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Ars Electronica 1986
Festival-Programm 1986
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Festival 1979-2007
 

 

Die Zukunft der Informationssysteme




16. bis 18. September 1986
Johannes Kepler Universität Linz


DIE ZUKUNFT DER INFORMATIONSSYSTEME
LEHREN DER 80ER JAHRE
Veranstalter:
Österreichische Gesellschaft für Informatik (ÖGI)
Gesellschaft für Informatik (GI)
Schweizer Informatiker-Gesellschaft (SI)
gemeinsam mit
Institut für Informatik der Universität Linz
Linzer Veranstaltungsgesellschaft mbH (LIVA)
Österreichischer Rundfunk/Landesstudio Oberösterreich
ZWECK DER TAGUNG
Am Einsatz von Informationssystemen kommt in der Zukunft kein Unternehmen auf die Dauer vorbei. Die Tagung "Die Zukunft der Informationssysteme" zeigt technologische Entwicklungstrends der nächsten Jahre in Hardware und Software sowie der Anwendung in Wirtschaft und Verwaltung auf. Insbesondere sollen aus den Erfahrungen, die Anwender in den letzten Jahren gesammelt haben, Prognosen für die weitere Entwicklung aufgestellt werden. Themen, wie Büroautomation und Bürokommunikation, Programmiersprachen der 4. Generation, Expertensysteme, Informationssysteme für Klein- und Mittelbetriebe, 5. Computergeneration und zukünftige Rechnerstrukturen werden kritisch analysiert, um dem Anwender Hilfen für seine Entscheidungen beim Einsatz von Informationssystemen in die Hand zu geben.
In Fortsetzung des Stils bisheriger Tagungen an der Universität Linz, die sich zu einem Forum für interdisziplinäre Diskussionen entwickelt haben, steht neben technischen Fragen vor allem auch der durch den Produktionsfaktor Information ausgelöste Wandel unseres gesamten Lebens im Mittelpunkt dieser Tagung.
Hauptvorträge:
Fünfte Computer-Generation und zukünftige Rechnerstrukturen
Prof. Dr. Wolfgang Händler

Für vier Rechnergenerationen galt jeweils die Devise: schneller und kleiner. Nunmehr gilt das Bestreben der Rechnerarchitektur für die fünfte Rechnergeneration: intelligenter und zuverlässiger.

Im Rahmen der bisherigen Programmierung schreibt man dem Rechner vor, WIE er arbeiten soll. Hauptobjekte sind Daten, zumeist Zahlen, die meist nach dem Verfahren der angewandten Mathematik "berechnet" werden.
Von den Rechnern der fünften Generation verlangt man – so insbesondere japanische Rechnerarchitekten –, daß sie Bilder und gesprochene Sprache dem Inhalt nach "verstehen" (Semantik). Der Programmierer soll nur noch zu definieren suchen, WAS berechnet werden soll.

Der Begriff "Berechnung" ist dabei im allgemeinsten Sinne eine Vorgangsweise, mit deren Hilfe der Rechner aus gegebenen Angaben, Parametern, bildlichen Darstellungen und selbst ungenauen Spezifikationen Ergebnisse ableitet. Grundlage hierbei sind die (mathematischen) "lnferenz"-Mechanismen.

Zur Datenverarbeitung bisheriger Prägung tritt für die fünfte Generation von Rechnern die strukturierte Wissensspeicherung und Wissensverarbeitung. Die anstehenden Veränderungen wirken sich auf die Rechnerstruktur bzw. Rechnerarchitektur aus.

Neue Kommunikationstechnik und ihre Wirkung auf Informationssysteme
Dr. Ing. E. h. Friedrich Ohmann

Die Bedürfnisse einer modernen Informationsgesellschaft fordern neue Kommunikationsnetze zum weltoffenen, umfassenden Austausch aller Informationsarten. Auf der Basis hoher Innovationsraten der Schlüsseltechnologien Mikroelektronik, optische Nachrichtentechnik und Software entstehen derzeit weltweit sogenannte dienstintegrierende Digitalnetze, die international standardisiert eine offene Kommunikation für jedermann ermöglichen. Über eine einheitliche Kommunikationssteckdose findet der Teilnehmer Zugang zu allen Informationsquellen und -senken unabhängig von Zeit und Raum. Die Kommunikationsnetze der Zukunft fordern ihrerseits die Weiterentwicklung heutiger Informationssysteme: in ihrer Informationsdarbietung für eine vielfältig strukturierte hohe Teilnehmerzahl, in ihrer Such- und Speichertechnik, in der Wissensverarbeitung und in ihrer Bedienoberfläche.

