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Ars Electronica 1979
Festival-Programm 1979
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Festival 1979-2007
 

 

Von der Computertechnik bis zum elektronischen Farbenspiel




Donnerstag, 20. September 1979, 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr ORF-Landesstudio Oberösterreich (Publikumsstudio)

Von der Computertechnik bis zum elektronischen Farbenspiel — mit visuellen und auditiven Demonstrationen zu Anton Bruckner.

Teilnehmer:
Prof. Dr. Werner Kaegi (Utrecht), Prof. Pietro Grossi (Pisa), Pierre Barbaud (Paris), Manfred Kage (Schloß Weißenstein/Stuttgart), Alexandre Vitkine (Boulogne), J. H. Löffler, Daniel W. Kühn, Caspar Henneberger (Hamburg), Tamás Ungváry (Solna, Schweden), Walter Haupt (München), Jean François Colonna (Paris)

BESTIMMUNG DER MERKMALE VON BRUCKNER-MUSIK - SYNTHESEVERSUCHE IM STIL VON ANTON BRUCKNER
Prof. Kaegi gibt eine kurze und allgemein verständliche Übersicht über Methoden und Ziele der Musikanalyse — insbesondere mit Hilfe von Computern, und die darauf basierenden Möglichkeiten von Musiksynthesen. Dabei soll auch die Frage diskutiert werden, ob und wie weit musikalische Stilmerkmale analysiert und synthetisiert werden können. Der Vortrag wird durch Klangbeispiele vom Tonband erläutert, von denen einige unmittelbar auf die Musik von Anton Bruckner Bezug nehmen.

Beim 7. Internationalen Kongreß "Mikroelektronik" im Kongreßzentrum München-Messegelände 1976 hielt Werner Kaegi einen Vortrag "ein musikalisches Zukunftsmodell", bei dem es um Wissenschaft und Technik im Dienste des zukünftigen Komponisten ging. Prof. Kaegi führte aus: "Unter den Künstlern haben die Musiker von den Errungenschaften der Technologie ihrer Zeit stets regsten Gebrauch gemacht. Denn die Musik, obwohl die abstrakteste der Künste, ist (von der Vokalmusik abgesehen) in ihrer Klangwerdung auf das Instrument, den Apparat und damit auf die Organisation von physikalischen Systemen angewiesen. Das wird auch in Zukunft nicht anders sein. Die Schnelligkeit allerdings, womit die Technologie sich entwickelt, erlaubt es dem Komponisten, seine Zukunftsvisionen heute besonders hochfliegend zu konzipieren, ohne im geringsten die Chance ihrer Realisierbarkeit zu verringern."

Des weiteren stellte Prof. Kaegi ein von ihm entwickeltes Basismodell mit der Abkürzung VOSIM vor, mit dem es möglich ist, Kompositionsvorgänge zu schematisieren. Das wieder ermöglicht es, den Kompositionsvorgang Computern und Automaten zu übertragen. Die Tätigkeit des Komponisten beschränkt sich schließlich auf die Wahl bestimmter Anfangsbedingungen und Umsetzungen; dabei ist auch eine Anpassung an die Erwartungshaltung des Publikums möglich. Bestimmt man die Operationsregeln auf Grund der Analyse klassischer Musik, dann ist es möglich, weitere Kompositionen im selben Stil automatisch hervorzubringen. Experimente dieser Art sollen kein Beitrag zur Kunst sein, sondern Testhörern die Möglichkeit einer subjektiven Beurteilung der Resultate geben. Am Beispiel von Bach und Mozart ergaben sich bereits verblüffende Stilkongruenzen — man hätte diese Musikstücke als bisher unentdeckt gebliebene Kompositionen der klassischen Meister ausgeben können. Kompositionen von Anton Bruckner mit ihren weit komplexeren Klängen und Stimmführungen stellen der automatischen Erfassung und Synthese gewiß größere Schwierigkeiten in den Weg — umso interessanter sind die Ergebnisse der ersten Experimente in dieser Richtung, die Prof. Kaegi vorführt.
COMPUTERUNTERSTÜTZTE MUSIKFORSCHUNG AM BEISPIEL ANTON BRUCKNERS MIT EINEM SYNTHESEVERSUCH
Prof. Grossi beschreibt seine in Pisa verwendete Datenendstation TAU 2, die für die akustische Ausgabe von 12 Stimmen eingerichtet ist, und das dazugehörige Software-Paket Taumus — die Gesamtheit der Bedienungsanleitungen, Operationen, Anweisungscodes usw. zur Bedienung von TAU 2. Anhand von Tonbändern oder auch über ein Steuerpult demonstriert er die interaktive Arbeitsweise, die mit Taumus möglich ist — beispielsweise die Zuordnung musikalischer Abfolgen, die Handhabung von Musikarchiven und musikerzeugende Operationen Schließlich zeigt Prof. Grossi, wie sich alle diese Prozesse automatisieren lassen.

