www.aec.at  
Ars Electronica 1980
Festival-Programm 1980
Back to:
Festival 1979-2007
 

 

Technologie als neues Grundelement der Kunst - am Beispiel der Künstler des Center for Advanced Visual Studies am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge, Massachusetts, USA


'Otto Piene Otto Piene

* "Center" würde deutsch "Institut" genannt werden; "Massachusetts Institute of Technology" am besten mit "Massachusetts Technische Universität" übersetzt werden.

Es ist in der Tat sinnvoll, Namen und Sitz des Instituts (Center) voll auszuschreiben; denn während der zwölf Jahre seines Bestehens sind sein Name, Sitz und Zweck in Europa oft und gründlich falsch verstanden und zitiert worden. 1968 von Gyorgy Kepes gegründet, ist das Center zunächst als eine Art von THINK TANK für die Kunst nach dem 20. Jahrhundert konzipiert gewesen: In der Manier der Eingeladenen zum Princeton Institute (wie z. B. Albert Einstein) sollten bedeutende Künstler die Zukunft vorbereiten, indem sie über die Integration von Kunst, Wissenschaft und Technik nachdachten und eine solche Wunschwelt am Beispiel von Gedanken und Objekt-Beispielen projizierten. Der Status/Modus der eingeladenen Künstler (in den ersten drei Jahren vier bis sieben) war – und ist im wesentlichen – FELLOW, ein ins Deutsche kaum übersetzbares Wort. Technisch käme "Forschungsbeauftragter" am nächsten – egal ob die forschungsbeauftragten Künstler, Wissenschaftler und Ingenieure "vorher oder sonst" Kunstprofessoren, Physik- oder Architektur-Professoren oder "ganz einfach" Künstler oder Ingenieure waren.

Die Arbeit am Center als individuelle, Gruppen- oder integrierte "Berufs-Gruppenarbeit" intendiert "Niegesehenes, Niegehörtes oder Nieerlebtes" als Ergebnis des synthetischen Bemühens Gleichgesinnter aus verschiedenen praktischen und geistigen Territorien. Fellows leben und arbeiten am Center für Perioden, die von drei Wochen bis zu drei Jahren reichen können. Außer dem ARTIST/SCIENTIST-IN-RESIDENCE-Programm entstand in Zusammenarbeit mit der M.I.T. School of Architecture and Planning seit 1974 ein umfangreiches Erziehungs-Engagement, dessen "edelster Teil" das 1976 eingerichtete graduierte, interdisziplinäre Programm ist, das zum akademischen Teil eines "Master of Science in Visual Studies" führt. Bedeutende junge ART-AND-TECHNOLOGY-Künstler wie Chris Janney, Bill Parker, Bernd Kracke, Shelley Lake sind Absolventen dieses Programms (und ihr Material ist wesentlicher Bestandteil dieser Präsentation):

Ich habe 1974 – nachdem ich die Leitung des Center übernommen hatte einige formulierbare und voraussehbare Interessengebiete des Center angesprochen und Realisierungen auf breiterer Basis angestrebt: Verschiedene Formen der Kunst des ENVIRONMENT, wie skulpturale Architektur und ökologische Plastik, Kunst der Naturelemente und SKY ART; Entwicklungsformen der Medienkunst und Telekommunikation; ART AND TECHNOLOGY als Evolution ständig neuer Gedanken, Objekte, Prozesse und Gebiete; die Kunst der Feier im weitesten wie auch im spezifischen, praktischen Sinne als privates und öffentliches Medium sozialer und politischer Verständigung; Erziehung und Bildung in diesen neuen Formen der expressiven Integration, der expressiven Kunst- und Wissenschaftspraxis der kommunikativen, sozialen und friedlichen Lebens- und "politischen" Praxis.

Das Center hat gegenwärtig 25 FELLOWS, von denen 15 dort im Rahmen der individuell bemessenen Stipendien und Zeiten ständig arbeiten, während 10, entsprechend ihren besonderen Arbeits- und Reiserhythmen, kommen und gehen. Diesen Herbst werden außerdem zehn GRADUATE STUDENTS am Center studieren.