Das Zusammenwirken von Kommunikations- und Informationssystemen für die Nutzer öffentlicher Netze, für Büro- und Fertigungsprozesse, hat tiefgreifende Folgen für gesellschaftliche Strukturen. Diese müssen analysiert, optimiert, erprobt und zu einem gesellschaftlichen Konsens gebracht werden.

Datenbanksysteme aus Benutzersicht – Stand und Entwicklungstendenzen
Dipl.-Math. Dr.-Ing. Albrecht Blaser

Datenbanksysteme (DB-Systeme) haben in der praktischen Datenverarbeitung zunehmend an Bedeutung gewonnen. Der Entwurf von Datenbanken sowie die Entwicklung und der Einsatz von DB-Systemen haben sich deshalb zu einer Ingenieur- und Wissenschaftsdisziplin innerhalb der Informatik und ihrer Anwendungen herausgebildet. Dieser Beitrag hat das Ziel, in die Fragestellungen und Terminologie dieser Disziplin einzuführen, in etwa den gegenwärtigen Stand der Technik formatierter DB-Systeme zu schildern, Verständnis für die bei zentraler und dezentraler Datenorganisation auftretenden Probleme zu wecken und einige Entwicklungstendenzen aufzuzeigen. Dabei werden insbesondere Fragen der Datenbanksystemstruktur, der Datenmodelle und Datenmanipulationssprachen, der interaktiven Benutzung sowie der Datenunabhängigkeit und Datenintegrität behandelt. Ein gewisser Raum wird den Problemen eingeräumt, die sich für den Einsatz von Datenbanksystemen in Büro, Technik und Wissenschaft stellen.

Expertensysteme in der Betriebswirtschaft Möglichkeiten und erreichter Stand
Prof. Dr. Peter Mertens

Es werden die Einsatzmöglichkeiten von Expertensystemen im betriebswirtschaftlichen Bereich systematisiert. Als Merkmale dienen die betrieblichen Funktionen und Wirtschaftszweige ebenso wie die Einsatzzwecke (z.B. Diagnose, Beratung). Es soll zwischen den theoretischen Möglichkeiten, der Entwicklung von Pilotsystemen und der Realisierung in der Praxis unterschieden werden.

Die öffentliche Verwaltung der Zukunft
o. Prof. Dr. rer. pol. Heinrich Reinermann

Wir nähern uns dem Rand der ersten breiten Entwicklungsstufe des Computereinsatzes in den öffentlichen Verwaltungen. "Umstellung auf EDV" tritt in den Hintergrund. Die nächste Entwicklungsstufe könnte ein anderes Hauptthema haben: Wie läßt sich die Informationstechnik zur weiteren Verbesserung der Verwaltungsstrukturen heranziehen?

Die Vorstellung erscheint somit nicht abwegig, nach Verwaltungsreformen mit Ansatz bei der Verwaltungsorganisation (Gebiets- und Funktionalreform), beim Verwaltungspersonal (Dienstrechtsreform) und bei den Verwaltungsaufgaben (Privatisierung, Entbürokratisierung) sei nun die von den Verwaltungen verwendete Arbeitstechnik an der Reihe, Reformanstöße zu liefern.

"Die Verwaltung der Zukunft" soll aus dieser Perspektive betrachtet werden. Dabei muß eine Einschätzung des Verwaltungsstandorts den Rahmen abgeben, wie ihn der Übergang in eine "lnformationsgesellschaft" mit sich bringen könnte.

Informationstechnologien der Zukunft – Neue Aufgaben für Staat und Gesellschaft
Univ.-Lektor Dr. Norbert Rozsenich

Das Thema provoziert die Frage, wie Staat und Gesellschaft ihre bisherigen Aufgaben im Zusammenhang mit der Entwicklung der Informationstechnologien definiert und erfüllt haben. Anfang der achtziger Jahre standen in diesem Zusammenhang vor allem zwei Probleme auf der Tagesordnung:
  1. Nutzung des wirtschaftlichtechnischen Innovationspotentials dieser neuen Technologien.

  2. Schaffung von Rahmenbedingungen, um arbeitsplatzbezogene und soziale negative Auswirkungen zu vermeiden.
Mit Perspektive auf die neunziger Jahre werden zusätzliche Problemfelder sichtbar, die von der Verschmelzung der Informationsverarbeitungs-, Informationsübertragungs- und Reproduktionstechnologien abgeleitet werden können: Value Added Networks, Tele-Software, computerunterstützter Fernunterricht, Electronic Publishing, Factory Automation. In dramatischer Weise werden klassische Fertigungstechnologien und Betriebs- und Organisationsstrukturen (auch im Dienstleistungssektor) betroffen sein. Im Sinne des Symposiums der OCG anläßlich ihres zehnjährigen Bestehens (Laxenburg, November 1985) glaubt der Vortragende jedoch nicht an die naturgesetzliche Notwendigkeit technischer Entwicklungen, sondern an die menschenwürdige Gestaltbarkeit moderner Technologien.

