In den letzten drei Jahren haben wir mit Gefängnisinsassen, Rechtsanwälten, Richtern, Vollzugsbeamten, Eltern, Verbrechensopfern und anderen gearbeitet, damit sie uns ihre Geschichte in ihren eigenen Worten erzählen. Insassen und Beamte erhielten Tonbandgeräte, um im Gefängnis ein Audiotagebuch ihrer Erfahrungen zu führen. Jede Geschichte dreht sich um einen spezifischen Fall und wird aus der Perspektive von vier bis sechs Personen erzählt. Beim Anhören der Stories taucht man in den persönlichen Raum des Erzählers ein – in Gefängniszellen, Büros, Richterzimmer und Wohnräume.

Seit 1980 hat sich die Zahl der Gefängnisinsassen auf über zwei Millionen vervierfacht, von denen die meisten Schwarze oder Hispanos und arm sind. 360degrees ist aus unserem Interesse an der Auswirkung der Haft auf die Betroffenen, ihre Familien und die Gesellschaft im weiteren Sinne entstanden. Die sozialpolitischen Ansätze, die dieses Strafsystem erhalten, basieren auf Furcht und fehlendem Verständnis. Mit http://www.360degrees.org soll unterschiedlichen Zielgruppen – von Gefangenen über Richter bis zur allgemeinen Öffentlichkeit – eine Plattform gegeben werden, auf der sie ihre Erfahrungen und Meinungen austauschen und einen produktiven Dialog führen können. Wir hoffen, dass diese Site die Wahrnehmung dafür schärft, wer und warum heutzutage in unseren Gefängnissen einsitzt, und dass sie kleinere oder größere Ideen liefert, die dazu beitragen, in unseren Gemeinschaften positive Veränderungen herbeizuführen.

Die Site erzählt anhand von Fotografien und Audio-Geschichten in der Ich-Form, übersetzt statistische Information visuell in interaktive Szenarien und bietet im Dialogbereich eine Anzahl von Diskussionen an. Wir haben uns mit einem Doktoranden des John Jay College of Criminal Justice zusammengetan, um eine interaktive Zeitleiste des US-Strafrechtssystems zu schreiben. Wir arbeiten mit Erziehern und Studenten an der Erstellung eines Erziehungsführers und eines Sozialarbeits-Netzwerks für Schulen und Institutionen. Wir kooperieren mit Radioproduzenten und Journalisten aus dem ganzen Land bei der Erstellung neuer Stories.

360degrees wird finanziell unterstützt von Creative Capital, The Corporation for Public Broadcasting, New York State Council on the Arts, The New York Council for the Humanities und The New York Community Trust. Die Radioproduktion erfolgte durch Joe Richman und Wendy Dorr, die Flash-Programmierung von Veronique Bossier und dotsperinch, New York.

Alison Cornyn (USA) und Sue Johnson (USA) gründeten Picture Projects 1995 mit dem Ziel, neue Technologien und Dokumentarfotografie einzusetzen, um komplexe soziale Fragen zu analysieren. In den letzten sechs Jahren wurde das Team besonders für den Einsatz interaktiver Narration bekannt. Sie haben zahlreiche Preise und internationales Presseecho für ihre kooperativen Projekte über Bosnien, die Zeit des Vietnam-Kriegs, Kurdistan und über das Strafsystem der USA bekommen. Cornyn und Johnson sind beide aktive Künstlerinnen und haben ihre Video-, Neue-Medien- und Installationsarbeiten in New York, Florida, Massachusetts, Tschechien, Holland Deutschland, Mazedonien, Schweden, Kolumbien und Italien ausgestellt. Sie präsentieren ihre Arbeiten häufig bei Mediendiskussionen und bei internationalen Filmfestivals.