ANERKENNUNG
gameLab's Games
Ranjit Bhatnagar, Game Lab
, Frank Lantz
, Peter Lee
, Eric Zimmerman
Wir von gameLab produzieren Games. Digitale Spiele gehören zu den stärksten Motoren der heutigen Popkultur. Online-Communities mit Zehntausenden Spielern, die simultan spielen, ungewöhnliche Hardware-Interfaces, Grafikdarstellung in Echtzeit, interaktive Narration, künstliches Leben und künstliche Intelligenz – nirgendwo anders werden diese Bereiche so intensiv untersucht wie im Game-Bereich. Andererseits hinken die Spiele der kulturellen Entwicklung hinterher.
Unsere Aufgabe bei gameLab ist es, dieses unentdeckte Medium zu erforschen und zu erweitern und neue Kulturformen zu entwickeln. Diese Aufgabe erfordert zwei einander ergänzende kritische Analysen: Einerseits muss ein Verständnis dafür erarbeitet werden, wie Spiele als Design-Objekte funktionieren, andererseits ein Verständnis für die Funktion, die sie innerhalb der Kultur als Ganzem erfüllen.
Ein Spiel ist ein stilisierter Kontext, innerhalb dessen Spieler bestimmten Regeln folgen, um das Spiel zu erleben. Um beispielsweise eine Schachpartie zu spielen, beschränkt man sein Verhalten auf die Einhaltung der Regeln des Schachs. Und wenn auch Regeln ein essenzieller Bestandteil der Spiele sind, so machen doch Regeln per se keinen Spaß. Sie sind festgelegt, rigide und eindeutig. Eine paradoxe Eigenschaft von Spielen ist, dass aus der Befolgung der Regeln das Spiel resultiert. „Spielen“ bedeutet aber andererseits das Gegenteil von „Regeln befolgen“ – es ist improvisatorisch, kreativ, ungewiss und vergnüglich.
Wie beim Leerlauf in einem Getriebe oder beim „Spiel“ des Lenkrads im Auto ist Spiel nur auf der Basis fester Strukturen möglich. Beim Auto werden diese Strukturen bzw. Regeln durch Räder, Achsen, Antriebsstrang, Lenkrad und andere Nutzmechanismen vorgegeben. Aber das Lenkradspiel ist genau jener Bereich, in dem diese Strukturen aufhören, ordnungsgemäß zu funktionieren. Spiel existiert auf Grund eines festen Regelwerks, aber gleich-
zeitig existiert Spiel trotz dieser Strukturen und taucht in den dazwischen liegenden Lücken auf. Bei gameLab bemühen wir uns, diese Gedanken über Regeln, Spiel und Spiele in unserer Arbeit umzusetzen. Wir vertrauen auf einen kooperativen, interdisziplinären Arbeitsprozess, der sich auf interaktives Design konzentriert, das heißt, unsere Design-Entscheidungen basieren auf unseren eigenen Spielerfahrungen während der Entwicklung des Spiels.
Gleichzeitig ist es unabdingbar zu verstehen, dass und wie unsere Spielentwicklung zu den kulturellen Praktiken gehört – zu den Praktiken einer Popkultur, aber nichts desto weniger zu den Kulturpraktiken. Wir verstehen unsere Spiele als Interventionen in der Kultur des digitalen Spielens – sie intervenieren, indem sie neues Publikum für Spiele finden, indem sie sich visuelle und auditive Ästhetik aus Bereichen außerhalb der Welt des Spielens aneignen, indem sie Narrationsformen und kulturellen Inhalt konstruieren, der normalerweise nicht in der Welt der Spiele zu finden ist, und besonders, indem sie neue Formen des „Spiele-Spielens“ erfinden.
Es ist anstrengend, in einem kommerziellen Medium wie den Games zu experimentieren. Derzeit ähnelt die Game-Industrie der Filmindustrie in Hollywood: Alles ist Zentrum, es gibt keine Peripherie mit Kontexten, innerhalb derer unabhängiges Kino produziert und rezipiert werden kann. Indem wir eine kritische Haltung sowohl gegenüber der Form, mit der wir arbeiten, als auch gegenüber dem Gebiet, in dem wir tätig sind, einnehmen, wollen wir die „unabhängigen Filmemacher“ der Spiele-Welt werden und das Medium zum Besseren verändern.
Wird das digitale Game eine robustere Kulturform werden, wie der Film und die Musik? Oder wird es nie über seine in den Machtfantasien heranwachsender männlicher Jugendlicher verankerten Wurzeln hinauswachsen? Wir sind uns da nicht sicher, aber genau deswegen machen wir Spiele.
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