www.aec.at  
Ars Electronica 1986
Festival-Programm 1986
Back to:
Festival 1979-2007
 

 

4K Tape


'Jane Veeder Jane Veeder

Visuelle Effekte. Jane Veeder
Ton: Clark Salisbury, Jane Veeder
3/4 Zoll U-Matic NTSC Farbvideo, Monaural Sound – 3 Minuten

Technik:
Hardware: UV-1 Zgrass Graphikcomputer; Sony 5850 Videotape Editor; Arp 2600 und Prophet 10 Audio-Synthesizer
Software: Kundenspezifische Animationssequenzen in Zgrass programmiert, ROM-systemkompatibler Sprach-Interpretierer.
Zum ersten Mal habe ich ein Auftragswerk übernommen und zum ersten Mal habe ich mich bereit erklärt, ein "persönliches" Werk zu gestalten. Ich muß Verbindungen herstellen, und ich tue das mit einer Schleife: Ideen und Geld hinein, kreative Arbeit heraus. Es bestehen Parallelen zwischen diesem Kreislauf und jenem der Arbeit mit dem Computer als wichtigstem Mitarbeiter. Ich denke intensiv nach, ich träume, ich mache Diagramme und dann schlage ich gegen mein Medium; dann denke ich wieder, träume wieder, mache wieder Diagramme und dann die Schleife. Der Computer saugt Elektrizität auf und meine Hingabe, und gibt dafür Ventilatorgeräusche, LED's und schießt nahe an meinem Gesicht Elektronen auf Phosphor ab.

Ars Electronica und Capra sind österreichisch, und österreichisch war auch mein Ururgroßvater. Als ich 1984 bei Ars Electronica ein Referat hielt, besuchte ich auch seinen Heimatort Antholz, das heute in Italien liegt. Ein weiterer Österreicher, Ludwig von Bertalanffy, Vater der General-Systems-Theorie, inspiriert mich und andere Computerkünstler, die versuchen, die essentielle Natur des Mediums und seines Lebens in unserer Kultur zu erkennen und gleichzeitig den beunruhigenden Mittelmäßigkeiten der Anwendungsökonomie, den Dogmen des Marketing und dem Konservativismus der Welt der Kunst zu entkommen. Eine weitere Beziehung zwischen Bertalanffy und den Prioritäten meiner Arbeit ist die Tatsache, daß ich alle Formen ganz einfach gestalte, um mich auf ihre visuellen Beziehungen und ihre Existenz in der Zeit zu konzentrieren.

Für "4 K Tape" verwende ich das Medium der Simulation, den Computer, den "Großen Geist", um den "Großen Körper" zu simulieren. Visuelle Muster strahlen die Energieökonomien des Universums, des Planeten, des Organismus aus.

Ich schaffe anmaßende Beziehungen zwischen der zyklischen Verbindung meiner 16 Bildschirme (256 K-Display Memory, geteilt in 16 2-bit-Puffer), den Schleifen in meinem Programm, dem Hertz-Geist der Digitaltechnik, den Zyklen von organischem Leben und energetischem Leben. Das ist eine Z–80 kundenspezifische Videospiel-Hardware, ein 10-rez-Versuch, eine Bild-über-Zeit-Handhabe über die Unendlich-Auflösungs-Energiesysteme zu gewinnen. Ich versuche, meine programmatischen Schleifen immer allgemeingültiger und erleuchteter zu machen, im Wettstreit mit der Universalität der digitalen Medien.
Capra betet um eine "friedliche und harmonische" Anpassung an dieses neue Zeitalter. Das ist nicht sehr wahrscheinlich. Subversive organische Prioritäten müssen die auferlegten Strukturen von innen her zerstören, um Frieden und Gesundheit wiederzubringen. Alte Werte tauchen wieder auf und verbinden sich mit der zeitgenössischen Kultur. Wie klug sind wir doch, daß wir unsere frühere Intelligenz wiederentdecken! Wie oft haben wir diesen Prozeß schon durchgemacht? Ich bin ungeduldig und unreif, es ist alles so dumm – überall schlechtes Design, daher sehne ich mich danach, den "Große-Mutter"-Musikel anzurufen, die Reiterinnen des apokalyptischen Feminismus zu beschwören, das alles zu Fall zu bringen, so wie man eine Pizza bestellt. Akzeptieren Sie diesen Techno-Gesang für eine "Große Spezial"-Pizza.

