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Ars Electronica 1984
Festival-Programm 1984
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Festival 1979-2007
 

 

Mikroelektronik für den Menschen
Chancen und Perspektiven für Wirtschaft, Bildungswesen und Medizin



Dienstag, 11. September 1984, bis Donnerstag, 13. September 1984
Johannes Kepler Universität Linz

INTERNATIONALE FACHTAGUNG, veranstaltet vom Forschungsinstitut für Mikroprozessortechnik (FIM) der Johannes Kepler Universität Linz gemeinsam mit der Linzer Veranstaltungsgesellschaft mbH und dem Österreichischen Rundfunk, Landesstudio Oberösterreich.

PROGRAMMKOMITEE:
Prof. Dr.-Ing. Utz G. Baitinger, Universität Karlsruhe (TH)
Univ.-Doz. Dr. Gerhard Chroust, IBM Wien
Fraser G. Duncan, University of Bristol
o. Univ.-Prof. Dr. Richard Eier, Technische Universität Wien
o. Univ.-Prof. Dr. Hans Leopold, Technische Universität Graz
Prof. Dipl.-Ing. Fred Margulies, IFAC Laxenburg
o. Univ.-Prof. Dr. Hermann Maurer, Technische Universität Graz
o. Univ.-Prof. Dr. Jörg R. Mühlbacher, Universität Linz
o. Univ.-Prof. Dr. Fritz Paschke, Technische Universität Wien
o. Univ.-Prof. Dr. techn. Arno Schulz, Universität Linz
o. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Hartwig Thim, Universität Linz

TAGUNGSLEITER: o. Univ.-Prof. Dr. Jörg R. Mühlbacher
Forschungsinstitut für Mikroprozessortechnik (FIM)
Johannes Kepler Universität Linz
A-4020 Linz/Österreich
Tel. (0732) 231381/440

Dienstag, 11. September 1984, 9 bis 18 Uhr
Johannes Kepler Universität

Hauptvorträge:
9 Uhr (Hörsaal 1):
o. Univ.-Prof. Dr. Jörg R. Mühlbacher (Universität Linz): Mikroelektronik für den Menschen

9.30 Uhr (Hörsaal 1):
Prof. Dr. Otto G. Folberth (IBM Laboratorien Böblingen): Perspektiven der digitalen Mikroelektronik

10.30 Uhr (Hörsaal 1):
Prof. Dr. Johann Löhn (Regierungsbeaufragter für Technologietransfer Baden-Württemberg): Strukturwandel und Chancen in der mittelständischen Wirtschaft

11.15 Uhr (Hörsaal 1):
o. Univ.-Prof. Dr. Hans Leopold (Technische Universität Graz): Über die Zusammenarbeit von Industrie und Gewerbe mit außerbetrieblichen Forschungseinrichtungen

Themenkreise der sonstigen Vorträge:
Strukturwandel in der Wirtschaft (Hörsaal 1)
Büroautomation (Hörsaal 2)
Softwaretechniken (Hörsaal 3)
Umweltschutz (Hörsaal 4)

o.Univ.-Prof. Dr. Jörg H. Mühlbacher:
MIKROELEKTRONIK FÜR DEN MENSCHEN
Ausmaß und konzeptive Qualität der Anwendung der Mikroelektronik werden die internationale Konkurrenzfähigkeit weiter Bereiche von Österreichs Industrie und Gewerbe im nächsten Jahrzehnt beeinflussen. Dieser Einfluß zeigt sich insbesondere in Gestalt eines Strukturwandels, der in neuen Produkten und damit verbundenen Firmenneugründungen, in der Umgestaltung von Arbeitsplätzen bis hin zu allgemeinen soziokulturellen Veränderungen bemerkbar wird. Angesprochen von diesem Entwicklungstrend sind daher nicht nur Wissenschafter und Anwender der Mikroelektronik, sondern wir alle, die wir durch die stürmische "Informatisierung der Gesellschaft" von den Veränderungen betroffen sind.

