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Ars Electronica 1986
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Dance ex machina


'John Sanborn John Sanborn / 'Mary Perillo Mary Perillo

Der Wunsch, die einzelne Frames (= Einzelbilder) zu bearbeiten, ist ein alter Traum der Medienkünstler. Das Festhalten einer Information, 30mal pro Sekunde, zuerst in Echtzeitaufzeichnung und später durch den digitalen Frame-Store hat die Bearbeitung der gesamten Frames ermöglicht. Echtzeitbeschichtung, Veränderung der Größe und Perspektive wurden durch den Ampex ADO und Quantel DPE–5000 möglich.

Die mit Video-Aufzeichnung und Nachbearbeitung verbundene Vorstellung der "Bewegung" ist selbstverständlich Illusion. Das beweist der Zugang zu den einzelnen Frames, und wir haben das in dreifacher Weise extrapoliert, was in den drei Segmenten des fertigen Werkes zum Ausdruck kommt, Zunächst unsere Übermalung der Frames, die den Fluß der Bewegung zwar verändert, aber nicht schneidet. Zweitens durch die Verschmelzung von Multiframe-Animation mit monochromem Einzelframe. Und schließlich durch den Frame-für-Frame-Schnitt von mehr als 800 übermalten in-sequence Animationen.

Im Rahmen unseres Auftrags haben wir ein kurzes Videographik/Tanz-Werk geschaffen. Wir haben dazu eine neue Hardware für digitale Animation verwendet, die sich "Harry" nennt (hergestellt von Quantel); es ist dies ein Video-Paintbox Multiframe Animationssystem. Der "Harry" kann bis zu 2500 Frames digital aufzeichnen, die dann einzeln abgerufen werden können. Jedes Frame kann dann mittels der Quantel-Paint box bemalt und verändert werden; die daraus entstandenen Frames können willkürlich in beliebiger Reihenfolge aufgesucht und rückgespielt werden, was eine unendliche Zahl von Variationen der Echtzeit-Animation ergibt.

Wir haben eine Tänzerin aufgenommen, die eine geschleifte Serie von Bewegungen vollführt. Diese Bewegungen wurden mit dem "Harry" aufgenommen und jedes Frame dadurch verändert, daß wir die Tänzerin und ihren Hintergrund mit der Paintbox-Software elektronisch bemalten. Wir "schnitten" die Sequenzen durch ein Mischen der Bewegungen in einer Serie von Playbacks und schufen so einen auf Graphik beruhenden strukturellen Tanz. Tanz SPEZIELL FÜR VIDEO GESCHAFFEN und nicht einfach als aufgezeichnete Choreographie – damit experimentieren wir zur Zeit in drei Projekten für "Dance ex Machina" schien uns der "Harry" das perfekte Werkzeug zu sein. Jedes Tanzsegment ist der Versuch, durch den Schneidevorgang eine neue (in manchen Fällen "unmögliche") Choreographie zu schaffen.

"Dance ex Machina" wurde von Mary Ellen Strom getanzt, die Live-Choreographie stammt von ihr und ihrer Partnerin in XXY/ Dance Music, Cyndi Lee. Die Musik wurde von Rocky Pinciotti und Josh Collow geschaffen und (nachdem das Video geschnitten war) aufgeführt. Unsere Mitarbeiter an der Paintbox und am "Harry" waren Rocky Pinciotti und Jill Kroesen. Den "Harry" stellte uns Peter Caesar und Caesar Video Graphics zur Verfügung.

John Sanborn und Mary Perillo April 1986