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Ars Electronica 1980
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Festival 1979-2007
 

 

K&K Experimentalstudio Wien: Das Moviophon




Optoakustische Wandler von Walter Stangl
Aktion (Gunda König)
Komposition (Dieter Kaufmann)
Konstruktion (Walter Stangl)
Violine, Improvisation (Dieter Kaufmann)

DAS MOVIOPHON
ist ein System optoakustischer Wandler, in dem Lichtreize zur Erzeugung und Beeinflussung von Klängen verwendet werden. Mit kleinen Fotozellen, die auf mannigfaltige Weise räumlich postiert werden können, werden elektronische Bausteine wie z. B, Tongeneratoren, Klangfarbenfilter, Hall- und Echoeinheiten usw. angesteuert.

Bewegungen und die dadurch entstehenden Licht- und Schattenverhältnisse werden also synchron in akustische Ereignisse umgesetzt, wodurch sich eine Vielfalt von Verwendungsmöglichkeiten in den verschiedensten Formen des Musiktheaters, aber auch in der Musiktherapie und Musikpädagogik ergeben. Nicht zuletzt ist das Moviophon für die Komposition und Improvisation, vor allem aber für die Live-Darstellung elektronischer und elektroakustischer Musik interessant.

Um die Handhabung des Instruments zu verdeutlichen, möchte ich eine spezielle Spieltechnik näher erläutern, welche der Spieltechnik auf traditionellen Musikinstrumenten noch am nächsten kommt, nämlich die mit den Fingern. Der oder die Spieler kriegen dazu Handschuhe, deren Fingerspitzen mit je einer Fotozelle besetzt sind. Durch Öffnen und Schließen des Fingers fällt also viel oder wenig Licht auf die entsprechende Zelle, das heißt z. B., daß ein Ton tiefer oder höher wird, wenn dieser Zelle ein Tongenerator zugeordnet ist. Genausogut könnte der Ton lauter oder leiser, schärfer oder dumpfer klingen, könnte das Echo kürzer oder länger, der Rhythmus schneller oder langsamer werden, je nachdem, welchem Baustein dieser Finger zugeordnet ist. Die Empfindlichkeit der Zellen ist einstellbar, sodaß sich z. B. die Höhe eines Tones durch Öffnen und Schließen des Fingers sowohl über einen Halbton als auch über den gesamten Hörbereich erstrecken kann.

Indem bei dieser Verwendungsart schon ein Spieler 10 Klangfaktoren "in der Hand hält", erreicht er ein Klangspektrum, das jede herkömmliche Spielweise an Dynamik bei weitem übertrifft.

Sind diese 10 Faktoren noch zu wenig, so ist das System auf den ganzen Körper ausdehnbar. So können z. B. linke und rechte Armbeuge die Lautstärken des linken und rechten Kanals, die entsprechenden Achselhöhlen für den Hallanteil derselben verwendet werden, das heißt: ist die Hand am Körper, so ist der Klang trocken im Raum, streckt der Spieler die Hand aus, so klingt der Raum weit und sphärisch.

Durch eine Zelle im Mund, die das Filter steuert, bekommt der Mund dieselbe Funktion wie bei der Sprache; je weiter er geöffnet ist, desto schriller ist der Klang, während er beim Schließen ganz verschwindet.

Solche Zuordnungen sind eher für Pantomime interessant, während sich für eine rein musikalische Verwendung die Verteilung mehrerer Handschuhe als vorteilhaft erweist.

Die Spieltechnik ist wie bei anderen Instrumenten lernbar und sollte auch Baustein für Baustein erweitert werden, um eine selbstbewußte Klangkontrolle zu bewahren.

Ein System, das sich bisher für Gruppenimprovisationen bewährt hat: Ein Spieler übernimmt die Tonhöhen, ein zweiter die Mischung der Klangquellen, z. B. die Töne des ersten Spielers, einen Rauschgenerator, eine programmierte Synthesizerstruktur und eine Externquelle, etwa ein Tonband, ein Mikrophon o. a. Die Finger haben dabei die Funktion der Schieberegler eines Mischpults.

Ein dritter Spieler übernimmt die Klangfarbe und Rhythmisierung und ein vierter Richtung und Raum des Klanges. Man kann die Klangfarben mit einem Finger erweitern, die Struktur des Synthesizers extra formen, aber das System wird durch zusätzliche Erweiterungen leicht unüberschaubar.

Ist die Verbindung der Spieler mit dem Gerät durch Kabel hinderlich, so gibt es die Möglichkeit, die CAMERA ACUSTICA zu verwenden, die wie eine Fotokamera eine bestimmte Fläche in Raster zerlegt. Dabei werden beliebigen Teilflächen bestimmte Funktionen zugeteilt, und zwar wahlweise positiv oder negativ, das heißt zum Beispiel, das Filter öffnet durch Erhellen oder Verdunkeln einer bestimmten Teilfläche.

So verwendet eignet sich das Moviophon bestens für Bewegungs- und Tanzspiele. Was dieses Gerät sonst noch an Möglichkeiten bietet, wird sich erst herausstellen, da es bisher erst experimentell verwendet wurde.
K & K EXPERIMENTALSTUDIO
K & K Experimentalstudio ist ein Musiktheater-Ensemble, das Neue Musik (Elektronische Musik, Grafische Musik, Musikalische Hörspiele …) in Theater- und Media-Mischformen mit Hilfe der technischen Möglichkeiten unserer Zeit zur Aufführung bringt. Die Komponisten Roman Haubenstock-Ramati, Anestis Logothetis, Bruno Liberda, Wilhelm Zobl, Tamás Ungváry, Elzbieta Sikora und Dieter Kaufmann haben Werke für das Ensemble geschrieben, deren Realisierung in Zusammenarbeit mit Künstlern verschiedener Kunstgebiete erfolgte.

Seit seiner Gründung im Jahr 1975 durch die Schauspielerin Gunda König, den Komponisten Dieter Kaufmann und den Tontechniker Walter Stangl hat das Ensemble über 100 Aufführungen in fast allen europäischen Ländern und in Nordamerika durchgeführt. Es ist ebenso bei renommierten Festivals (Biennale Zagreb, Multi-Media-Festival Stockholm …) wie auch im Bereich der Animationsarbeit (in Schulen, Workshops etc.) vertreten gewesen.

Gunda König ist als Schauspielerin für Bühne, Film, Funk und Fernsehen tätig (Engagements und Gastspiele am Stadttheater Klagenfurt, bei den Komödienspielen Porcia, am Wiener Volkstheater, beim Ensembletheater, bei den "Komödianten" am "Theater an der Wien" …)

Dieter Kaufmann ist nach Kompositionsstudien in Wien (bei Schiske und Einem) und Paris (bei Messiaen, Deibowitz und Pierre Schaeffer) seit 1970 Lehrer für Elektroakustische Musik an der Wiener Musikhochschule und auf den verschiedensten Musikgebieten tätig: als Komponist von Instrumental-, Vokal- und Musiktheaterwerken; als Animator und Organisator, als Regisseur und Rundfunk-Redakteur; mehrere Bühnenmusikwerke für das Wiener Burgtheater.

Walter Stangl, geboren 1953 in Salzburg, nach Abschluß des Werkschulheims Felbertal mit Matura und Gesellenprüfung in Radiomechanik Techniker und Konstrukteur am Institut für Elektroakustik, 1974–78 Kompositionsstudium, kurzfristig Tontechniker im Theater der Komödianten im Künstlerhaus, Mitglied des K & K Experimentalstudios, neben musikalischer Betätigung in anderen Gruppen seit 1977 freischaffend, Erfinder des Moviophons.