Wir halten fest, daß Mikroelektronik eben bei weitem mehr ist als die Möglichkeit, viele Transistoren auf einem kleinen Halbleiterplättchen unterzubringen, um dadurch bisher in konventioneller Bauweise im Prinzip auch schon mögliche Bauelemente bzw. Schaltungen durch entsprechend kompaktere, "integrierte", zu ersetzen. Unter Mikroelektronik ist ein breites Band an Einzeldisziplinen zu subsumieren. Die Chancen von Forschung, Entwicklung und Anwendung der Mikroelektronik bestehen in einem integrativen Zugang. Deshalb bietet die Tagung ein breites Spektrum an Schwerpunkten, wobei sich der Bogen von rein wirtschaftspolitischen Fragestellungen über neue Informationsmedien wie Bildschirmtext bis hin zur Büroautomation und zu soziologischen Themen erstreckt.

Der Tagungstitel "Mikroelektronik" hat den wichtigen Zusatz "für den Menschen", um hervorzuheben, daß der Mensch im Mittelpunkt steht. Daher ist auch den Anwendungen der Mikroelektronik in der Medizin und im Umweltschutz ein besonderer Platz eingeräumt.

Universitäten sind in den letzten Jahren immer mehr zu einem in der Öffentlichkeit stehenden Wirtschaftsfaktor geworden und müssen zusätzlich zu den reinen Forschungsaufgaben auch aktiv an deren Umsetzung in direkter Kooperation mit der Wirtschaft interessiert sein.

In diesem Sinne haben wir vom Forschungsinstitut für Mikroprozessortechnik die Durchführung dieser Tagung übernommen.
Prof. Dr. Rer. Nat. Otto Gert Folberth:
PERSPEKTIVEN DER DIGITALEN MIKROELEKTRONIK
Die Entwicklung digitaler Systeme erlebte in den letzten 25 Jahren einen außerordentlichen Aufschwung. Dies wurde ermöglicht durch einen gleichlaufenden Aufschwung bei der Halbleitertechnologie. Die Entwicklungen verliefen weitgehend synergetisch: Jeder Fortschritt in der Silizium-Technologie konnte umgemünzt werden in bessere Systeme. Damit wurden neue Anwendungen und Märkte erschlossen, die so erwirtschafteten Mittel – wiederum – erlaubten eine verstärkte Entwicklung der Technologie usw. In diesem Wechselspiel konnten praktisch alle wesentlichen Eigenschaften digitaler Systeme um Größenordnungen verbessert werden.

Die Gesamtentwicklung dürfte jedoch erst am Anfang stehen: Die Integrationsdichte der Schaltungen wird noch weiter gesteigert werden und nach wie vor einen starken Einfluß auf die Entwicklung digitaler Systeme haben. Die Verfügbarkeit von vielen billigen Schaltelementen durch fortschreitende Miniaturisierung und Steigerung des Integrationsgrades bei gleichzeitig immer schwieriger und komplizierter werdendem Design und topologischer Implementierung (Verdrahtung) verschiebt die Entwicklungsschwerpunkte.

Die gesellschaftlichen Auswirkungen der Mikroelektronik sind heute noch nicht voll abzusehen. Mit Sicherheit ergeben sich größere berufliche Umschichtungen und neue Formen der Kommunikation, die auch nachhaltig auf die Freizeitgestaltung einwirken werden. Die Mikroelektronik erlaubt dabei vielfältige, breitgestreute, flexible Lösungen.
Prof. Dr. Johann Löhn:
STRUKTURWANDEL UND CHANCEN IN DER MITTELSTÄNDISCHEN WIRTSCHAFT
Analyse mittelständische Wirtschaft
Welches sind die Stärken und Schwächen, insbesondere der mittelständischen Industrie, hinsichtlich der neuen Technologien.

Analyse neue Technologien
Welches sind die Strukturmerkmale der neuen Technologien, insbesondere von Mikroelektronik, Kommunikationstechnik, Informationsverarbeitung und Fertigungstechnik.