Im folgenden ein Auszug eines Textes von Prof. Grossi über das Musikforschungszentrum im CNUCE (National University Computing Center) in Pisa.
IBM WISSENSCHAFTSZENTRUM PISA COMPUTER-MUSIK VON PIETRO GROSSI
Die in irgendeinem Bereich der Kunst Tätigen sind aufgerufen, sich über die Bedeutung des Begriffes "Gegenwartsgefühl" Gedanken zu machen; klar zu sehen, was jetzt schon zur Vergangenheit gehört, und eine Voraussage für die Zukunft zu machen. Das bedeutet natürlich, die traumatischen Wirkungen zu bewältigen, die das Aufgeben von altehrwürdigen Werten und Prinzipien verursacht. Offensichtlich bezieht sich das auf alle Kulturbereiche, auch auf die Musik, die von allen Künsten am engsten mit einem mehr oder weniger romantischen Konzert verknüpft zu sein scheint. Automatische (oder "selbsttätige") Techniken finden Eingang in die verschiedenen Gebiete wie Komposition, Interpretation, phonische und musikologische Forschung. Diese Techniken machen den Anwender von jeder manuellen Tätigkeit vollständig frei, ja sie ersetzen ihn sogar in einem weiten Bereich der Entscheidungsfindung. Die verschiedenen didaktisch-sozialen, ästhestischen, organisationsmäßigen und betrieblichen Auswirkungen dieser Neuerungen machen es jedoch notwendig, daß die Strukturen der musikalischen Praxis, wie wir sie bis jetzt gekannt haben, einer Überprüfung unterzogen werden.
DER COMPUTER UND DIE AUSSICHTEN FÜR VOLLAUTOMATISIERUNG IN DER MUSIK
Die Computer-Musik, die kurz nach der Entwicklung des Computers selbst entstand, ist das Ergebnis der Erfahrung zahlreicher Operatoren, die in verschiedenen Rechenzentren in der ganzen Welt intensive Arbeit geleistet haben. Beginnend mit den Forschungen von Hiller in Hurbana und Barbaud in Paris hat sich ein weltweites Netz von Zentren gebildet, zu denen New York, Tokio, Los Angeles — London, Urbana, Albuquerque, Toronto, Montreal, Utrecht, Paris und Pisa gehören. Das Arbeitsprogramm des National University Computing Center (CNUCE) in Pisa, das mit dem Wissenschaftlichen Zentrum der IBM zusammenarbeitet, basiert auf der Erforschung einer allgemeinen Lösung von Problemen, die mit der Automatisierung der Schallerzeugung zusammenhängen, und auf der Absicht, neue Möglichkeiten für Musikproduktion durch den Einsatz von Datenstationen zu bieten. Die Forschungsarbeiten von CNUCE werden durch die Arbeit des Instituto per l'Elaborazione delle Informazioni des Nationalen Forschungsrates (CNR) unterstützt, der die Konstruktion und den Bau einer Datenstation übernahm, die in der Lage sein wird, Schallwellen in numerische Werte von Schallparametern umzusetzen und im direkten Kontakt mit einem Computer zu arbeiten.
MUSIK IN ECHT-ZEIT UNTER VERWENDUNG VON DATENSTATIONEN
Der Computer bietet uns Musik in "Echt-Zeit". Durch die Verwendung von Datenstationen (Werkzeugen, die einfach zu handhaben sind, so daß sie wahrscheinlich bald in großem Ausmaß Verwendung finden werden) kann jeder lernen, Musik zu programmieren, zu erzeugen und ihr zu lauschen. Wir können klassische Werke reproduzieren oder irgendeinen anderen Ton schaffen. Diese phantastischen Möglichkeiten machen unsere heutige Abhängigkeit von der Musik-Auswahl immer mehr zu einem Anachronismus. Es wird nun für eine sehr große Anzahl von Menschen möglich, aktiv an Musik teilzunehmen — dank des elementaren Charakters der Mittel, durch die sie nun produziert werden kann.
BRUCKNERIANA
Pierre Barbaud und sein Mitarbeiter Frank Brown wenden ihr Rechenprogramm "Ludus Margaritis Vitreis" an, um Musik im Stil von Bruckner hervorzubringen. Dieses Programm hat die Aufgabe, musikalische Abläufe mit harmonischer Stimmführung auszuarbeiten; dabei wird ein Orchester von zehn Instrumenten simuliert.

