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Prix2001
Prix 1987 - 2007

 
 
Veranstalter:
ORF Oberösterreich
 


AUSZEICHNUNG
Remain in Light
Haruki Nishijima


"Remain in Light" von Haruki Nishijima ist die moderne Version des alten Insektensammlers. "Elektronische Insekten" bilden das Ausgangsmaterial: Bits analoger Klänge aus der Umwelt werden in Restaurants, auf den Straßen oder in Parks gesammelt und bilden ein interaktives visuelles Environment der Welt draußen.

"Remain In Light" ist die visuelle Wiedergabe analoger Klangwellen aus der Umwelt, die durch ein „elektronisches Insektensammel-Set“ eingefangen wurden. Der Prozess des Wellenfangens beginnt damit, dass eine Person ein Schmetterlingsnetz trägt, das mit einem Gerät zum Einfangen der Radiowellen verbunden ist. Das Netz dient als Antenne zum Empfang der Daten der Radiowellen.
Heutzutage ist es möglich, eine große Menge an Information aus weiter Entfernung anzusammeln, ohne sich physisch bewegen zu müssen. Melodie und Ort mögen verschieden sein, aber sie haben keine Beziehung zum Körper. Daten, die wir nicht sehen können, kreisen im Raum und sind für uns nichts Außergewöhnliches – weil wir sie gar nicht wahrnehmen können.
Diese Arbeit konvertiert Teile analoger Kommunikationsdaten und erlaubt es dem Betrachter, am Werk teilzunehmen, indem er die Menge an „Zeit“, „Luftraum“ und „Ort“ seines Beobachtungsraums steuert. Der Betrachter kann die Ergebnisse der drei Prozesse, die zum Einfangen der „elektronischen Insekten“ dienen, unmittelbar sehen. Der erste Prozess ist das Entdecken des „elektronischen Insekts“, der zweite das Einfangen des „Insekts“, der dritte schließlich die Umwandlung der analogen Daten und deren visuelle Präsentation in einer interaktiven Umgebung.
Früher war unserer Welt voll von natürlichen Insekten. In unserer modernen Gesellschaft gibt es jedoch immer weniger solche Lebewesen, sie wurden sozusagen durch „elektronische Insekten“ ersetzt, durch Teile von Klangdaten. In der Stadt gibt es zahllose Möglichkeiten, diese „Insekten“ zu sammeln, aber auf dem offenen Land sind die Gelegenheiten rarer, weil es auch weniger dieser vom Menschen erzeugten Klänge gibt.
Um diese „elektronischen Insekten“ zu aufzustöbern und einzufangen, müssen wir sie zunächst in ihrem natürlichen Lebensraum suchen. Um sie tatsächlich entdecken und einsammeln zu können, benötigt man zunächst einige Hinweise auf ihr Vorhandensein. So suche ich etwa den Wohnbereich eines Siedlungsraums danach aus, ob Autos geparkt sind, ob sich der Duft des Mittagessens durch die Luft zieht, und natürlich auch nach der Tageszeit. Diese Situationen produzieren bestimmte Klänge. Wenn ich jedoch in einer größeren Stadt bin, finde ich Situationen und Orte, die sehr unterschiedliche Klänge ergeben – und ich habe mich bemüht, diese Klänge auf Basis solcher Informationen zu sammeln.
Der Betrachter wird erkennen, dass der interaktive Raum seine eigene Umgebung ist – ein Abklatsch der Außenwelt, eine moderne Form des Insektensammelns.
Die „elektronischen Insekten“ werden mit einem Netz eingefangen, das zuvor aufgebaut wurde und das einem „normalen“ Insektennetz ähnelt. Der Netzkörper besteht aus einem Baumwollstoff, wie er auch für Mückennetze in Häusern Einsatz findet, nur mit dem Unterschied, dass mein Netz die „Insekten“ nicht abhalten, sondern vielmehr anlocken soll.
In der interaktiven Präsentation wird jedes „elektronische Insekt“ durch eine andere Farbe dargestellt – jede Farbe entspricht einer Frequenz. Manche Klänge – etwa Radiosendungen – sind leicht einzufangen und scheinen deswegen auch besonders häufig in der visuellen Darstellung auf. Ich hoffe, dass die Häufung einzelner Farben und die relative Seltenheit anderer auch dem Betrachter bewusst wird – sie sind die Reflexion der Klänge, die man in einer Stadt hört. Eine Farbkarte steht den Zusehern zur Verfügung.
Werden analoge Daten bald der Vergangenheit angehören? Heutzutage sind bereits die meisten Kommunikationsdaten digitalisiert, und die Nachfrage nach analogen Daten sinkt weiter. Analoge Daten aus Mobiltelefonen sind in Japan als Spezies elektronischer Insekten beispielsweise bereits vergangenes Jahr ausgestorben. Die Qualität analoger Klangdaten schien jener digitaler Klänge unterlegen zu sein, aber noch immer ist unsere Welt voller analoger Klänge. Ich glaube, dass es wichtig ist, beide Arten in unser Leben zu integrieren, weil sie gemeinsam viel repräsentativer für die reale Welt sind. Analoge Daten helfen, sich an die Vergangenheit zu erinnern. Ich hoffe, dass auch weiterhin Nachfrage nach analogen wie nach digitalen Daten bestehen wird und dass die Menschen die Wichtigkeit sowohl der technologischen wie der nicht-technologischen Interaktion erkennen.
Meine reale Insektensammlerei hat mir in der Vergangenheit immer ein sehr erdverbundenes Gefühl vermittelt, das, wie ich glaube, universell ist. „Elektronisches Insektensammeln“ ist das Werkzeug und Mittel, die technologische Welt mit ihrer prototypischen Erfahrung zu verbinden.