Strategien
Welches sind weltweit die Strategien, insbesondere aus der Sicht High Tech, Massenware, reife Produkte, Anwendungen und Dienstleistungen.

Massnahmen
Welche Maßnahmen sind zu treffen, insbesondere für Ausbildung, Beratung, Forschung und Entwicklung, Existenzgründung, Kooperation, Finanzierung und Förderung.
o. Univ.-Prof. Dr. Hans Leopold:
ÜBER DIE ZUSAMMENARBEIT VON INDUSTRIE UND GEWERBE MIT AU?ERBETRIEBLICHEN FORSCHUNGSEINRICHTUNGEN
Die ständige Verbesserung gegenwärtiger Produkte und die Einführung neuer Produktionszweige sind die Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit von Geräte- und Anlagenherstellern, besonders in Hinblick auf den internationalen Markt. Dazu ist ein von der Produktsparte abhängiges Forschungs- und Entwicklungspotential notwendig, das vielen Klein- und Mittelbetrieben nicht zur Verfügung steht. Sollen bei der Einführung von Produkten neue Wege beschritten werden wie der Einsatz der Mikroelektronik oder anderer zur Zeit im Hause noch nicht verfügbarer Technologien (sogenannte diskontinuierliche Innovation), stehen auch größere Betriebe an der Grenze ihrer F+E-Resourcen. Daneben werden oft zusätzliches Wissen und Können für die Produktfindung, die Vorbereitung einer neuen Fertigung, deren Rationalisierung und Automatisierung, die Qualitätskontrolle, die Vermarktung und die kundenspezifische Applikation der neuen Produkte benötigt. Angesichts solcher Problemstellungen erscheint es für viele Unternehmungen sinnvoll, die Zusammenarbeit mit außerbetrieblichen Forschungseinrichtungen zu suchen.

Auf der anderen Seite existieren in Österreich relativ viele Forschungseinrichtungen verschiedener Rechtsträger, die je nach ihrer Struktur mehr oder weniger als Kooperationspartner der genannten Unternehmungen geeignet erscheinen. Die Palette reicht von den Universitätsinstituten über außeruniversitäre Institutionen verschiedenster Zielsetzung bis zu den Unternehmensberatern und Ziviltechnikern. Eine ganze Reihe dieser potentiellen Know-how-Quellen sind auf eine Zusammenarbeit mit Industrie- und Gewerbebetrieben nicht ausdrücklich vorbereitet, obwohl sie vom Ausbildungsstand ihrer Mitarbeiter her gesehen besonders qualifiziert erscheinen. Es ist daher relativ schwierig, gerade mit diesen Institutionen in Kontakt zu treten.

H. Leopold versucht, eine Brücke zwischen den präsumptiven Kooperationspartnern zu schlagen. Es wird die Ausgangsposition beider beleuchtet und auf die organisatorischen Probleme eingegangen, die den beiderseitigen Lernprozeß der Kooperationspartner und Motivationsfragen einschließen. Dabei werden Interessenskonflikte nicht übersehen: Etwa das Gegensatzpaar Publikationszwang des universitären Forschers und die Geheimhaltung im Interesse des industriellen Auftraggebers, die Bewertung der Auftragsforschung in bezug auf die akademische Qualifikation, die Ablehnung fremden Gedankengutes durch innerbetriebliche Entwickler (das "not invented here Syndrom") oder die Probleme bei der Definition des Begriffes fertigungsreifer Prototyp.