Stellen Sie sich vor "… Meer zu glänzendem Meer …", die Zeit und nicht die Geographie überspannend, und wir nähern uns dem anderen Ufer. Wir leben im Zentrum, im fortwährenden Zentrum von Zeit und Materie, und die Position wird jetzt zurückgefordert.

Das ist wieder das Neue Zeitalter. Ich hoffe, die Weltkultur legt sich in Schleifen.
VIZGAME
VIZGAME ist eine interaktive Video-Animation und Tonsynthese-Installation. Der Spieler interagiert mit graphischen "Speisekarten", um Figuren und andere graphische Prozesse auf den 16 Bildschirmen des Systems zu zeichnen und eine zyklische Echtzeit-Animation aufzubauen. Der Spieler hat es in der Hand, die visuell/zeitlichen Beziehungen in der sich entwickelnden Animation zu komponieren.

HARDWARE/SOFTWARE
Datamax UV–1 Graphikcomputer
Zgrass Sprach-Interpretierer
Kundenspezifische VIZGAME-Software

HINTERGRUND
Das Medium Computer ist ein außerordentlich komplexes und umfaßt viele Ebenen von darin eingebrachter Intelligenz. Auch ist die schöpferische Entwicklung in einem digitalen Medium prozeßorientiert, sie beinhaltet viele Generationen von Software-Werkzeugen; außerdem steckt hinter dem fertigen Werk eine Unmenge von Perzeption und Entwicklung von Designzielen. Wie kann also unter diesen Umständen ein durchschnittlicher "Seher" ein digitales Kunstwerk verstehen? Meine gegenwärtige Strategie besteht darin, den "Seher" zum "Spieler" zu machen, der durch Interaktion mit Steuerungsmechanismen und visuellen Geräten die Möglichkeit hat, den tatsächlichen Charakter des Werkes zu erforschen und zu erkennen.

VIZGAME geht von der Schlußsequenz aus FLOATER (1983) aus, meinem Videoband, in dem sowohl simultane Programmsteuerung von Ton und Bild als auch Echtzeit-Graphikprozesse, verbunden mit der zyklischen Verbindung der 16 Bildschirme des Systems verwendet wurden. Durch die Interaktivität habe ich das Spektrum der Phase kreativer Entwicklung aus FLOATER auf Steuerung durch den Seher ausgeweitet.

VIZGAME läuft, wie auch meine Installation WARPITOUT aus dem Jahr 1982, auf Datamax UV-1/Zgrass Graphiksystem. Der dem Ende 1980 auf den Markt gekommenen UV-1 spezifische Programm-Interface ist Zgrass, ein Sprachinterpretierer, der speziell für interaktive Graphik, Echtzeit-Animation, Nutzer-Evolution entwickelt und für kundenspezifische Videospiel-Software optimiert wurde. Dieser erschwingliche, auf Z–80 beruhende "Sportwagen" eines Systems hat eine Subkultur von kreativen Benützern hervorgebracht, die ihre eigene Software für ein vielfältiges Spektrum von Aufgaben, einschließlich kundenspezifischer Sprachbefehle, entwickelt hat. Obwohl die gegenwärtige Hardware sie an räumlicher Auflösung und bit-Tiefe übertroffen hat und sie kommerziell nicht unterstützt wird, entwickelt sich diese Subkultur durch die vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten der Software und die Eigenschaften der Echtzeitgraphik des Systems weiter.

Ich hätte es vorgezogen, VIZGAME in C auf einem Gerät zu programmieren, das die Verbreitung dieser und künftiger interaktiver Installationen für visuelle Erforschung unterstützen könnte. Bedauerlicherweise ist mir kein C-programmierbares Gerät mit der zur Unterstützung eines künstlerisch-integrierten Werkes wie VIZGAME erforderlichen Echtzeit-Animation und interaktiven Fähigkeiten bekannt. Kennen Sie eines?
Jane Veeder