Science Fiction
'Herbert W. Franke
Herbert W. Franke
Sonntag, 26. September 1982, 10 bis 18 Uhr ORF-Landesstudio Oberösterreich, Publikumsstudio
WORLD-SF-GENERAL MEETING 1982 Anläßlich der zweiten Weltkonferenz der Science-fiction-Schriftsteller in Dublin (Irland) wurde 1978 die Vereinigung World-SF gegründet. Sie ist einzigartig unter den literarischen Organisationen. Die Mitgliedschaft bei World-SF ist für jedermann offen, der sich professionell mit Science-fiction beschäftigt, und ist nicht, wie in vielen anderen Organisationen, auf ein Spezialgebiet beschränkt. Aus diesem Grund zählt World-SF nicht nur Autoren, Herausgeber, Verleger und Übersetzer zu seinen Mitgliedern, sondern auch Lehrer, Komponisten, Filmemacher und viele andere mehr.
World-SF kennt weder nationale noch ideologische Grenzen. Derzeit verfügt die Vereinigung über Vertretungen in zahlreichen außereuropäischen Ländern, wie zum Beispiel in China, Japan, Amerika, Brasilien und Australien sowie in praktisch jedem europäischen Land des Westens wie auch des Ostens.
Publizistisches Organ von World-SF ist der regelmäßig erscheinende "News Letter" und das "Journal" der Vereinigung. Hauptforum ist aber die alljährliche Jahreshauptversammlung, bei der sich die Delegationen aus den verschiedenen Ländern treffen.
Treffpunkt für das General Meeting 1982 ist auf Einladung der Veranstalter von Ars Electronica Linz. Das diesjährige Programm enthält Berichte jedes Mitgliedslandes über Science-fiction-Aktivitäten im jeweiligen Land während des Vorjahres, einen Vortrag in deutscher Sprache über die Entwicklung von Science-fiction, Vorträge von verschiedenen Experten und Workshops, bei denen die Mitglieder von World-SF Gelegenheit haben, über diverse Themen von allgemeinem Interesse zu diskutieren.
Das General Meeting 1982 findet am Samstag, 25. September 1982, im Schillerpark-Hotel Linz, Rainerstraße 2–4, statt, Im Zusammenhang mit dem General Meeting 1982 im Rahmen von Ars Electronica steht das Science-fiction-Workshop am 26. September 1982 im ORF-Landesstudio Oberösterreich, Franckstraße 2 a, Linz.
Gerald Bishop, World SF
SCIENCE-FICTION-WORKSHOP Science-fiction in der Praxis: Film, Video, Comics, Musik
10 Uhr: Science-fiction-Film-Tricks: David Di Francesco und Dr. Alvy Ray Smith (Lucasfilm/Los Angeles)
11 Uhr: Science-fiction-Videos: Michael Weisser (Bremen)
13 Uhr: Science-fiction-Comics: Jean-Pierre Dionnet (Métal Hurlant/Paris)
14 Uhr: Science-fiction und Musik: Univ.-Prof. Dr. Werner Krützfeldt (Hamburg)
15.30 Uhr: Publikumsdiskussion mit Mitgliedern von World-SF Tagesmoderator und Diskussionsleiter: Dr. Herbert W. Franke (München)
20 Uhr: GALAXIE CYGNUS-A (Uraufführung) Musikalisch-optisches Event von Michael Weisser und Robert Schröder
Die utopische Komponente von ARS ELECTRONICA legt eine Verbindung zur Science-fiction nahe, zumindest mit jenem Teil ihrer Thematik, der sich mit den Wirkungen und Rückwirkungen technischer Innovation auf die Gesellschaft beschäftigt.
Man kann es als eine Aufgabe der Science-fiction ansehen, abstrakte futurologische Extrapolationen ins Konkrete umzusetzen und damit zu verdeutlichen.
Diese Art der Einkleidung bringt es mit sich, daß das, was vordem abstrakt und wirklichkeitsfern erschien, auf einmal auf die eigene Existenz bezogen gesehen wird – Stimulation zur kritischen Auseinandersetzung, die in ihrer didaktischen Konsequenz weit über das hinausgeht, was vergleichbare Sparten der Unterhaltungsliteratur mit sich bringen.