Mittwoch, 12. September 1984, 9 bis 18 Uhr
Johannes Kepler Universität

Hauptvorträge:
9 Uhr (Hörsaal 1):
Univ.-Doz. Dr. Heinz Fischer (Bundesminister für Wissenschaft und Forschung, (Wien): Mikroelektronik für den Menschen – das Forschungs- und Technologiekonzept der Österreichischen Bundesregierung

9.45 Uhr (Hörsaal 1):
o. Univ.-Prof. Dr. Gerhart Bruckmann (Universität Wien): Mikroelektronik und Wirtschaftsstruktur

Themenkreise der sonstigen Vorträge:
Strukturwandel in der Wirtschaft (Hörsaal 1)
Mikroelektronik in der Medizin (Hörsaal 2)
Bildschirmtext (Hörsaal 3)
Der Mensch im automatisierten Arbeitssystem (Hörsaal 7)
Univ.-Doz. Dr. Heinz Fischer:
MIKROELEKTRONIK FÜR DEN MENSCHEN - das Forschungs- und Technologiekonzept der Österreichischen Bundesregierung
Den heutigen Stand der Mikroelektronik verdanken wir in hohem Maße der kulturhistorisch gesehen sehr kurzen Geschichte des Computerbaues. Bereits der erste programmierbare Rechner – er war noch mit Relais aus der Telephonie bestückt, hatte also mit Elektronik noch gar nichts zu tun – wurde im Zweiten Weltkrieg für militärische Fernlenkzwecke eingesetzt. Die Entwicklung ging über die raum- und energieverschlingenden Elektronenröhrencomputer zu den transistorisierten Rechenanlagen, deren Leistungsfähigkeit weiter gesteigert wurde durch die Verwendung von integrierten Schaltkreisen. Gemeinsam mit Massenspeichern und ausgeklügelten Zugriffsmethoden waren diese von Wirtschaft und Verwaltung zumeist zentral eingesetzten Computer so leistungsfähig, daß Ende der sechziger Jahre/Anfang der siebziger Jahre die ersten Datenschutzüberlegungen einsetzten, um die Menschen vor Auswirkungen einer hemmungslosen Computerisierung zu schützen, und Österreich erhielt Mitte der siebziger Jahre als eines der ersten Länder eine Datenschutzgesetzgebung.

Etwa zu dieser Zeit wurden Anstrengungen – gefördert durch militärisches Interesse – zur Leistungserhöhung durch Miniaturisierung und dieser angepaßte Herstellungsverfahren als "mikroelektronische Technologie" bekannt, deren Anwendungsgebiet noch sehr eingeschränkt gesehen wurde. Erst das revolutionierende Auftauchen von Mikrochips in höchst zivilen Produkten wie Armbanduhren, Kleinstrechnern und später Mikrocomputern ließ erkennen, daß nicht ein neuer Industriezweig oder eine neue Verfahrenstechnik vorliegt, sondern daß diese neue Technologie in verschiedene Produkte, Herstellungsverfahren und Anwendungen einzudringen imstande ist und daher nicht als technisches, sondern auch als gesellschaftliches Phänomen gesehen werden muß.

