Halb-medium oder ganz-medium. Grenzformen der Entkunstung
'Frieder Butzmann
Frieder Butzmann
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'Thomas Kapielski
Thomas Kapielski
WAR PUR WAR "Warum machen die 'ne Platte zusammen?" Der eine ißt, der andere trinkt am liebsten Bier bzw. ißt Bounty. Aber auf Touren schmeckt beiden sowohl der Schweinebraten als auch das landesübliche Essen.
"BUTZMANN", sagen die Leute, "ist ein Krachmacher und tut dabei noch so, als ob er was von Rhythmus und Harmonie versteht."
"KAPIELSKI", sagen die Leute, "quasselt den ganzen Tag verdrehtes Zeug und schreibt das auch noch in Bücher unter seine hahnebüchenen Fotos."
"Da kann man sich nur wundern."
"Zum Beispiel der Butzmann; was hat der früher gemacht?"
"Tonbandmusiken schon in den Sechzigern! In Konstanz, da hat er auch Klavier geübt, stockhausenmäßig, aber vor allem klassisch. – Und Multi-Media-Veranstaltungen wie die 'Fluxus-Galaxis' organisiert. Ab '75 dann Berlin, Musikwissenschaft studiert. 1977 kurz Prä-Punk, dann sofort der erste Post-Punk in Berlin. Als 'Schwer-Elektroniker' (Sounds), 'Avant-Garde-Gott' (Musik-Szene), 'Young German Deconstructivist' (NME) oder 'Neo-Barbar' (Liberation) reist er mit Alexander von Borsig und Thomas Kiesel durch die Welt, macht mit den 'Malaria-Damen' eine Weihnachtsplatte, läßt Genesis P.-Orridge auf seiner zweiten Platte mitsingen und erhält im 'New York Interview' die längste Single-Kritik des Jahres '81 usw. usf.
Der Musik/Sprech/Tanz/Film/Mix 'Wolfsburg' wird zum Hit in verschiedenen Versionen in Berlin, Hamburg, Paris, New York, Mailand. Die männliche, radikale LP 'Vertrauensmann des Volkes' und die weibliche, melancholische Do-12 (Spieldauer 70 Min.) 'Das Mädchen auf der Schaukel' sind seine bekanntesten Plattenveröffentlichungen. Heute arbeitet er sozusagen hauptberuflich an Film- und Hörspielmusiken."
"Und der Kapielski?"
"Ja, der hatte – als Urberliner – ursprünglich mit Musik gar nix am Hut. Erst Anfang der Achtziger lernt er Künstler aus dem Merve-Verlags-Umkreis kennen. Und kriegt plötzlich Lust am Basteln mit bespielten Tonbändern. Er macht Kassetten in kleiner Auflage mit verwegenen Musik-Collagen. Und vor allem macht er Bücher: "K. grüßt den Rest der Welt", "Der Bestwerliner Tunkfurm", "Einfalltspinsel gleich Ausfallspinsel".
Am liebsten organisiert er. Zum Beispiel Ausstellungen seiner oder anderer Bilder oder eine feuchtfröhliche Busfahrt nach West-Deutschland oder – schon 1982, als Butzmann als Saxophonist mitwirkt – ein großes Konzert für 30 Mann/Frau und eine riesengroße Windmaschine."
"Na, und was machen die beiden nu zusammen?"
"Aber das ist doch gerade das dolle, daß beide auch einzeln erscheinen oder mit anderen, wie Sven Åke Johannson, Judith Flex, Udo Scheuerpflug, Remo Park, den Tonknetern und noch ganz anderen auf der Bühne stehen oder im Studio arbeiten."DAS DUO – DIE KÜNSTLER Butzmann und Kapielski können alles und sind überhaupt die Allerbesten!
Jeder für sich ein feiner Mensch und Tier-u.Kinder-lieb. Ihr Wesen ist Aufopferungsbereitschaft und Selbstlosigkeit.
Selbst beim Musizieren gehen sie an die Grenzen des physisch Ertragbaren. – Für ihre Frequenzen ist jeder Lautsprecher zu schwach und kein Verstärker digital genug. Ihre größte Leidenschaft ist das Musizieren vor sachverständigem Publikum. Selbst der abweisendste Ignorant ist geblendet vom Charme des Herrn Kapielski und der Grazie des Herrn Butzmann.
Ihre Musik ist stets mit Handkäs, die Themen der Zeit aus Freizeit, Hobby, Küche werden durch originelle Zitate aus der Tagespresse verarbeitet. Der Vortrag ist so originell, daß die Zuhörerschaft jubelnd die Hände über dem Kopf zusammenschlägt, während B.u.K. tuten und blasen.
Ihre Arbeit ist das Produkt aus detaillierten Beobachtungen stochastischer Alltagsprozesse wie das Kippen von Schränken, das rhythmische Löffelrühren mitteleuropäischer Hausfrauen oder das Platzen von Luftmatratzen. Die kompositorischen Umsetzungsprinzipien werden dann in einem kreativen Prozeß unter dem Einfluß stark halluzinogener Flüssigkeiten des Nachts entwickelt.
Am liebsten sind sie in Restaurants. Jeder Wirt wird sich ihrer üppigen Bestellungen erfreuen; und schafft ein Spatzenschnäblein mal nicht das ganze Schnitzel, so springen sicher B.u.K. herbei, dem Schwachen zu helfen.
Es gäbe noch viel mehr über diese phantastischen Menschen zu schreiben, gar zu philosophieren … aber, wenn Sie nicht glauben, schauen Sie doch selbst …
"… und nun sagen wir mal, wir wollen heute abend Discomusik, Electric Boogie, Avant-Garde-Krach, Dia Show, Feuerwerk, Haushaltsmusik, Schrankmusik, Kaffeemusik, New Gothic Sound, Zyklopisches, Expressionistisches, Dezentes – unvermischt, aber alles auf einmal. Dann geht man am besten zu Butzmann und Kapielski."
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