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Ars Electronica 1979
Festival-Programm 1979
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Festival 1979-2007
 

 

Vorwort


'Hannes Leopoldseder Hannes Leopoldseder

Wenn am 18. September 1979 in Linz zum ersten Mal innerhalb des Internationalen Brucknerfestes ARS ELECTRONICA eröffnet wird, so kommt diesem Ereignis in mehrfacher Hinsicht eine weichensteIllende Bedeutung zu. Mit dieser Veranstaltung über elektronische Kunst erfolgt eine weitere, konsequente und in diesem Fall spezifisch ausgerichtete inhaltliche Ausweitung des Linzer Brucknerfestes. Nach dem FORUM METALL 1977, der Pop-Messe der Linzer Rock-Gruppe Eela Craig 1978, steht 1979 die Elektronik im Spannungsfeld zwischen Kunst, Technik und Gesellschaft innerhalb des Brucknerfestes im Vordergrund.

ARS ELECTRONICA ist aber nicht nur vom thematischen Umfeld innerhalb des InternationaIen Brucknerfestes Neuland, sondern auch durch die Trägerschaft: mit ARS ELECTRONICA treten erstmals die Linzer Veranstaltungsgesellschaft und das Landesstudio Oberösterreich des Österreichischen Rundfunks mit einer gemeinsamen Veranstaltung innerhalb des Brucknerfestes an die Öffentlichkeit.

Die Linzer Veranstaltungsgesellschaft mbH und das Landesstudio Oberösterreich des ORF wollen damit nicht nur einen Beitrag zum Ausbau des Internationalen Brucknerfestes leisten, sondern gleichzeitig einen Impuls für die Richtung dieser Entwicklung setzen: in Linz, im Rahmen des Internationalen Brucknerfestes, ein Zentrum für elektronische Kunst, einen spezifischen, aber sehr entscheidenden Bereich der Avantgarde, ins Leben zu rufen.

Mit der Absichtserklärung der Veranstalter, ARS ELECTRONICA als ständige Einrichtung zu etablieren, wurde für die Realisierung dieser Idee bereits ein markanter Grundstein gelegt.

Die Veranstalter verstehen sich in ihrer Programmaufgabe nicht allein als Vermittler des kulturellen Geschehens von Oberösterreich. Darüber hinaus will Studio Oberösterreich bewußte Akzente, Initiativen und Impulse im kulturellen Umfeld des Landes setzen. ARS ELECTRONICA entspricht dieser Zielsetzung in zweierlei Hinsicht:
Zum einen durch die erstmalige Zusammenarbeit mit der Linzer Veranstaltungsgesellschaft, dem Träger des Internationalen Brucknerfestes, zum anderen durch die thematische Ausrichtung der Veranstaltung in Richtung Elektronik, zu der die elektronischen Medien Hörfunk und Fernsehen von der Sache her in einem natürlichen Nahverhältnis stehen.

Die vom Landesstudio Oberösterreich und vom Verband oberösterreichischer Volkshochschulen 1975 ins Leben gerufenen "Linzer Mediengespräche" haben Linz zu einem jährlichen medienpolitischen Forum für die Auseinandersetzung über die Position der elektronischen Medien in der Gegenwart werden lassen.

ARS ELECTRONICA setzt damit nicht nur für das Internationale Brucknerfest, sondern auch für die mit der Stadt Linz verbundene Szene der elektronischen Medien einen weiteren, dynamischen Akzent.

Der Konzeption von ARS ELECTRONICA in Linz liegen zwei Gegebenheiten besonders zugrunde:

  1. Das Spannungsverhältnis und die Wechselbeziehungen zwischen Mensch und Technik, zwischen Kunst und Technologie, zwischen der Kulturstadt Linz und der Industriestadt Linz.
    Für die in Linz, in dieser Industriestadt Österreichs par excellence, tätigen Kulturträger ist die Auseinandersetzung mit Manifestation und Konsequenz moderner Technologien für Kunst, Kultur und Gesellschaft eine natürlich erwachsene Aufgabe und Verpflichtung.

