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Prix1990
Prix 1987 - 2007

 
 
Veranstalter:
ORF Oberösterreich
 


ANERKENNUNG
Chronik



Waltraut Cooper, Studium der Mathematik in Wien und an der Sorbonne, Paris; Lehrauftrag an der Uni versity of California, Santa Barbara; Studium der Malerei und Grafik in Lissabon und Frankfurt; Lehrauftrag an der Kunsthochschule Linz.

"Für mich öffnet der Computer neue Wege in der Kunst, in der Wissenschaft, für die Gesellschaft, für die er ungeahnte Konsequenzen hat. Der Computer erfüllt triviale und schwierige Aufgaben, Aufgaben, die zum Teil ohne, zum Teil nur mit ihm ausführbar sind. Es ist letzteres, was mich interessiert, denn dort ist es, wo jenes Potential liegt, das die neuen Wege eröffnet, neue Perspektiven und Möglichkeiten auftut. In diesem Sinne setze ich ihn bei meinen Arbeiten ein: Ohne ihn könnte man einen Ton nicht zum Leuchten bringen („Scherzophren"), eine Bewegung nicht zum Klingen („Klangmikado"), ein Wort nicht zu beidem (Biennale Venedig). Nur der Computer ermöglicht mir, ein umfassendes Konzept — in der Serie „Digitale Poesie" —, das die Verwendung aller künstlerischen Ausdrucksmittel (visueller, sprachlicher, musikalischer) vorsieht und ihre direkte Umsetzung ineinander, Wirklichkeit werden zu lassen. Im speziellen eröffnete mir der Computer die Möglichkeit, mir — in Graz — einen alten Wunsch zu erfüllen, nämlich Kunst und Wissenschaft in einer Arbeit zu vereinen. Der Wunsch entstammt meinem Ausbildungshintergrund, der sowohl Kunst als auch Wissenschaft beinhaltet.

„Chronik" (Musik: Werner Jauk, Elektronik: R. Kellermann und H. Hörtner) ist eine Arbeit, bei der Kunst und Wissenschaft eine enge Verbindung miteinander eingehen, bei der mittels Computer Wissenschaft in Formen der Kunst transformiert wird. „Chronik" ist eine interaktive, computergesteuerte Licht- und Klanginstallation für die Universität Graz, ein großangelegtes, zukunftsorientiertes, Generationen von Studierenden und Lehrenden zugängliches Projekt. Es ist eine wissenschaftliche Chronik, die einer allgemeinen angeschlossen ist. Wichtige Schriften von Wissenschaftern, die hier tätig waren, wie Johannes Kepler, Erwin Schrödinger, sind in einen Computer eingespeichert. Sie werden immer wieder ergänzt durch neue Forschungsergebnisse, die in den Computer eingetippt werden können. Er digitalisiert sie und setzt sie in Licht- und Klangspiele um. So wird Sprache zu Musik und visuellem Geschehen, so werden wissenschaftliche Aussagen zu Kunst transformiert." (Waltraut Cooper)


"Die digitale Form des Textes, eine Chronik der Karl-Franzens-Universität in Graz, dient der Klangarbeit als strukturelle Grundlage. Jedes Schriftzeichen (Buchstaben, Zahlen und Sonderzeichen) wird vom Computer als 8 Bit breites Byte interpretiert. Die Informationen über den Zustand jedes Bits werden als parallele Signale an 8 Synthesizermodule gesendet und sind Steuerimpulse für die Aktivitäten der Klangerzeuger. Die Auswahl der Klänge, ihr Charakter, richtet sich bloß nach ihrer Erregungswahrscheinlichkeit: Dunkle Klänge und verrauschtes Material, ausgelöst von seltenen Signalen, bilden die Basis, auf der spitze Klänge vordergründig „spielen"; sie werden von häufig auftretenden Impulsen erregt. Diese Zuordnung ist das einzige Zugeständnis an musikalisches Denken und Gestalten.

Aufgrund dieser Zuordnungen entsteht bei serieller Abtastung des Textes ein achtstimmig polyphones Klanggewebe, das zu jedem Zeitpunkt je ein Schriftzeichen als charakteristische Klangkonstellation darstellt. Bleiben diese Klangkonglomerate über die Dauer des Ablaufs, abgesehen von bewußten Eingriffen, die sich auf die klangliche Darstellung konkreter Inhalte beziehen (akustische Zitate...), konstant, so ändert sich ihr Charakter dadurch, daß ihre Färbung durch eine zufällige Tonhöhenvariation jedes Klanges bestimmt ist. Die Bandbreite dieser Schwankungen wird von inhaltlichen Aspekten bestimmt.

Der Dynamikverlauf und teilweise das Tempo der Abtastung des Textes sind iconhafte Nachbildungen der rhetorischen Dynamikrelationen und der Rhythmik des (gesprochenen) Textes. Sie sind durch Satzzeichen geregelt und gleichsam der Versuch, eine Komponente des emotionalen Ausdrucks des Textes auf seine klangliche Realisierung zu übertragen.

Die Klangarbeit ist nicht als eine für sich existierende „Musik" zu werten, sondern steht in untrennbarem Bezug zum Text und ist somit die zur visuellen Umsetzung interaktiv korrespondierende klangliche Übertragung — ein akustischer Code des Textes, ein paralleles Zeichen zur visuellen Information." (Werner Jauk)