Theoretisch/visuelle Untersuchungen der ersten sechs Jahre des Center unter Gyorgy Kepes haben visualisierte Denkmodelle hervorgebracht zu Themen wie "Boston Harbor Project", "Die Zukunft des Times Square" und "Charles River Project". Seit 1974 waren "Arttransition" (Aktionen, Ausstellungen und Konferenz, 1975); "Celebrations" (Konferenz, Workshop und SKY EVENT, 1975); "Centerbeam" (Documenta 6, Kassel, 1977); "Centerbeam" D. C. mit 23 SKY EVENTS (Washington, 1978) und "5 Artists/5 Technologies" mit "Grand Rapids Carousel" (Grand Rapids Art Museum und Festival) prominente Projekte in der Entwicklung des C.A.V.S. Die Liste ehemaliger und gegenwärtiger Fellows ist lang und weist illustre Künstlernamen aus (z. B. Takis, Tsai, Chryssa, Yvonne Rainer, Peter Campus, Ron Hays, Carl Nesjar und Piotr Kowalski) ebenso wie Künstler/Theoretiker (Jack Burnham und Douglas Davis).

Meine Darstellung des Center wird in Worten, Bildern und Film- und Video-Material Geschichte, Menschen und Projekte schildern am Beispiel der Künstler Harriet Casdin-Silver, Chryssa, Paul Earls, Chris Janney, Piotr Kowalski, Bernd Kracke, Shelley Lake, Mark Mendel, Antonio Muntadas, Alejandro Sina, Aldo Tambellini.

Sachgebiete wie Holographie, Video-Entwicklung, Telekommunikation, COMPUTER IMAGE MAKING AND MANIPULATION, HIGH FREQUENCY GAS DISCHARGE SCULPTURE und SKY ART werden besondere Beachtung finden. Ein besonderes Kapitel wird der SKY ART gewidmet sein, die während der vergangenen zwölf Jahre besonders und fast ausschließlich am Center formuliert und entwickelt wurde. Neben meiner persönlichen Arbeit an SKY EVENTS und SKY COMMUNICATION gilt mein besonderes Interesse seit Jahren der Vorbereitung der "Sky Art Conference", einem weltweiten Netz von Aktionen, Kommunikationen und Konferenzen, die 1981 bis 1984 in bedeutenden Städten stattfinden und am Center for Advanced Visual Studies des M.I.T. ihren Ausgang und Beschluß erfahren wird.

Cambridge, Massachusetts, 30. 6. 1980

FELLOWS, C.A.V.S. – Frühjahr 1980
Mitchell Benoff
Nishan Bichajian
Joan Brigham
Harriet Casdin-Silver
Betsy Connors
Chryssa
Paul Earls
Wendelin Glatzel
Elizabeth Goldring
George Greenmayer
Chris Janney
Piotr Kowalski
Ellen Kozak
Mandi McIntyre
Mark Mendel
Mit Mitropoulos
Antonio Muntadas
Mike Naimark
Carl Nesjar
Mira Cantor Piene
Keiko Prince
Yvonne Rainer
Aldo Tambellini
Donald Thornton
PAST FELLOWS
(partial list)
Maryanne Amacher
Karin Bacon
Juan Navarro Baldeweg
Mauricio Bueno
Lowry Burgess
Jack Burnham
Peter Campus
Dan Dailey
Douglas Davis
Juan Downey
Charles R. Frazier
John Goodyear
Ron Hays
Michio Ihara
Toshiro Itakura
Rockne Krebs
Paul Matisse
Miralda
Alejandro Otero
Gary Thomas Rieveschi
Jon Rubin
Friedrich St. Florian
Alejandro Sina
Alan Sonfist
Peter Struycken
Vassilakis Takis
Harold Tovish
Wen-Ying Tsai
Stan VanDerBeek