versionen ihrer Stimme, wobei Bilder ihres Gesichtes in rascher Folge über die Monitore wandern.

FEIER ist eine erweiterte Version des ersten Celebration-Teiles und findet ihren Höhepunkt in den "KAMPFTÄNZEN" der Tänzerin mit den Videoprojektionen.
EPILOG
Mit der Air-drum ("Lufttrommel") spielt die Vokalistin einen krachenden Ton, der zu einem "eingefrorenen" Klangcluster wächst, während die Tänzerin lebende Masken schafft. Während der Cluster zum Leben erwacht, beginnen die Musiker eine traumähnliche Version der "Celebration"-Musik zu spielen, die später von einem Trio aus Stimme, Computer und Cello mit einer ausgedehnten Variation des ursprünglichen Famine-Themas ergänzt wird. Während der ganzen Zeit ist eine erweiterte Version des Handtanzes zu sehen, verstärkt durch Videoaufnahmen von Liebenden. Das Werk endet mit einer Video-Nahaufnahme eines Vokalsolos ohne Ton.
ANMERKUNGEN ZUR MUSIKTECHNOLOGIE
Die Musik ist für Stimme, zwei Air-drums* (Lufttrommeln), KAT (ein mittelgroßes Schlaginstrument), Raad (ein elektrisches Cello), Yamaha Clavinova (digitales E-Klavier), YCAMS**, einen Macintosh Plus Computer und einen Prophet Sampler instrumentiert. Diese Instrumentation zerfällt in zwei Bereiche: die Aufführungstechnologie und die Instrumentalklangtechnologie.

* AIR-DRUM ist ein neuartiges Instrument, bestehend aus zwei Trommelschlägeln, die sechs verschiedene Bewegungsrichtungen identifizieren und die Geschwindigkeit dieser Bewegung registrieren können. Diese Informationen werden an den Computer weitergeleitet, der sie als Grundstruktur in das gewünschte Musikprogramm einarbeitet.

** YCAMS (Yamaha Computer Assisted Musical System) umfaßt cinen QX-1, QX-5 (Score Performance Device/Sequencer) und zwei TX-816 (FM-Klanggeneratoren).
INSTRUMENTALKLANGTECHNOLOGIE
Jedes Instrument hat seinen eigenen Klang (beim Clavinova etwa gibt es einen eingebauten digitalen Klaviersound, beim Kat habe ich einen Schlägelklang durch Verwendung des Yamaha TX-816 eingeplant). Der Computer hat ebenfalls seinen eigenständigen Klang. Zusätzlich hat jedes Instrument mehrere transformierte Varianten seines Urklanges gespeichert. Die Original-Instrumentenklänge kommen von jenem Teil der Bühne, wo die Instrumente auch tatsächlich stehen (Mitte hinten), die Computerklänge hingegen von vorne-links-rechts. Die transformierten Klänge all dieser Instrumente erlauben es, dramatische und emotionale Veränderungen im Werk durchzuführen, indem entweder die Musik selbst oder aber die Klänge, die Orchestration verändert werden. Außerdem können die Instrumente ihre Rollen tauschen. So spielt etwa am Anfang die Vokalistin auf dem linken Air-drum, der Klang ist in Wirklichkeit aber ursprünglich ein Cello-Pizzicato (verändert), in weiterer Folge ein FM-Klang, dann ein Cello-Coll'arco und schließlich ein Vokalklang.
AUFFÜHRUNGSTECHNOLOGIE
Der Macintosh Plus dient dem gesamten Instrumentarium als Gehirn oder Management-Gerät. Alle Aufführenden senden die Informationen (wo sie in der Partitur aufscheinen) ebenso wie das YCAMS an den Mac und dieser spielt seinerseits verschiedene Teile des Computersystems (YCAMS) und steuert je nach Partitur die einzelnen Instrumente zeitlich und qualitativ an. Er kann streckenweise sogar die Videoanlage ansteuern, so daß die Sängerin mit den Air-drums auf dieser "spielen" kann.

Ein Gutteil der Vorbereitungsarbeiten sowohl für die Performance-Software als auch für die Klangtransformation entstand während meines Studienaufenthaltes am MIT Media Lab im Herbst 1986. Einige der endgültigen Klangvariationen wurden auch dort produziert und in meinen Sampler geladen. Die Macintosh Plus Performance Software entstand ebenfalls am MIT und wurde unter meinen Leitungen von Marc Coniglio am California Institute of the Arts geschrieben.
Mort Subotnick
ANMERKUNGEN ZUR VIDEOTECHNOLOGIE
Die Videoaufnahmen entstanden in einem Zeitraum von drei Jahren und werden durch Animation ergänzt, die auf einem Amiga Computer entstanden. Dieses primäre visuelle Material wurde teilweise im CalArts Farbstudio mit einem Grass Valley Switcher, mit telecine, rescan und roll-in Video weiterverarbeitet. Zusammen mit live-camera-Videos bilden die drei so entstandenen Videobänder gemeinsam mit dem live-input von vier Kameras die auf verschiedene Monitore zu verteilenden Signale. Die Distribution erfolgt mittels eines von Dale McBeat eigens gebauten Matrix-Switchers, der über die Tastatur de Amiga-Computers gesteuert wird. So kann jede Video-source auf jede beliebige Kombination von Displays eingespielt werden. Während der Performance werden die vorprogrammierten Bilder abgerufen und vom Videotechniker ausgewählt und kombiniert, und durch den Computer-Operator auf die Bühne verteilt.