Eine der wichtigsten Kompositionsaufgaben erfüllt eine stochastische Matrix — sie hat die Aufgabe, die Akkorde miteinander zu verketten. Um sie in speziellen Fällen festzulegen, muß zunächst ein Werk des betreffenden Komponisten analysiert werden; dazu diente in diesem Fall das Streichquartett von Anton Bruckner in c-Moll.

Die auf diese Weise nachkomponierte Musik wird nun durch ein Umsetzungsprogramm AUDITV ins Hörbare umgesetzt. Dabei wird jeder Ton aus Einheiten von 1/20.000 Sekunden Dauer aufgebaut, was eine außerordentlich genaue Anpassung an die gewünschten Toneffekte erlaubt. Das Musikstück wird schließlich auf Magnetband aufgezeichnet und steht zur Vorführung bereit.

Die Auswertung des Programms "Ludus Margariti Vitreis" erfolgt im "Forschungsinstitut für Informatik und Automation" (IRIA) in Rocquencourt, die Magnetaufzeichnung mit Hilfe des Programms AUDITV wurde im "Forschungsinstitut für akustisch-musikalische Coordination" (IRCAM) vorgenommen.
DAS AUDIOSKOP
Manfred Kage hat in seinem Institut für wissenschaftliche Fotografie und Kinematografie in Weißenstein ein neues Gerät zur Umsetzung von Klängen in Bilder entwickelt. Das Audioskop arbeitet nach einem ähnlichen Prinzip wie der Eidophor-Farbfernsehprojektor. Auf den Erkenntnissen der Cladny'schen Klangfiguren beruhend (Cladny hat eine Glasplatte mit Pulver oder Flüssigkeit mit einem Geigenbogen zum Schwingen angeregt) wird eine hauchdünne Kunststoffmembran mit einer wasserklaren Flüssigkeit (inerte Flourchemikalie) durch 2 Lautsprecher erregt. Die dadurch in der Flüssigkeit entstehenden Wellenmuster (negative Cladny'sche Klangfiguren) werden durch eine Farbschlierenoptik auf eine Mattscheibe mittels einer Xenonlampe als Lichtquelle projiziert. Die tiefen und die mittleren Töne erzeugen als Bildäquivalent grobe und feinere Raster, die hohen Töne schwirrende Feldstrukturen, die in kräftigen, frei wählbaren Farbkontrasten wiedergegeben werden. Da die Bildgenerierung der Wellenmuster im Audioskop außerordentlich sensibel und spontan erfolgt, muß ein Dynamik-Kompressor zwischengeschaltet werden, um Sprache oder Gesang der menschlichen Stimme, Musikdarbietungen — live oder als Konserve — oder die Klänge eines Synthesizers in Klangfigurenbilder umzusetzen. Besonders eindrucksvoll ist es jedoch, den "auto-korrelativen Kommunikations-Prozeß" zu erleben. Das heißt, der Musizierende spielt improvisierend frei, rückgekoppelt mit dem Audioskop und läßt sich von den Bildvorgängen beeinflussen, Tonfolgen zu erzeugen, die ihm momentan besonders optisch attraktiv erscheinen, wie wir vor Jahren anläßlich eines unvergeßlichen Nachtkonzertes mit Chris Hinze erleben konnten.

