Staatsbegräbnis (1975)
'Ludwig Harig
Ludwig Harig
Als Konrad Adenauers Staatsbegräbnis am 25. April 1967 von allen Rundfunk- und Fernsehanstalten der Bundesrepublik übertragen wurde, da konnte jeder Bürger der Trauerzeremonie folgen, in deren Ablauf von Politikern und Geistlichen Reden und Ansprachen gehalten wurden, die nicht nur dem Gedächtnis des Toten, sondern vor allem der Aufmerksamkeit der Lebenden galten. Ich habe diese Reden und Ansprachen gehört und gelesen und schließlich auf eine bestimmte Art und Weise analysiert, um herauszufinden, was da eigentlich gesagt worden war. Meine Analyse war eine Sprachanalyse dieser Eigentlichkeit, und wie bei einer naturwissenschaftlichen Analyse auch bestand meine Aufgabe darin, die Elemente eines Ganzen zu isolieren, um ihre Beschaffenheit zu prüfen. Ich habe herausgefunden, daß uns anläßlich des Staatsbegräbnisses für Adenauer von Politikern und Geistlichen staatspolitische Lektionen gehalten wurden, die ich wiederum in schärferes Licht, in genauere Wahrnehmbarkeit, in unverschleierte Direktheit gerückt habe, indem ich die Themen aus dem authentischen Tonbandmaterial zu einem Hörspiel zusammengestellt habe. Es entstanden Kontexte aus Einstimmigkeiten und Widersprüchen, neue Zusammenhänge aus aneinandergerückten Meinungen. Sie ergaben kommentarlos "Vier Lektionen politische Gemeinschaftskunde", als da sind "Die Gemeinschaft der freien Völker", "Die christliche Bedeutung der politischen Tätigkeit", "Freiheit und Ordnung" sowie "Die Auferstehung und das Leben".
Ludwig Harig
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