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Ars Electronica 1984
Festival-Programm 1984
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Festival 1979-2007
 

 

Stadtwerkstatt / Veranstaltungsblöcke




VERANSTALTUNGSALLTAG
Es ist zu beobachten, daß Musikrichtungen auf einen fast hermetischen Zirkel von Zuhörern beschränkt bleiben, weil sie so stark einem bestimmten Lebensgefühl verhaftet sind, daß sie den Widerspruch anderer Grundhaltungen und Lebensgefühle nicht mehr dulden können. Darbieter und Zuhörer isolieren sich in einspuriger Medienhandhabung.
POSITIVISTISCHE UTOPIE F. E. 2019
Trance, Hingabe, Innigkeit – ekstatische Ekstase, gläubige Gläubigkeit, unvernünftige Unvernunft, heulende und lachende Metaphysik … – jene Energiequellen, die den Urkräften menschlichen Erlebens inne sind, werden vermehrt wachgerufen, wenn die Utopie – "die Zukunftsmusik" – das technische Tuten und Blasen eines weltumspannenden Informations- und Kommunikationsnetzes zu dicht geworden ist.
MOLLO – MOLLA – Schutz der bedrohten Flora und Fauna im Menschen.
Diese Forderung unterstützend veranstaltet die "Kulturvereinigung Friedhofstraße 6" ein erweitertes Programm.

Elektronisierte Musikwelt und Überlieferungen musikalischer Urquellen werden jeweils in einer Veranstaltung zusammengeführt.

So spielt z.B. PINK INDUSTRIE, eine junge Gruppe aus Liverpool, mit "industrial electronic cabaret music" in einem abendfüllenden Veranstaltungsblock mit einem Alphornbläserduo aus der Innerschweiz. – Der Dynamik der synthetischen Magie wird in schillernden Kontrast naturgegebene Magie – MOLLO – MOLLA – gegenübergestellt.

Wir erwarten uns von dieser Gegenüberstellung das Entstehen eines Spannungsbogens zwischen beiden Musikpolen, eine verfeinerte Wahrnehmung und eine bessere Wirkung des einzelnen.
PINK INDUSTRY
ALPHORNBLÄSER
Ernst-Gasser-Duo, Innerschweiz
Sehr geehrter Herr Ritter, Ihre freundliche Einladung zur Teilnahme an der Ars Elektronik mit einem Alphorn-Duo verdanke ich herzlich.

Ich habe mir sehr lange überlegt, wie dieser Beitrag überhaupt gestaltet werden kann. Da das Alphorn durch die Beschränkung auf die Naturtonreihe nicht sehr große Auswahlmöglichkeiten harmonischer Art hat, kann es nach 3 bis 4 Vorträgen leicht langweilig werden. Ich glaube deshalb, dass wir an dieser Veranstaltung von den üblicherweise brav herunterspielten, nach Schema F aufgebauten Vortragsstücken Abstand nehmen sollten.

Ich stelle mir vor, dass wir zuerst einige solche Stücke vortragen, um das in der Schweiz typische Alphornspiel zu zeigen. Im Verlaufe des Programms könnte dann durch Einzelvorträge und im Zusammenspiel etwas experimentiert werden, z.B. durch Improvisieren von Melodien, Ausdruck geben von verschiedenen Stimmungen wie Fröhlichkeit, Melancholie, Aggressivität etc. Dazu eignet sich dieses Instrument hervorragend.

Es gibt auch eine Möglichkeit mit Echo-Blasen und so weiter.
Vielleicht wäre es möglich, dazu kurze Erklärungen abzugeben?

Mit freundlichen Grüßen
Ernst Gasser


Kurzbeschrieb über das Alphorn:
Das Alphorn besteht in seiner Form aus einem ca. 4 m langen, leicht konischen Rohr und einem gebogenen Schalltrichter. Es besitzt weder Löcher noch Klappen zur Veränderung der Tonhöhe, und wird mit einem Mundstück aus Holz angeblasen. Die verschiedenen Töne werden durch veränderte Lippenspannung erzeugt, wie bei jedem anderen Naturton-Instrument mit Kesselmundstück (z.B. Horn, Posaune, Trompete).