Auf der Funkausstellung 1965 in Stuttgart wurde das erste Modell dieses Gerätes auf Anregung der Fa. Braun gebaut und auf deren Messestand gezeigt.

Danach war das Audioskop in der Eingangshalle der "photokina" in Köln 1966 als 10 Quadratmeter messende Großprojektion und 1970 auf der Weltausstellung im deutschen Pavillion in Osaka zu sehen. Seither wurde das Audioskop häufig auf Funkaustellungen oder in Multi-Media-Konzerten eingesetzt.

Die Entwicklung einer Heim-Version in doppelter Fernsehapparatgröße des inzwischen in der BRD, England und USA patentierten Gerätes für den extravaganten Liebhaber von Stereo-Anlagen wurde längst abgeschlossen, liegt jedoch wie viele interessante Ideen in einer Schublade auf Schloß Weißenstein.
DEMONSTRATION AM "SONOSCOP" - ELEKTRONISCHE SCHWINGUNGEN. FARB- UND FORMENSPIEL DURCH BRUCKNER-MUSIK
Mit Hilfe des Sonoscops werden Ton, Sprache und Musik sichtbar gemacht. Das Gerät wurde auf Veranlassung von Dr. Herbert W. Franke extra für ars electronica entworfen. Es besteht aus einem elektronischen Bildschirm-Zeichengerät, das nach dem Hybrid-Prinzip arbeitet, also eine Kombination digitaler und analoger Technik ist. Das zeichnende Medium ist ein Elektronenstrahl, der durch elektronische Spannungen nach rechts und links wie auch nach oben und unten abgelenkt werden kann. Diese Spannungen werden durch den akustischen Ablauf gesteuert, der visualisiert werden soll. Die von den Tönen erzeugten elektrischen Signale werden durch Filter geleitet und dadurch in verschiedene Frequenzen aufgeteilt. Sie werden in einen oder auch mehrere Kanäle geleitet, von denen jeder der Oktave der Tonleiter entspricht. Die schließlich auf dem Bildschirm erscheinende Figuration besteht aus acht verschiedenfarbenen Elementen. Jedes davon ist einem der oben erwähnten Kanäle zugeordnet und entspricht daher einer bestimmten Tonhöhe, oder, genauer gesagt, der Tondistanz einer Oktave. Form, Größe und/oder Lichtstärke werden für jede Oktave separat durch die Lautstärke gesteuert, so daß das Gesamtbild zugleich eine Beschreibung von Höhe, Klangfarbe und Lautstärke des dazugehörigen Tonablaufs ist.

