Geleitwort
'Hugo Schanovsky
Hugo Schanovsky
Zum Geleit!
Wieder steht ein reich ausgestatteter Führer durch das Gesamtprogramm der diesjährigen Ars Electronica 84 dem Publikum zur Verfügung und findet wohl auch entsprechendes Käuferinteresse.
Die leitmotivische Dominante, unter welche das Linzer Sonderfestival im Rahmen des "Internationalen Brucknerfestes", die Ars Electronica, seit der Einführung im Jahre 1979 gestellt ist, zeigt sich eigentlich als Dreiklang, der aus den Begriffen "Kunst, Technologie, Gesellschaft" ein Ganzes formt.
Das Programm auch dieser jüngsten, bisher fünften Ars Electronica, die seit 1982 im Zweijahresrhythmus abgewickelt wird, ist — wie bisher gewohnt — ein gezielt progressives, auf die Zukunft ausgerichtetes; das Experiment, das Suchen nach neuen verbindlichen Formen und Erscheinungsweisen der Kunst spielt darin eine wichtige Rolle.
Ein weiteres grundsätzliches Charakteristikum jeder Ars Electronica soll es in Linz sein, daß die veranstalterischen Aktivitäten, die gleichermaßen künstlerische und wissenschaftliche, in Wirtschaftsbereiche fortwirkende sind, auch neue, dem herkömmlichen Konzertbetrieb eher fernstehende Publikumsschichten erfassen.
Dies geschieht heuer auf zweierlei Weise: Erstens taucht als neuer Schauplatz das alternative Kulturzentrum "Posthof" auf, und zweitens wurde eine in letzter Zeit überaus rege kulturelle Randgruppierung, die sich in der "Linzer Stadtwerkstatt" deklariert, mit mehreren Einzelveranstaltungen beziehungsweise Aktivitäten voll in den Gesamtfächer der übrigen Darbietungen eingebunden.
Nicht weniger als sieben einschlägige Uraufführungen stehen auf dem heurigen Programm. Man wird konfrontiert mit der "ersten großen elektronischen Video-Oper" von Peter Weibel, mit einer "turbulenten Operette in elektroakustischer Manier" der beiden Linzer Gestalter Bogner/Altmüller und der Wiener Elektronik-Musik-Experten Mechtler/Egger/Schu im neuen "Posthof". Das von früheren Linzer Brucknerhaus-Uraufführungen her bereits vertraute Duo Bognermayr/Zuschrader realisiert im Neuen Dom sein Oratorium "Bergpredigt".
Der eigentliche programmatische Souverän dieser Ars Electronica ist freilich der Japaner Isao Tomita. Sein monumentales Open-air trägt den Titel "Das Universum" und unternimmt den Versuch, unter Miteinbezug der Donaulandschaft vor dem Brucknerhaus mit "Licht, Laser und Feuer" im Zusammenspiel mit einem riesigen, elektronische Klänge transportierenden Lautsprecher-Equipment eine Art von Universalgeschichte der Welt und des Menschen zu beschwören.
Weitere Schwerpunkte schaffen dann, immer noch als exklusive Uraufführungen, eine Science-fiction-Projektion von Thomas Pernes und dem Tanztheater Wien mit einer Vorausprojektion auf das Jahr 2081, das von dem jungen New Yorker Komponisten Glenn Branca und seinem Ensemble geschaffene Werk "Describing Planes Of An Expanding Hypersphere" sowie eine "mythologisch-elektronische Performance mit lebenden elektronischen Bildern" der Pariser Gruppe Transcenic/Théâtre d'en Face; diese letztere Präsentation trägt den Titel "Kollisionen".
Der belgische Elektronik-Musiker Leo Küpper wird schließlich noch im Brucknerhaus eine variabel gesteuerte Klangkuppelinstallation verwirklichen.
Ein Markenzeichen, das die Ars Electronica bisher bereits in aller Welt bekannt gemacht hat, ist die als Brücke zum jeweiligen Brucknerfest fungierende "Klangwolke", die heuer, als Gegengewicht zum eröffnenden Open-air von Tomita, zugleich die Schlußveranstaltung der Ars Electronica 84 signalisiert:
Heuer wird über der ganzen Stadt Beethovens Neunte Symphonie, wiedergegeben von der Zagreber Philharmonie unter der Leitung von Milan Horvat, zu hören sein, ein Appell auch für den Frieden in aller Welt, der in unserer Mitverantwortung steht.
Der wissenschaftliche Rahmen der Ars Electronica scheint heuer von besonderer Gediegenheit zu sein:
Man wird sich eingehend mit dem Workshop über "Die digitale Kunst" bei stärkster internationaler Beteiligung im ORF-Landesstudio Oberösterreich, ebenso jedoch auch mit je einem Symposion über "Die Zukunft Österreichs — Das Leben im Jahre 2019", also genau 35 Jahre nach George Orwells "1984", und über die Auswirkungen der "Mikroelektronik für den Menschen" auseinandersetzen müssen. Diese letztere Veranstaltung ist in erster Linie dem jungen Forschungsinstitut für Mikroprozessortechnik an der Johannes-Kepler-Universität Linz zu verdanken, basiert jedoch auf einer weiteren intensiven Zusammenarbeit mit LIVA und ORF.
All das zeigt deutlich den hohen Anspruch, welchen die Ideenbringer und Organisatoren mit einer bestmöglichen Präsentation der Ars Electronica 84 verbinden.
Ihnen allen sei herzlich gedankt, und dieser Dank ist schließlich an die Finanzmeister und Förderer dieser eigenwilligen Biennale weiterzugeben, denn wenn auch die Stadt Linz die Hauptlast der Veranstaltung trägt, so bleibt sie doch auf die wohlwollende Mithilfe öffentlicher Subventionsgeber angewiesen.
Man kann nur hoffen, daß sich auch das Publikum seiner ihm gebotenen Chance zum Besuch und zur Mitfinanzierung durch entsprechenden Kartenkauf bewußt ist. Menschenfreundlicher, im Sinne von frei zugänglichen Veranstaltungen, als dies jetzt gehandhabt wird, läßt sich nämlich kaum ein Festival präsentieren.
Prof. Hugo Schanovsky Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz
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