Science-fiction ist nicht nur Literatur, sie drückt sich auch in verschiedenen anderen Medien aus. Die Besonderheit des dem Hier und Heute entrückten Themas bringt den Wunsch der Autoren und Produzenten mit sich, auch in der Realisation vom Althergebrachten abzuweichen und neue Wege zu gehen. So erscheint es nicht weiter erstaunlich, daß auch ohne organisierte Verbindung zwischen Science-fiction und elektronischer Kunst viele der bearbeiteten Stoffe direkten Bezug zu den Spielfeldern der Science-fiction, der Zukunft und des Weltraums, haben. Oft genug war der Anstoß zur Entstehung dieser Werke Beschäftigung mit qualitativ hochstehender Science-fiction, und nicht selten ergaben sich dabei auch direkte Verbindungen zwischen den Angehörigen verschiedener Gestaltungsbereiche, etwa jenen der Literatur, der Musik und der bildenden Kunst.
Beobachtungen dieser Art waren es nicht zuletzt, die zu einer bemerkenswerten Initiative einiger Science-fiction-Autoren geführt haben.
Es waren der englische Autor Brian W. Aldiss und der amerikanische Autor Harry Harrison, die 1976 eine erste World Science-fiction Writers Conference organisierten. Sie versuchten damit einen Gegenpol zu den schon seit langem üblichen Science-fiction Fan-Cons zu bilden, deren Bild durch die begeisterten, meist jugendlichen Leser geprägt war und die das Interesse der Schriftsteller zum Gedankenaustausch im alles übertönenden Trubel untergehen ließen. Gerade die Kommunikation erschien notwendiger als je zuvor, denn das lange verachtete Genre der Science-fiction hatte neue Facetten gewonnen – politische, weltanschauliche, sogar literarische.
Erstmals wird bei ARS ELECTRONICA 82 jene Science-fiction im Mittelpunkt stehen, die sich zur Ausarbeitung ihrer Gedanken nicht des gedruckten Papiers, sondern anderer Medien bedient. Die wichtigsten unter ihnen sind Film, Video und Musik sowie die als Comics bekannten Grafiken, die zum Teil in Buchform, aber auch als Filme dargeboten werden.
In einigen dieser Medien sind die Verbindungen zu Science-fiction schon klassisch geworden, beispielsweise im Film, zu dessen ersten Beispielen Werke wie "Metropolis" und "Gold" gehören. Schon damals versuchten die Produzenten auch durch die utopische Kulisse zu beeindrucken: Eine besondere Aufgabe für den Filmtrick, gilt es doch, Szenerien zu zeigen, die es noch nicht gibt, bzw. die von Menschen nicht erreichbar sind. Es ist eine lange Geschichte, die von der Kulissentechnik der Anfänge bis zur Computeranimation führt, die es heute erlaubt, auf vollelektronischem Weg lebensnahe Bilder einer futuristischen Technik zu erzeugen. Schon Kubrik hat in seinem berühmten Science-fiction-Film "2001 – Odyssee im Weltraum" packende Fahrten mit elektronischen Mitteln realisiert. Es dauerte noch mehrere Jahre, ehe andere Filmproduzenten von den weiter entwickelten Möglichkeiten der Computertechnik Gebrauch machten, allen voran George Lucas in seiner "Krieg-der-Sterne"-Serie.
Video-Art ist nicht viel älter als ein Jahrzehnt und daher noch längst nicht so etabliert wie der Film – trotzdem hat es auch hier von Anfang an Ambitionen gegeben, utopische Stoffe zu bearbeiten. Die Video-Kunst ist ein Sproß des Fernsehens, technisch gesehen Beispiel einer elektronischen Technik, die als "analog" bezeichnet wird. Seit den letzten Jahren aber beginnt der Unterschied zur anderen Methode, zur "digitalen", deren Repräsentant der Computer ist, zu verschmelzen. Immer mehr digitale Elemente finden Eingang in die Analogtechnik und umgekehrt. In ähnlicher Weise erfolgt aber auch eine Annäherung zwischen den klassischen Methoden des Films und den neuen des Fernsehens. Alles zusammen wird zu bemerkenswerten neuen Möglichkeiten in der visuellen Gestaltung führen, und ein nicht geringer Teil davon wird dem Science-fiction-Bereich zugute kommen.