Das Sonoscop bietet eine neue Methode, die alte Idee der Visualisierung von Musik zu verwirklichen. Beachtenswert ist, wie verschiedene musikalische Stilrichtungen auch zu visuell unterscheidbaren Bildeffekten führen. Somit erfüllt das System zusätzlich die Aufgabe, tauben Menschen Klänge und Geräusche über den Gesichtssinn nahezubringen. Sie bietet die Gelegenheit, die eigene Sprache visuell umgesetzt zu beobachten und damit die Aussprache zu kontrollieren. Auch die Ausübung von Musik wird dem Tauben dadurch möglich, da er sie als Farben- und Formablauf sehen kann.
UNSER SPIEL
UNSER SPIEL ZUM MITSPIELEN
CONSTELLATION
J. H. LÖFFLER
DANIEL W. KÜHN
FLORIAN CASPAR HENNEBERGER
Wir machen den Pulsschlag hörbar und verbinden ihn mit Spiralprojektionen, Wir setzen Bewegungen in Klänge um und Klänge in Lichtimpulse. Wir schaffen Spielmöglichkeiten durch Klangskulpturen. Wir verbinden die Außenwelt mit der Innenwelt durch Symbol-Mandala-Scheiben.
Durch die Verbindungen unserer Objekte ergeben sich vielfältige Spielmöglichkeiten. Unsere Objekte transformieren Schwingungen von einer Wahrnehmungsebene in die andere. Die Besucher haben die Möglichkeit, im Spiel zu experimentieren.

"KONSTELLATION"

Auf Einladung der LIVA und des ORF veranstalten die Objektkünstler J. H. Löffler, D. W. Kühn und F. C. Henneberger anläßlich des Linzer Brucknerfestes '79 im September in den Empfangsräumen des Österreichischen Rundfunks ein Environment.

Die drei Künstler verfolgen mit ihren Arbeiten vor allem gestalterisch-therapeutische Ziele. Ihre für eine Gesamt-Konstellation konzipierten Objekte sollen den Besuchern in einem Kreislauf von Aktion—Kommunikation—Meditation die Möglichkeit geben, auf spielerische Weise verfeinerte Sinneserfahrungen zu machen. Das nach dem Mandala-Prinzip (Sanskrit: Himmel, Kreis) geplante Environment verstehen die Gestalter als Angebot an den Menschen, Selbst-Erfahrungen auf subtiler Ebene zu sammeln.

Antwort auf die Fragen, inwieweit (1) sich die Erfahrungen der Ausstellungsbesucher mit den Intentionen der Künstler-Therapeuten decken und (2) wie sich das therapeutische Angebot der Objekte über das Medium Fernsehen den Zuschauern am Bildschirm vermitteln läßt, soll eine Film-Dokumentation geben, die ich in Zusammenarbeit mit den Veranstaltern, Künstlern und Besuchern herzustellen beabsichtige.

Im Mittelpunkt der Film-Dokumentation steht der Mensch: Die Künstler und die Besucher. Der Film soll auf drei Ebenen den Prozeß der "Konstellation" sichtbar machen:
  1. Die Entstehung der Objekte als eine Begegnung von drei Künstlern, die mit drei verschiedenen Mitteln arbeiten: Mandala-Objekte (Symbole), Klangtherapeutische Objekte (Elektronik), Raumskulpturen (Kinetik). "Konstellation" versteht sich als Verbindung aller Objekte zur Ganzheit.

  2. Das Erlebnis des Environments als Erfahrung innerer Ganzheit durch den Mitspieler (Besucher). Die Objekte dienen der Selbsterfahrung durch Aktion, Kommunikation, Meditation.

  3. Kultische Spiele mit den Objekten vollenden die "Konstellation" (Performances der Künstler). Die Objekte als "lnstrumente der universellen Kräfte" (Naturgesetze).
Der Film beginnt mit den Vorbereitungen zu den Objekten und dem Aufbau des Environments und dokumentiert die Höhepunkte der Ereignisse und Erfahrungen.

KONSTELLATION bedeutet:
K — Kreativität
O — Offenheit
N — Nebeneinander
S — Spiel
T — Toleranz
E — Elemente
L — Leichtigkeit
L — Lebendigkeit
A — Anstoß
T — Tiefe
I — Identifikation
O — Objekte
N = Natürlichkeit

Harald Ortlieb, Mai 1979

SPIRAL-OBJEKT.