  2. ARS ELECTRONICA zielt innerhalb des Internationalen Brucknerfestes auf Experimente mit dem musikalischen Werk von Anton Bruckner, insbesondere im Bereich der elektronischen Verarbeitungen und Medien. Wenn die Rock-Messe von Eela Craig während des Brucknerfestes 1978 mit Brucknerbezügen oder das radiophone Medienexperiment "Radio Bruckner" vom Landesstudio Oberösterreich im Jahre 1977 in diese Richtung gewiesen haben, so nehmen Versuche im elektronischen Bereich mit der Musik des oberösterreichischen Komponisten bei ARS ELECTRONICA einen durchgehenden und prominenten Raum ein:
Das Großprojekt "LINZER KLANGWOLKE – sinfonisches Open-air mit Bruckners 8." ist nicht nur die spektakuläre Eröffnung von ARS ELECTRONICA, sondern ein für die Brucknerstadt Linz notwendiges Experiment. Dieses sinfonische Bruckner-Klangenvironment sprengt die räumlichen Dimensionen des Konzertsaales und soll mittels der elektronischen Übertragungstechnik in einem der schönsten innerstädtischen Landschaftsbereiche Österreichs, im Linzer Donaupark, ein neues Erleben des sinfonischen Werkes von Anton Bruckner ermöglichen.
Über die Einbeziehung der ganzen Stadt in dieses musikalische Ereignis soll an einem Abend aus der Industriestadt Linz eine KLANGSTADT werden –, ein Experiment, durch das sich Linz nicht nur weiterhin als Brucknerstadt profilieren wird, sondern durch das sich Linz als Brucknerstadt bewußter werden kann. Die Versuche mit der Musik von Anton Bruckner bleiben aber nicht auf die spektakuläre LINZER KLANGWOLKE beschränkt. Die Versuche ziehen sich durch die Welturaufführung einer Computermusik mit Anton Bruckner, Versuche mit sichtbarer Musik von Anton Bruckner bis zu Experimenten über die emotionellen Komponenten der Musik von Bruckner.

Die vorliegende inhaltliche Grundkonzeption von ARS ELECTRONICA stammt von dem Kybernetiker und Physiker Dr. Herbert W. Franke aus München, dem Elektronik-Musiker und Komponisten Hubert Bognermayr und dem Intendanten des ORF-Landesstudios Oberösterreich Dr. Hannes Leopoldseder.

Für das Projekt "LINZER KLANGWOLKE" zeichnet in besonderer Weise Walter Haupt, der Leiter der Experimentierbühne an der Bayerischen Staatsoper München, verantwortlich. Darüber hinaus ist aber das vorliegende Programm das Ergebnis von vielen Diskussionen, Gesprächen und Überlegungen von Künstlern, Technikern, Fachjournalisten und im engeren Sinn an der elektronischen Kunst Interessierten.

Aus diesem Grund möchte ich an dieser Stelle nicht nur allen beteiligten Mitarbeitern an diesem Projekt den Dank aussprechen, sondern in besonderer Weise dem Generalmanager der LIVA, Dr. Horst Stadlmayr, für die entschlossene Verfolgung dieses Projektes, für seine Bemühungen und für die Zusamrnenarbeit zwischen LIVA und ORF danken.

ARS ELECTRONICA ist keine Veranstaltung mit einer Bilanz über die Vergangenheit, sondern auf Entwicklungen von morgen gerichtet. Aus diesem Grund kommt dieser Veranstaltung über elektronische Kunst und über neue Erfahrungen der Charakter des Unkalkulierbaren, des Risikos und des Wagnisses zu.
Gleichzeitig aber ist ARS ELECTRONICA eine Herausforderung an Künstler, Techniker, Kulturkritiker und nicht zuletzt an das Publikum, das neuen Ausdrucksformen der Kunst begegnen wird.

Landesintendant
Dr. Hannes Leopoldseder.
ORF-Landesstudio Oberösterreich