Es kann nicht ausbleiben, daß die phantastische Umgebung, in der manche Science-fiction-Handlungen ablaufen, zur grafischen Bewältigung herausfordert. Es gibt heute eine eigene Science-fiction-Kunst, zum Teil als Illustration zur Literatur, oft aber auch eigenständig und unabhängig entwickelt. Science-fiction aber bedeutet Handlung, und so bietet sich für ihre grafische Fassung insbesondere das Mittel der Bildfolge der Comics an. Wie auch in der Science-fiction-Literatur mangelt es nicht an trivialen Beispielen, ebenso wie dort aber haben sich aus dem sumpfigen, aber fruchtbaren Nährboden heraus Ableger entwickelt, die ebenso originell wie künstlerisch hochstehend sind. Sie weisen nur den Nachteil auf, daß sie sich in keine gängigen ästhetischen Moden eingliedern lassen. In enger Beziehung zu dem in Heft- oder Buchform vorliegenden Comics stehen die Zeichentrickfilme, vormals und zum Teil auch heute noch in unzähligen Phasenbildern gezeichnet, demnächst aber aus wenigen Vorlagen heraus auf elektronischem Weg intrapoliert.
Der elektronische Sound in den Klängen der Unterhaltungsmusik ist unüberhörbar, weniger bekannt ist die Tatsache, daß die Anfänge elektronischer Musik hoch seriös von anerkannten klassischen Musikern getragen wurden. Aber damals schon empfand man ihre Ergebnisse als Beispiele für musikalische Äußerungen, wie sie die nähere oder fernere Zukunft für uns bereithalten würde. Die Entwicklung, insbesondere in Richtung auf Rock und Pop, ist andere Wege gegangen, aber immer noch sind es die Mittel der Elektroakustik, die den "Sense of Wonder" der Science-fiction am nachhaltigsten unterstreichen können.
Dr. Herbert W. Franke
LUCASFILM COMPUTER DEVELOPMENT DIVISION George Lucas' Firma, Lucasfilm Ltd., verpflichtete vor zweieinhalb Jahren Ed Catmull als Leiter der Computer Development Division (Computerentwicklungsabteilung). Aufgabe dieser Gruppe ist es, die Filmherstellung durch Einführung digitaler Techniken zu modernisieren. Die ursprünglichen Ansätze zur Lösung dieser Aufgabe durch die rund dreißig Mitglieder der Gruppe werden durch drei Hauptprojekte vertreten: Digitale Audio-Entwicklung, Video-Redaktion und Computer-Graphik. Diese drei Projekte werden in Kürze durch ein viertes ergänzt werden: Spiele. Die Projekte umfassen sowohl Software- als auch Hardware-Fachleute aus den bedeutendsten Institutionen der USA und Europas. Die Projekte bestehen seit etwa einem Jahr und werden in den nächsten ein bis zwei Jahren erste Ergebnisse zeitigen. Insbesondere das digitale Audio-Projekt wird ein voll digitalisiertes Audio-Mischpult produzieren. Das Video-Projekt wird ein plattenunterstütztes, vollkommen computergesteuertes Video-Schneidesystem bauen. Das Computer-Graphik-Projekt arbeitet an einer dreidimensionalen Bild-Synthese-Software und den zur Realisierung nötigen Maschinen. Besonders wichtig ist, daß alle drei Projekte zu einem einzigen Filmerzeugungsinstrument gekoppelt werden, welches seinerseits eng mit dem "herkömmlichen" Spezial-Effekt-System der Lucasfilm Industrial Light and Magics Division verbunden ist.