Ein Stoffbild mit der symbolischen Darstellung eines Spiralnebels im Format 230 x 280 cm, in den Farben des Spektrums, dient als Leinwand, auf die mit einem Spezialprojektor ein drehender Spiralnebel projiziert wird. Das weiße Zentrum des Spiralnebels wird mit einem Lautsprecher akustisch belebt. Der über die Spirale meditierende Mensch kann durch einen Pulsabnehmer seinen Herzschlag aus dem Zentrum des Spiralnebels hören und dadurch eine tiefgehende Beziehung herstellen.

OBJEKT, — SYMBOL — MANDALASCHEIBENBILDER.

Der Mensch kann das Prinzip des Mandala in Aktion erfahren und in sich nachvollziehen, indem er transparente Scheibenbilder, die aus übereinandergelagerten, im Siebdruck bedruckten Scheiben bestehen, in Schwingung versetzt. Durch die kinetische Wirkung der Scheibenbilder werden kontemplative Erfahrungen ermöglicht

OBJEKT, — KRISTALL-SCHEIBE

Die Scheibe übersetzt Tonschwingungen in visuelle Schwingungsmuster. Die Muster verändern sich synchron zu den Tonschwingungen. Die Bildfläche hat einen Durchmesser von 150 cm.

OBJEKT, — AUGE.

Die Bewegung der Menschen wird in elektronische Impulse übersetzt. Diese Impulse steuern die Klang-Objekte. Auf diese Weise werden die Bewegungen der Menschen auf visuell-akustische Ebenen transformiert.

OBJEKT, — KLANG-SKULPTUR.

Die Klangskulptur ist eine schwebende Erscheinung. Sie hängt an einem Stahlseil und bewegt sich wie eine sich langsam verändernde Wolke. Sie setzt sich aus vielen Einzelheiten unterschiedlicher Formen zusammen. Diese Formen ergeben zum Einen durch elektronische Impulse, zum Anderen durch gegenseitiges leichtes Anstoßen Klänge. — Klänge, die so vielfältig sind, wie die Formen. Die Klangskulptur wird irgendwann im Laufe ihrer Bewegung zu einer erkennbaren Gestalt, — wie ein Zusammensetzspiel, das sich durch Bewegung selbst formt.
Materialien:
Edelmetalle wie Edelstahl, Messing, Kupfer. Durchmesser ca. 4 Meter.
Wir verkoppeln unsere Objekte miteinander und bieten dadurch vielfältige Variationsmöglichkeiten, aus welchen sich unsere Aktionen ergeben.
Beispiele:
Durch die Bewegung, durch die Stimme, durch Klatschen in die Hände, durch den Pulsschlag. Die Objekte können mit sich selbst rückgekoppelt werden.
Jeder ist selbst der Akteur.
Jeder ist selbst das Spiel.
Jeder ist selbst das Zentrum.
Jeder ist selbst das Spiel
Jeder ist selbst der Spieler
Jeder ist selbst das Spielfeld
Jeder enthält die Spielregel
Jeder ist selbst der Weg
Jeder ist selbst das Zentrum

J. H. LÖFFLER

Es war für uns Menschen immer wichtig
die Qualität von Nahrungsmitteln zu schmecken.
Ist es nicht genauso wichtig
sich die Fähigkeit zu bewahren
die Qualitäten der Klänge zu hören.
Ein Anhaltspunkt wäre zum Beispiel
eine Symphonie von Bruckner.

Daniel W. Kühn

Mein Beitrag zum Festspiel ist ein metallener klingender Engel. Der Engel ist in unserer Kultur eine Gestalt der individuellen Erwartung und Phantasie. Dieser Engel ist ein Instrument mit dem jeder spielen kann. Der Spieler verbindet sich mit dem Instrument und seiner Stimmung.

