ANERKENNUNG
The Tapir
Raquel Coelho
Anders als die typisch westliche Erzähltradition, bei der das Publikum eine Moral am Ende der Geschichte erwartet, hat „The Tapir" eine unübliche Erzählform: „The Tapir" präsentiert einen Konflikt, entwickelt ihn in eine Situtation ohne Höhepunkt und endet offen und voller Spannung. Da die erzählte Geschichte eine Legende ist, kann sie zahlreiche Bedeutungen enthalten, sie impliziert auch, dass diese Legende seit jeher da gewesen ist.
Bei meinem kreativen Prozess versuche ich, Ähnlichkeiten zwischen den Gedanken, die die musikalische Komposition im 20. Jahrhundert geleitet haben, und den grundlegenden Elementen des Geschichtenerzählens zu finden. Ich bemühe mich, aus den Geschichten den fundamentalen narrativen Gehalt herauszudestillieren, indem ich mit der beschreibenden äußeren Schicht (Personen, Ort, Situation) beginne und mit dem Kern, der den eigentlichen erzählerischen Inhalt umfasst, ende. Meine sequentiellen Bilder können wie eine Partitur gelesen werden - und umgekehrt. Es gibt drei Gründe, warum ich die zeitgenössische Musik als Vorbild für mein Stück genommen habe: Der strukturelle Aspekt der musikalischen Komposition, ihre enge Verbindung mit dem Studium der Klangphysik und ihr einzigartiges Verständnis der graphischen Umsetzung von Klangereignissen. Auch im „Tapir" habe ich diesen Ansatz gewählt. Analysiert man die Erzählstruktur von „ Tapir", so leiten drei Grundgedanken die visuelle Komposition der Animation: eine traditionelle harmonische Konstruktion, die in Spannung (und nicht in Auflösung und Ruhe) endet, die simultane Überlagerung von Ereignissen und ein atypischer Beginn, der mit Elementen (Requisiten, Charakteren, Situationen) überladen ist, die mit dem Fortschreiten der Geschichte verschwinden. Vom erzählerischen Standpunkt aus ist die Geschichte in neun Szenen geteilt, jede davon nimmt eine eigene Ebene innerhalb desselben Raums ein. Die Kamera bewegt sich von der vordersten Ebene zur hintersten und fährt so durch all die unterschiedlichen Ereignisse. Die Gleichzeitigkeit der Ereignisse wird durch die horizontale Überlagerung dieser Ebenen dargestellt. Vom Blickpunkt der vordersten aus kann man Teile aller nachfolgenden Schichten sehen.
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