Strukturwandel und ökonomische Bedeutung der Informationstechnik
Dipl.-Ing. Leo A. Nefiodow

Daß die Gesellschaften der Zukunft ihre Antriebsenergie maßgeblich aus der Ressource "Information" beziehen werden, gilt gegenwärtig als unbestritten. Zahlreiche Indikatoren belegen diese These: Über 60 Prozent der Beschäftigten in den USA sind mittlerweile mit dem Erzeugen, Sammeln, Verarbeiten oder Verteilen von Informationen beschäftigt. In Amerika sind heute mehr Menschen an Universitäten tätig und angestellt als in der Landwirtschaft. Auf der volkswirtschaftlichen Ebene ist die Entstehung der Informationsgesellschaft eines der wichtigsten Kennzeichen des Strukturwandels.

In diesem Transformationsprozeß kommt der Informationstechnik eine wachsende Bedeutung zu. Die Leistungsfähigkeit vieler Branchen wird bereits heute von ihrem Gehalt an Informationstechnik bestimmt. Vier ökonomisch-relevante Wirkungen sollen unterschieden werden:
  • IT als Endprodukt (z.B. DV-Systeme)

  • IT als Komponente (z.B. im Automobilbau)

  • IT als Entwurfshilfsmittel (z.B. CAD im Maschinenbau oder EDV-Anwendung)

  • IT-Systeme in der Endanwendung (z.B. im Finanz- und Rechnungswesen)
Ein beträchtlicher wirtschaftlicher Effekt ist in Zukunft außerhalb der informationstechnischen Industrie im engeren Sinne zu erwarten, nämlich dort, wo die breitgefächerte Anwendung der Informationstechnik neue Märkte für Güter, Wissen, Finanzen, Produktionstechniken und Dienstleistungen erschließen wird.

Es soll aufgezeigt werden, daß der Strukturwandel sowohl im sekundären als auch im tertiären Sektor im wesentlichen von der Ausbreitung der Informationstechnik bestimmt wird.

Innovation und Qualifikation - Betriebliche und politische Strategien
Dr. Hans-Herbert Wilhelmi

Eine einfache Formel lautet: Maschinen haben die Kraft des Menschen verstärkt, Informationstechnik verstärkt die Intelligenz des Menschen. Die programmierbare Informationsverarbeitung für jedermann ist heute kein Schlagwort mehr, sondern Realität bei Herstellern und Nutzern aller Art. Wissenschaft und Technik treiben diesen Prozeß weiter voran; die Wirtschaft setzt ihn um in neue Produkte oder neue Produktionsverfahren. Diese sind zum Teil zugleich neue Arbeitsmittel oder Arbeitsverfahren.

Innovationskonkurrenz kennzeichnet den internationalen Wettbewerb zwischen entwickelten Industrieländern, aber auch zwischen ihnen und zum Markt drängenden Schwellenländern. Die rasche Beherrschung und wirtschaftliche Nutzung neuer Technologien stellt eine wichtige Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg dar. Zwischen Innovation und Qualifikation besteht ein grundlegender Zusammenhang. Einerseits wandelt sich die Rolle des Menschen im Wirtschafts- und Arbeitsprozeß, andererseits gibt es schon Beispiele dafür, daß die Anwendung neuer Technologien zur Humanisierung der Arbeitswelt beitragen und etwa die weit vorangetriebene Arbeitsteilung wieder rückgängig machen kann.

Das Motto "keine Innovation ohne Qualifikation" meint, daß die Situation und die Bedürfnisse aller beteiligten Personen zu bedenken sind – vom Management bis zu den Un- oder Angelernten. Das bedeutet eine außerordentliche Herausforderung an das Bildungssystem, an die allgemeine wie an die berufliche Bildung gleichermaßen. Öffentliche Bildungseinrichtungen und Betriebe sind aufgerufen, sich dieser Herausforderung zu stellen. Priorität wird in den nächsten Jahren die berufliche Weiterbildung erlangen. Hier dürfen nicht nur berufs- und arbeitsplatzbezogene Maßnahmen im Vordergrund stehen; vielmehr müssen gleichzeitig Status-, Hierarchie-, Flexibilitäts- und Mobilitätsprobleme angegangen werden, um den Mitarbeitern in den Betrieben die Chance zu geben, die Veränderungen auch verantwortlich mitzutragen.