Florian Caspar Henneberger
DER COMPUTER IN DER MUSIKALISCHEN GESTALTUNG
Der Referent wird die abendländischen Gestaltungsprinzipien der absoluten Musik darlegen und die möglichen Rollen des Computers in dessen Rahmen erläutern. Es werden Fragestellungen behandelt wie z. B. detaillierter/globaler Kontrolle musikalischer Ereignisse, Determinismus/Indeterminismus, Improvisation/Konstruktion, man kontrolliert/man wird kontrolliert, gesellschaftliche Relevanz/Irrelevanz usw.
ASTROPOETICON
Autoren: Herbert W. Franke, Walter Haupt, Andreas Nottebohm
Drei Autoren haben sich in der Präsentation "Astropoeticon" zu einer gemeinsamen Komposition zusammengefunden:

Der Maler ANDREAS NOTTEBOHM, der sich seit Jahren mit kosmischen Motiven beschäftigt, die er als konventionelle Gemälde realisiert, aber auch bestrebt ist, neue Methoden und technische Mittel in seine Gestaltungsprozesse einzubeziehen.

Der Komponist WALTER HAUPT, Leiter der Experimentierbühne der Bayerischen Staatsoper, der mit sensitiven Stimulantien ein neues Bewußtsein des Publikums zu initiieren versucht und sich mit der permanenten Auseinandersetzung über Musik im Raum, imaginäre Raumkompositionen und Hörerlebnisse im Freien beschäftigt.

Der Literat und Computerkünstler HERBERT W. FRANKE, der sich bevorzugt zukunftsgerichteter Fragestellungen annimmt und bei der Realisation moderne technische Medien zu erproben und einzusetzen versucht.

Ein Bildband von Andreas Nottebohm, in Kombination mit 16 lyrischen Gedichten von Herbert W. Franke, bildet die Basis für die musikalische Komposition eines synthetischen Sprach-Klang-Konnex von Walter Haupt.

Die akustische Verarbeitung der Texte erfolgte mit Hilfe elektronischer Instrumente. Die Sprache wurde über einen Vocoder eingespielt (es handelt sich dabei um ein Gerät zur Generierung und Transformierung akustischer Strukturen. Dieser Vocoder kann menschliche Sprache verarbeiten und in der Stimmlage verändern. Er diente zunächst der Wissenschaft als Hilfsmittel zur Untersuchung von Sprache und Musik, auch im Hinblick auf wahrnehmungspsychologische Aspekte, wurde zur Erzeugung akustischer Effekte, beispielsweise im Rahmen von Science-Fiction-Hörspielproduktionen eingesetzt).

Im Zusammenwirken mit einem Digital-Reverberationgerät werden akustisch wahrnehmbare unterschiedliche künstliche Raumeindrücke suggeriert; zwei Synthesizer ergänzen und verarbeiten die Sprache zu einem musikalischen Melos. Durch mehrkanalige Aufzeichnungs- und Abmischungsverfahren und über einen Computer-Mix-down wurde diese polyphone Komposition realisiert.

Zur visuellen Einstimmung wird eine Bildfolge aus dem Werk von Andreas Nottebohm in einer elektronischen Verarbeitung über das Videosystem präsentiert. Wir danken den Firmen EMS (Vocoder und Synthesizer) und DYNACORD (Digital-Reverberation) für die kostenlose Bereitstellung dieser Geräte.
VON DER INFORMATIK ZUR KUNST
Die Entwicklung eines computerunterstützten Multi-Media-Systems für den Unterricht hat mich zum Studium der Analyse und Synthese von Bildern und Tönen geführt. Es bietet die Möglichkeit, eingegebene visuelle oder auditive Strukturen zu transformieren oder sie nach Programmanweisungen neu aufzubauen. Das geschieht in einer Art Kommunikation mit dem System, die durch zahlreiche Farblichtbilder belegt werden wird; abschließend folgt eine Demonstration des Aufbaues einer Grafik mit Hilfe der in Paris stehenden Datenverarbeitungseinheit über Telefon-Fernleitungen.

