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Ars Electronica 1988
Festival-Programm 1988
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Festival 1979-2007
 

 

Solar-Musik-Gewächshaus


'Joe Jones Joe Jones

Nach meinen ersten Erfahrungen mit der Verwendung von Sonnenenergie in meiner Musik war es für mich nicht mehr leicht, zu batteriebetriebenen Stücken zurückzukehren.

Durch Herumspielen mit den subtilen Veränderungen, die entstehen, wenn man verschiedene Kombinationen von Sonnenzellen und Motoren einsetzt – selbst unter denselben Lichtverhältnissen (Glühbirne) –, kam ich zu grundlegenden Ergebnissen, von denen ich eines auswählte, diese Kombination in die Sonne transferierte, wo wiederum die Bewegung der Erde, die Wolkenformationen und der Wind die entstehenden Klänge manchmal sanft, manchmal radikal veränderten, weil die Spannung höher ist, wenn das Sonnenlicht direkt auf die Zellen scheint, und niedriger, wenn die Wolken ihre Schatten auf die Sonnenzellen werfen.

Der Wind spielt seinen Part teils sanft, teils weniger, je nachdem er die Motoren und die Aufhängung der Instrumente bewegt und sie in Schwingungen versetzt. Die Kombination all dieser Faktoren schafft die Sonnenmusik für den jeweiligen Tag von kompletter Dichte unter einem wolkenlosen Himmel zu Mittag bis zur Beinahe-Stille bei voll bedecktem Himmel und totaler Stille nach Sonnenuntergang.

ERSTE SONNENMUSIKSTÜCKE
Das erste Sonnenmusikstück bestand aus handgemachten Glocken, 1977, Harlekin Art, Wiesbaden. Ihm folgten unmittelbar die Sonnen-Zithern, bei denen ich die Möglichkeiten der Viel-Saitig-keit auszunützen versuchte. Man konnte diese Instrumente in die Fenster hängen, innen oder außen, und Sonne und Wind schufen ihre eigene Komposition.

Dies war im wesentlichen die Entwicklung einer früheren Idee, nämlich von 1964, deren damalige Realisierung von den enormen Materialkosten vereitelt wurde.
SOUND FOREST
Viele Musikmaschinen – Trommeln, Zithern, Spielzeugklaviere usw. – werden in einem Wald aufgestellt. Die Motoren werden durch Sonnenzellen angetrieben. Bei Sonnenaufgang beginnen die Instrumente zu spielen, mit der steigenden Sonneneinstrahlung werden sie lauter, Bewölkung verändert den Klang. Mit Sonnenuntergang verstummt der Wald, um am nächsten Tag wieder anzuheben.
SONNENORCHESTER
Die Verwendung von kompakten Notenpulten geht auf meine Anfangszeit (1962) zurück, einfach weil das Objekt als solches kompakt bleibt, weil man bei aller Einfachheit der Form Dinge darauf oder darunter stellen bzw. daran aufhängen kann.

Darüber hinaus suggeriert ein Notenpult den Begriff "Musik" auch in visueller Form. Stellt man die Sonnenzellen nun so auf, als wären sie Noten, so liegt der Witz der Sache darin, daß die "Noten" die Musik selbst "spielen", während die Sonne die eigentliche Partitur vorgibt.

Die Aufstellung bzw. Aufhängung von Instrumenten am Notenpult mit dem jeweiligen Motor über dem Instrument ist ebenfalls eng mit dem Instrument als solchem verbunden und komplettiert somit die "Inszenierung".

Das Sonnenorchester wurde ursprünglich in einem zum Publikum hin offenen Plastikzelt aufgestellt, um die Klänge zu bündeln und auf die Zuhörerschaft hin auszurichten. Auch visuell wurde dadurch der Begriff des "Orchesters" unterstrichen, sodaß das Gefühl von "Musik" in formalem Sinne aufkam, eine Assoziation mit den "Musikpavillons" entstand, mit den Konzertestraden, wo ebenfalls die Musik vom Publikum getrennt ist.

Das "Sonnenorchester" wurde allerdings auch schon ohne Zelt eingesetzt, womit der Performance eine größere Offenheit gegeben wurde und die Zuseher die Möglichkeit erhielten, sich innerhalb des Orchesters frei zu bewegen. Da der Klang nicht so konzentriert war wie bei Verwendung des Zeltes, mußte man auch näher hingehen, um ihn zu hören und wurde so auch mehr in das "orchestrale" Geschehen einbezogen.

Das "Sonnenorchester" wurde so konstruiert, daß es möglichst einfach auf- undabzubauen ist, mit einem Auto bequem transportiert werden kann und somit eine größere Freiheit in der Platzwahl besteht. Unser Traum wäre es, eine Weltreise unter Abhaltung von Sonnenmusikkonzerten zu machen und dabei die Veränderung der Klänge aufzuzeichnen, die durch die verschiedenen Orte und Installationen der Instrumente entsteht. Weiters könnten die bisweilen durch Erfindung neuer Instrumente auftretenden Veränderungen festgehalten werden, wenn Instrumente ersetzt werden oder das Orchester durch die neuen ergänzt wird.
SONNENGLASHAUS
Stellt man das Sonnenorchester und aufgehängte Sonnenmusik-Instrumente in ein Glashaus, zwischen Grünpflanzen und Blumen, können die Leute durchspazieren oder sich in dieser geschlosscnen Anlage niedersetzen, wobei die Klänge im geschlossenen Raum von der Umwelt etwas abgeschirmt sind.