Das Alphorn wird aus Fichtenholz hergestellt und die Röhre wird bis zum Schalltrichter mit Peddigrohr umwunden.

In der Schweiz ist dieses Instrument schon seit dem 16. Jahrhundert geschichtlich bezeugt, ist aber bestimmt viel älteren Ursprungs. Vermutlich wurde es ursprünglich als Signalinstrument verwendet.

Das Alphornspiel wird im Einzelvortrag, sowie als Duett, Trio und Quartett gepflegt.
Die Grundstimmung ist meistens in Ges oder As, seltener in anderen Tonarten. Für das Zusammenspiel braucht es immer Instrumente der gleichen Stimmung.

Die Kunst des Alphornblasens wird in der Schweiz seit einigen Jahren wieder stark gepflegt. Es gibt sogar eigentliche Wettbewerbs-Veranstaltungen. Die schönste Art, das Alphorn zu blasen, ist aber das Improvisieren einer Melodie in Gottes freier Alpenwelt.


Ernst Gasser

Nachfolgend eine Auswahl von Duett-Stücken herkömmlicher Art: (Eigenkompositionen)
"Am Chäppli-See"
"Uf em Stockbrunnä"
"Vom Arni-Haggä obä'nappä"
"Mit der Brünigbahn"
"Ises scheen Obwaldä"
etc. etc.


Es ist etwas schwierig, einen genauen Programm-Ablauf zu geben, da viel von der Stimmung im Saal abhängt.


b) GUSZTAV VARGA & EGYUETTES

Ich bin ein Musikant
der Pater soll flicke im Land
und wenn mi d' Musi nimmer freut,
tu i' Pater soll flicka für d' Leut'.
Der Lebensunterhalt des Zigeuners ist das "Finden", denn er findet alles, was er zum Leben braucht, ob er bettelt und Feldfrüchte mitnehmend durch das Land zieht, Igel und Hunde fängt, Weiden für Körbe und Holz für Waschklammern im Wald holt oder Alteisen sammelt.

Die Bedingungen des Industriezeitalters greifen tiefer in die soziale Substanz der Nomadenvölker ein, als alle vorhergehenden Veränderungen ihrer Lebensbedingungen. Bei einer ökonomischen "Einmischung" handelt es sich fast stets um Sammlerfunktionen, die unregelmäßig ohne Entwicklung fester Bindungen und ohne Bildung von Eigentum abgewickelt werden. Vergangenes kümmert sie nicht, und um die Zukunft machen sie sich keine Sorgen, leben ganz und gar in der Gegenwart.

"Wenn ich heut' ein gutes Leben geführt habe, wer weiß ob ich morgen noch lebe."
3 TRIOS – die 3 DÜSENTRIEBS aus dem raum düsseldorf
ZDL – ZIEHUNG DER LOTTOZAHLEN
Ziehung der experimentellen Musik; die "12" ist die Aktion "Projekt C 2". Nicht nur die Instrumente, sondern ein Haufen zusätzlicher Geräuscherreger traktieren. Knisterblech mit Tonsaugern leiten sich über Verstärker gekoppelt mit externen Signalen auf die Zeitmaschine. Die Musikalisierung (Christianisierung) des Geräusches.
VAN BEBBER / HUBWEBER / ROGALLA
Unsere Seh- und Hörgewohnheiten wurden in langen einfach schmerzhaften Lernprozessen gefertigt. Wir sollen in ganz bestimmten Ordnungen bleiben, mit unseren Schlägen und Hämmern, den großen und kleinen Trommeln, den Becken, der Windmaschine, den Pauken, dem tiefen Blechblaserl, der Zuckposaune und dem sündteuren Synthi. Mit diversen Dämpfern experimentieren wir mit der Stimme, Luft und Wasser, und expandieren weiter und suchen weiter … ter … Improvisation! Hören und sehen im Korsett etablierter Eigentumswohnungen.
ELECTRO FUZZ
Harald Borges, Michael Jansen, Paul Hubweber.
Ständig Neues präsentiert die Abteilung "freies Braten". Das für diesmal konzipierte elektronische Klanggetümmel wird in den Ohren des Publikums schwerlich als Melodie verwertbar sein. Geheimnisvolle Waschungen sind keine Sorge in den meisten, teils kleinen Vorgängen.