David Di Francesco Startete seine Karriere im Bereich der Computer-Graphik bei Computer Image Corp. im Jahre 1970, arbeitete mit Alvy Ray Smith bei Xerox PARC zusammen und war ein weiteres Gründungsmitglied des NYIT Computer-Graphics-Laboratorium. Dort war er der Verantwortliche für den Cicomed Film-Drucker und überwachte die Entwicklung einer Film-auf-Video-Abtastmaschine. War verantwortlich für Entwicklung, Redaktion und Schnitt aller Filme im Zusammenhang mit dem Laboratorium. Nach fünf Jahren am NYIT ging er zu JPL, wo er mithalf, ein Film-auf-Video-Übertragungs-Gerät zu entwickeln. Seine Photographien und Filme der Kunstwerke anderer waren im New Yorker Museum of Modern Art und anderen Galerien auf der ganzen Weit ausgestellt.
Alvy Ray Smith Professor für Computerwissenschaften an der New York University und in Berkeley. Begann seine Karriere im Bereich der Computer-Graphik bei Xerox PARC (Palo Alto Research Center) mit der Arbeit am ersten hochentwickelten framebuffer-based Computer-Graphikgerät als Programmierer und Künstler. Ging zu Ed Catmull als eines der Gründungsmitglieder des NYIT- (New York Institute of Technology) Computer-Graphik-Laboratoriums und half dort mit, das Laboratorium zu einer der bedeutendsten Einrichtungen der Welt auf dem Sektor der Computer-Graphik zu machen. Verbrachte fünf Jahre am NYIT und schrieb dort eine Menge Software, darunter das Programm "Paint", das von Ampex derzeit unter dem Titel AVA (Ampex Video Art) verkauft wird. In letzter Zeit arbeitete er am JPL (Jet Propulsion Laboratory) des Cal Tech (Californian Institute of Technology). Veröffentlichte zahlreiche technische Artikel und seine Computer-Graphiken waren in amerikanischen Zeitschriften, TV-Shows und im New Yorker Museum of Modern Art zu sehen.
SF-VIDEO Stichworte zur Konfrontation mit dem Unbekannten
JEDER, DER ZU WISSEN MEINT, WAS SCIENCE-FICTION IST, IRRT GRUNDLEGEND, DENN SCIENCE-FICTION IM WAHREN SINNE DES WORTES LIEGT JENSEITS ALLER VORURTEILE! - Science-fiction ist die geistige Konfrontation mit dem Unbekannten, ist das Bemühen im Umgang mit dem Nicht-Gesehenen, Nicht-Gehörten und dem Nicht-Gefühlten.
Dort, wo Science-fiction konsumierbar geworden ist, hat sie die Bedeutung eines reinen Genußmittels eingenommen und erreicht letztlich nicht mehr, als bestehende Denkweisen und Gefühlsstrukturen zu bestätigen, statt sie in Frage zu stellen.
Dort, wo Science-fiction die Lösung prophezeit, hat sie in ihrer emanzipatorischen Kraft versagt und sich zur bloßen Prostituierten im allgemeinen Warenmarkt der oberflächlichen Täuschung und der leeren Versprechung reduziert. Science-fiction ist Wissenschaftsdichtung, die nicht nur durch die Innovation ihres Inhalts bestimmt ist, sondern deren Verpflichtung darin liegt, neue Medien zum Träger ihrer Aussagen zu suchen. Science-fiction fordert höchste Aufmerksamkeit und beinhaltet höchste Brisanz, weil sie nicht nur eine bloße Erzählung, ein Ablauf von Bildszenen oder eine Abfolge von Stimmen und Klängen darstellt, sondern weil sie auf ein mögliches künftiges Leben aufmerksam macht.
In dem Maß, in dem die Science-fiction in ihrer Phantastik auch mögliche Realität trägt, erzeugt sie eine Dramaturgie der persönlichen Betroffenheit beim Publikum.
- Neue technisch bestimmte Medien sind Ausdruck unserer wissenschaftlich geprägten Welt. Insbesondere die Elektronik hat sich zu einem progressiven Element der Gesellschaft entwickelt, das die Psyche des einzelnen Menschen wie den sozialen Verbund insgesamt nachhaltig bestimmt.