Das Wissenschaftsministerium gab früh eine "Mikroelektronikstudie" in Auftrag und verstärkte die einschlägige Lehr- und Forschungskapazität, um die Voraussetzungen für eine Nutzung dieser neuen Technologie in allen Branchen und Anwendungsbereichen zu schaffen. In die Forschungskonzeption für die 80er Jahre wurde ein Schwerpunktkapitel "Mikroelektronik und Informationsverarbeitung" aufgenommen; Anfang 1984 wurde von der Bundesregierung das Mikroelektronik-Förderungsprogramm beschlossen, welches auf eine verstärkte Kooperation zwischen industriellen und gewerblichen Betrieben mit universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen abzielt, um Strukturverbesserung und Steigerung der internationalen Konkurrenzfähigkeit der österreichischen Wirtschaft zu erreichen. Dabei werden solche kooperationelle Projekte bevorzugt, bei denen entsprechende sozialwissenschaftlich fundierte Begleitmaßnahmen unter Mitwirkung der Belegschaftsvertreter bei der Einführung neuer Technologien auf betrieblicher Ebene (z.B. Industrierobotereinsatz, Büroautomatisierung) eingeplant sind.
o. Univ.-Prof. Dr. Gerhart Bruckmann:
MIKROELEKTRONIK UND WIRTSCHAFTSSTRUKTUR
Die durch die Mikroelektronik charakterisierte gegenwärtige Phase der industriellen Revolution wird zweifellos unser Dasein materiell erleichtern; wie jede frühere Phase auch, wird sie menschliche Arbeit überflüssig machen. Während jedoch in früheren Phasen die freiwerdenden Arbeitskräfte in anderen Sektoren Beschäftigung finden konnten, da das Sozialprodukt entsprechend stark stieg, werden bei nunmehr nur noch schwach steigendem Sozialprodukt freiwerdende Arbeitskräfte in Hinkunft nicht mehr im selben Ausmaß Beschäftigung finden können. Diese "Wohlstandsarbeitslosigkeit", an deren Beginn wir stehen, bietet jedoch, richtig gesehen, große Chancen: Das Sozialprodukt wird groß genug sein, um neue Tätigkeiten in bislang vernachlässigten Sektoren, wie etwa Altenpflege, Behindertenbetreuung, Umwelt- und Katastrophenschutz u.ä.m. zu finanzieren. Richtig gestellt, muß die Frage daher nicht lauten, wie sich die Mikroelektronik auf unsere Wirtschaftsstruktur auswirken wird, sondern, wie sie sich auswirken kann bzw. soll. Eine an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften durchgeführte Studie hat ergeben, daß sich in Österreich innerhalb von wenigen Jahren ein Unterschied von 300.000 Arbeitsplätzen ergibt, je nachdem, wie zielbewußt die durch die Mikroelektronik gebotenen Chancen wahrgenommen werden oder nicht. Nach Charles Sable ist die erfolgversprechendste Strategie die der "Flexiblen Spezialisierung", der Verlagerung der Konkurrenz vom Preis zur Definition des Produktes. Richtig eingesetzt, kann die mikroelektronische Revolution darüber hinaus zur Verringerung der Verwundbarkeit unseres Gesellschaftssystems und auch zur Verringerung des Ressourcenverbrauches (und damit der Umweltproblematik) genutzt werden.

Donnerstag, 13. September 1984, 9 bis 18 Uhr
Johannes Kepler Universität

Hauptvorträge:
9 Uhr (Hörsaal 1):
Prof. Herbert Krejci (Vereinigung Österreichischer Industrieller, Wien): Wider die Angst vor der Mikroelektronik

9.45 Uhr (Hörsaal 1):
Abgeordneter z. NR. Helmut Braun (Gewerkschaft der Privatangestellten, Wien): Für die Hoffnung auf die Mikroelektronik: Zuversicht ist gut, Mitbestimmung ist besser!

Themenkreise der sonstigen Vorträge:
Strukturwandel in der Wirtschaft (Hörsaal 1)
Mikroelektronik in der Medizin (Hörsaal 2)
Bildschirmtext (Hörsaal 3)
Mensch und Gesellschaft zwischen Furcht und Hoffnung (Hörsaal 7)
Professor Herbert Krejci:
WIDER DIE ANGST VOR DER MIKROELEKTRONIK
Die Akzeptanz der modernen Techniken, damit auch der Mikroelektronik, ist ein Zentralproblem nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für die Gesellschaft insgesamt, ja sogar für den Bestand demokratischer Lebensformen. Da die Erreichung eines höchstmöglichen Beschäftigungsgrades eine Voraussetzung des sozialen Friedens, damit einer weitgehend konfliktfreien Lösung der Aufgaben einer Wirtschaft und Gesellschaft im Übergang zu neuen Lebensformen, ist, hängt die Existenz einer demokratischen Gesellschaft entscheidend auch von der Einstellung der Bevölkerung zur Technik ab. Unter diesem Aspekt ist die Bekämpfung der Angst vor der Mikroelektronik, vor allem einer bewußt genährten Angst, mehr als nur eine Frage der Wettbewerbsfähigkeit eines Landes, sie wird zur demokratiepolitischen Aufgabe.