Das von Jean-François Colonna entwickelte System SMC bietet eine Vielfalt an Möglichkeiten des Zugriffs — darunter den Dialog über grafische Konsolen —, der logischen Umsetzung und der Ausgabe, beispielsweise als Text oder Grafik auf Papier, auf Film oder Videoband. Um die Anlage möglichst vielen zugänglich zu machen, wurde eine kostensparende Technik verwendet: Als Basis dient ein Minicomputer T 1600, ergänzt durch eine Zentraleinheit für Mikroprogrammierung mit einer Speicherkapazität von 32 K Worten mit je 16 bits. Über verschiedene Eingabe-Ausgabe-Kanäle können verschiedene konventionelle Speichereinheiten angeschlossen werden.

Das Konzept des Multimediasystems SMC erlaubt einige Anwendungen, die über den Gebrauch im Unterricht weit hinausgehen, beispielsweise in der visuellen und auditiven Forschung, im Design, in der experimentellen Musik, in der grafischen Computerkunst und in der Verbindung zwischen Computerfilm und Videotechnik. Jean-François Colonna hat sich insbesondere der visuellen Möglichkeiten des Systems angenommen und mehrere repräsentative Serien von Bildern, Filmen und allgemein nutzbaren visuellen Generierungsprogrammen erarbeitet, die auch aus dem Aspekt der eigenständigen Gestaltung beachtlich sind. Unter den von ihm entworfenen Einzelbildern fallen insbesondere einige ornamentale Konfigurationen auf — mehrfach symmetrische Gebilde, die durch Übertragung rechteckiger und rhombischer Elemente entstanden. Die Vielseitigkeit des Systems wird weiter durch Beispiele für einige Gestaltungsprinzipien belegt, wie sie schon von anderen Computergrafikern verwendet wurden, beispielsweise die Konstruktion preudoperspektivischer Anordnungen, die sukzessive Störung geordneter Strukturen, der Moiréeffekt einander überschneidender Linienscharen. Neue, interessante Wege der visuellen Gestaltung ergeben sich durch die Kombination verschiedener Eingabe- und Verarbeitungsarten, wobei insbesondere das Zusammenwirken von computergrafischen und videotechnischen Methoden hervorsticht. So ist es beispielsweise möglich, Realszenen über eine Videokamera aufzunehmen, Einzelbilder einer Szenenfolge festzuhalten und durch bereitgestellte Programme zu verarbeiten. Zu den Veränderungen der Bilder, die auf diese Weise zugänglich werden, gehören translatorische Verschiebungen, Zoomeffekte, Farbfilterung und -inversion, Überlagerung und Kombination von Teilbildern — Erstaunliche grafische Wirkungen ergeben sich durch ein Verfahren, das es erlaubt, die Grauwertabstufungen von Realbildern durch beliebige strukturelle Elemente, beispielsweise Linien, Raster oder Zufallsmuster, darzustellen; dadurch entstehen Übergänge zwischen gegenständlichen und abstrakten Bildern. Viele der dadurch erschlossenen Veränderungen lassen sich in beliebig kleinen Schritten vollziehen, wodurch der Übergang zum bewegten Ablauf selbstverständlich wird. So steht etwa ein Interpolationsprogramm zur Verfügung, das die Erzeugung von Übergangsphasen zwischen beliebigen Anfangs- und Endbildern erlaubt. Bildfolgen dieser Art können als "Computerfilme" zusammengefaßt und vorgeführt werden; noch anregender ist die dem Benutzer gebotene Möglichkeit eines Spiels mit Formen und Farben, wobei auf Grund spontaner Entscheidungen bildliche Abläufe entstehen.