Video ist eine spezielle Technik der elektronischen Bildverarbeitung mit synchron laufendem Ton. Video hat durch den steigenden Gebrauchswert im Filmamateurbereich und besonders durch die nahezu 20jährige Geschichte als Medium in der bildenden Kunst eine Bedeutung gewonnen, die über die TV-Aufzeichnung und die passive Wiedergabe von Spielfilmkassetten hinausgeht. Video ist in der Lage, mehr zu bieten als die Reproduktion von Wirklichkeit. Video schafft in einer aktiven Handhabung wie der Roman, der Film oder das Hörspiel eine zweite, künstliche Welt, mit einer künstlerischen Dramaturgie.
Durch die Möglichkeit, Video mit anderen elektronisch gesteuerten Systemen der Datenverarbeitung zu verbinden, wird diese Technik zu einem idealen Medium der Science-fiction. Grafische oder dreidimensionale Bildabläufe, die je nach Computerprogramm abstrakt oder gegenständlich sein können, erschließen geplante oder durch den Zufall gesteuerte neue Bild- und Klangwelten, mit denen sich das Publikum auseinandersetzen kann.
Soweit man die Aufgabe einer künstlerischen Science-fiction dahingehend versteht, daß sie im Freifeld des Zwecklosen eingefahrene Ziel-Handlungs-Relationen ebenso aufbrechen soll wie die überlieferte Skala von Werten und Normen, ist die Video-SF als Massenmedium in der Lage und prädestiniert, kreative und positive Inhalte zu vermitteln!
SClENCE-FlCTlON-COMIC-STRIPS Global gesehen, gibt es zwei Arten von Science-fiction: die eine, die nach dem Vorbild des französischen Autors Jules Verne vorgeht und jene nach dem des englischen Schriftstellers H. G. Wells. Science-fiction in der Tradition Jules Vernes beinhaltet ein Bildinventar, das von Sprengkörpern, riesigen Robotern, gigantischen Maschinerien bis hin zur Wissenschaft reicht. Seit Jules Verne benötigt diese Form – bezogen auf die Illustration seiner Romane – das Bild. Die andere, jene Science-fiction, die sich von H. G. Wells ableitet, ist verinnerlicht, psychologisch, philosophisch, fantasmatisch. Sie lebt vom Wort – gehört somit dem Reich der Literatur an. Auch wenn sich Comic-Strips-Autoren manchmal an Wells heranwagen, so sind sie doch in erster Linie dem Verne'schen Vorbild verpflichtet.
Vor dem Krieg, vor 1914, sind Comics in erster Linie komisch. Es ist die Zeit von "Felix the cat" und "Little Nemo". Der Ausbruch des ersten Weltkrieges bedeutet gleichzeitig den Beginn eines Zeitabschnittes, in dem die Maschine über den Menschen triumphiert. Erstmals gehen Panzerwagen gegen eine Kavallerie vor, die sich in ihrer Form seit der griechischen Antike nicht geändert hat. Jene riesigen, schreckenerregenden Panzerwagen siegen. Die Comics nach dem ersten Weltkrieg entstanden aus dem Bewußtsein einer Generation, die die Schrecken dieses Krieges mitgemacht und überlebt hat: Das waren die archaisch anmutenden Raketen von "Buck Rogers" und die kosmischen Kanonen von "Flash Gordon". Eine ganze Bilderwelt von Science-fiction-Comic-strips wird erfunden, die bis zum zweiten Weltkrieg unverändert bleibt (in diesem Zusammenhang muß allerdings betont werden, daß der Begriff "erfindet" nicht exakt der Realität entspricht – denn oft sind diese Comics nichts anderes als eine Weiterführung, Verbesserung oder Kopie der Illustrationen gängiger Science-fiction-Magazine der Zeit). Nach dem Zweiten Weltkrieg kommen von Amerika die ersten einschneidenden Neuerungen, vor allem mit den E. C.-Comics, die versuchen, wesentlich intimere Stories für die Bildersprache von Science-fiction-Comics zu adaptieren. Jene Comic strips versuchen nun, anstelle der Verne'schen Tradition, jener von H. G. Wells zu folgen. In Europa herrscht demgegenüber nach wie vor Jules Verne. In der Tradition von "Flash Gordon" entsteht in Frankreich "Les pionniers de l'espèrance" von Raymond Poivet und in England "Dan Dare" von Frank Hampson.