Der Einsatz der Mikroelektronik ist auch in Österreich unverzichtbar. Dies stellt nicht nur eine Herausforderung für die Wirtschaftspolitik, sondern insbesondere auch für ein koordiniertes Verhalten der Sozialpartner und Änderungen des Führungsstils in den Unternehmen dar. Eine wesentliche Voraussetzung für die Akzeptanz dieser neuen Technik ist die aktive Mitwirkung der Bildungspolitik.
Abgeordneter zum Nationalrat Helmut Braun:
FÜR DIE HOFFNUNG AUF DIE MIKROELEKTRONIK: ZUVERSICHT IST GUT, MITBESTIMMUNG IST BESSER!
Symbol Bildschirmarbeit:
Die Frage, mit welchen Risken und Chancen die Einführung von neuen Informations- und Kommunikationstechnologien verbunden sind, beschäftigt die Gewerkschaftsbewegung und hier vor allem die Gewerkschaft der Privatangestellten seit langer Zeit. Die Ansatzpunkte und Fragestellungen in diesem Zusammenhang haben sich allerdings sehr stark geändert.

Die primäre Beschäftigung mit dem Problem EDV galt dem Bildschirm. Fragen der Augenbelastung, der Ergonomie wurden in Österreich bereits vor mehr als zehn Jahren diskutiert und Untersuchungen darüber angestellt. Und es wurde versucht, die Ergebnisse in den Betrieben umzusetzen. Wie schwierig die Umsetzung ist, zeigt die Tatsache, daß sich Maßnahmen wie die Einbeziehung der Bildschirmarbeit in das Nachtschicht-Schwerarbeitsgesetz als "Schwerarbeit" und der Bildschirmerlaß des Zentralen Arbeitsinspektorats in den Betrieben eher langsam realisiert wurden.

Trotz all der notwendigen Bemühungen hat sich gezeigt, daß das Symbol Bildschirm nur die Spitze des Eisberges, das Endgerät von umfassenden Systemen ist, die sich aus der Kombination von Hardware, Software, Daten und Arbeitsorganisation ergeben.

Der Rationalisierungsdruck steigt:
Um den gesamten Problemkreis, der mit den neuen Technologien zusammenhängt, erkennen zu können, muß man weit über die Betrachtungen dieser Technologien als Arbeitsmittel hinausgehen und ihre Eigenschaften als Informations-, Organisations- und als Steuerungs- und Kontrolltechnologien im Gesamtzusammenhang unternehmerischer Rationalisierungsstrategien und technischer Möglichkeiten sehen.

Personalkostensenkungen und Verringerung der Durchlaufzeiten sind primäre Ziele der Rationalisierungsinvestitionen. Besonders lohnend erscheint die technisch-organisatorische Rationalisierung in den Büro- und Dienstleistungsbereichen, die sich kontinuierlich ausgedehnt haben, wo die Gemeinkosten gestiegen sind und langsame Produktivitätssteigerungen kennzeichnend waren. Die Voraussetzungen für Computereinsatz werden nämlich hier immer günstiger: Organisatorische Rationalisierungen bieten die Basis, das Preis- und Leistungsverhältnis der informationstechnischen Geräte wird immer günstiger, die Vernetzung der Systeme durch Datenverarbeitung und Verkabelung schreitet voran.

Gewerkschaftliche Forderungen:
Gerade angesichts der Komplexität der Systeme können wir uns nicht damit begnügen, defensiv die Auswirkungen von Rationalisierung zu mildern, wenn wir die schwierigen Probleme der Zukunft meistern wollen.

Durch die Erweiterung der Mitbestimmungsrechte für die Arbeitnehmer können die Gefahren, die durch die neuen Technologien oder Produktionsmethoden Einfluß auf die Arbeitsbedingungen haben, in ihren Ansätzen erkannt und verhindert werden. Vor den ökonomischen und technischen Zielen muß der Mensch Vorrang haben.

Um die großen Chancen zu nützen, die mit der modernen Technik verbunden sind, und andererseits die großen Gefahren zu vermeiden, die sich daraus ergeben können, ist die volle Mitbestimmung der Angestellten und ihrer Interessenvertreter bei allen technischen und organisatorischen Entscheidungen unerläßlich.