Mit Ausnahme der neoviktorianischen Comic strips des Belgiers Pierre Jacobs hat sich diese Situation bis heute nicht wesentlich verändert und noch viele Comic strips stehen derzeit auf der Stufe von "Flash Gordon".
Die einschneidende Erneuerung kam in den siebziger Jahren aus Europa, vor allem mit zwei französischen Zeichnern: Philippe Druillet und Moebius. Druillet, zwischen gotischem Horror und barocker Science-fiction angesiedelt, sprengt den traditionellen Rahmen der Comic strips und eröffnet dem Leser ein wahnsinniges und gigantisches Universum, in dem der Mensch keinen Platz findet. Moebius hingegen ist der Erfinder einer intimen Welt fliegender Reptilien und plumper Raketen, Eine Welt, in der man die Spuren des zeitgenössischen Science-fiction-Filmes entdeckt. Und gerade im Science-fiction-Film hat sich ein Wandel vollzogen: Denn in den fünfziger Jahren totgesagt und mit "Star Wars" wiederbelebt, hat vor allem in den letzten Jahren der Film die ungeheure Bilderwelt der Science-fiction-Comic-strips entdeckt. Und in den letzten sieben bis acht Jahren findet man in fast allen Filmen Dekors von Druillet, Moebius und, falls die beiden nicht selbst an der Realisierung beteiligt sind, ihrer Nachahmer, wieder.
Die Antwort auf die Frage, worin die Ursachen für den Imaginationsreichtum von Science-fiction-Comics bestünden, ist einfach: Der Science-fiction-Schriftsteller beschreibt mit Worten, zeigt aber nichts. Sein Geist vagabundiert, es fehlt ihm aber das Medium, seine Vorstellungen zu präzisieren. Der Filmautor mag alle Vorstellungsgabe der Welt besitzen, aufgrund der gigantischen Produktionskosten landet er immer wieder bei Vorhandenem. Der Science-fiction-Autor hingegen ist allein vor seinem Zeichenbrett. Mit einem Federstrich kann er eine ganze Galaxie zerstören, in einer Stunde kann er zum Schöpfer einer überdimensionierten Weltraumflotte werden oder ein gigantisches außerirdisches Wesen erfinden, das hunderttausend Kilometer macht – und Schuhgröße 39 hat.
SClENCE-FICTION UND MUSIK Die Beziehungen und Querverbindungen, die zwischen der Science-fiction und der Musik bestehen, sind vielfältiger und komplizierter, als man anzunehmen geneigt ist. Dabei soll und darf es vor allem nicht nur darum gehen, etwa besonders geglückte Beispiele einer adäquaten Vertonung – so selten sie auch ist – im Bereich des Films oder von Video-Produktionen einer Untersuchung zu unterziehen. Vielmehr geht es darum aufzuzeigen, wie etwa - Musik zum Thema der literarischen SF wird oder
- SF Thema der Musik sein kann – und dieses nicht nur etwa im Bereich der sogenannten E-Musik.
- Zwangsläufig wird dabei das Verhältnis vieler SF-Schreiber zur Musik zur Sprache kommen.
- In einem letzten Durchgang kommt die Symbol- und Hintergrundfunktion der Musik innerhalb der SF – insbesondere der literarischen SF – zur Sprache.
Freitag, 24. September 1982, bis Freitag, 1. Oktober 1982 Stadtmuseum Nordico, Bethlehemstraße 7, Erdgeschoß
SCIENCE-FICTION-BUCHPRÄSENTATION In Zusammenarbeit mit World SF – The International Science-fiction Association of Professionals – präsentiert das Linzer Stadtmuseum Nordico im Rahmen von Ars Electronica Beispiele von Science-fiction-Literatur aus aller Welt. Die Schau ist eine Ergänzung zum Jahrestreffen von World SF in Linz und zu dem Science-fiction-Workshop am 26. September 1982 im ORF-Landesstudio Oberösterreich. Sie gibt einen Überblick über Science-fiction-Produktionen in Europa und Übersee – von Amerika bis China. Ergänzt wird diese Schau durch eine Präsentation von Science-fiction-Bildern des Holländers Peter Coene.
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