ANERKENNUNG
Camera Musica
Gerhard Eckel
In Camera Musica wird das Raumkonzept an sich zum eigentlichen Interface zu Musik und Klang. Virtuelle Realität wurde für das eingesetzt, was sie am besten kann, und nicht zur Imitation der Wirklichkeit. Der alte Traum, durch Wände sehen und gehen zu können – was in virtuellen Environments normalerweise strikt verpönt ist – wird zu einem Grundgedanken des Stücks. In einem immersiven Display, in dem wir tatsächlich die Präsenz virtueller Objekte spüren können, können wir auch das Eindringen von Objekten erleben und in Objekte eindringen. Wir bewegen uns durch Wände, Ebenen schneiden durch unseren Körper – selbst der Extremfall einer Ebene, die längs durch den Kopf schneidet, kann erlebt werden, wobei beide Augen auf gegenüberliegende Seiten dieser „Wand“ gerichtet sind.
Werkbeschreibung Camera Musica ist ein immersives virtuelles Environment, innerhalb dessen das Publikum einen musikalischen Raum erlebt. Dieser Raum wird durch einfache virtuelle Architektur abgesteckt. Die anstrengungslose visuelle Orientierung in dieser Architektur ist die Basis für eine Navigation durch die Musik. Die Besucher werden visuell und akustisch von diesem Raum umhüllt, durch den sie mit Hilfe ihrer Körperbewegung und eines in der Hand zu haltenden Steuerstabes navigieren. Das virtuelle Environment von Camera Musica wird in einem Surround-Scene-Display (etwa einem CAVE) stereoskopisch projiziert. Die Musik wird als Reaktion auf die Bewegung des Besuchers generiert und über ein 8-Kanal-Raumklangsystem abgespielt. Taktiles Feedback wird über einen aktiven Vibrationsboden gegeben. Infraschall-Vibrationen werden über Füße und Beine vom Besucher aufgenommen.
In der Camera Musica gleiten die Besucher frei durch Räume, die aus teilweise transparenten Würfeln bestehen, wobei einige von ihnen Klänge produzieren, wenn der Kopf in sie eintaucht, andere wiederum markieren Hörregionen in der Komposition der Klanglandschaft. So wird der Körper zu einem Index in der Komposition und erlaubt die direkte Erfahrung formaler Offenheit. Während der Kopf als Bezug für das Rendering der visuellen und klanglichen Szenerie dient, ist es Aufgabe der Hand, zu navigieren und mit den virtuellen Objekten zu interagieren. Jedes der Objekte ist von unsichtbaren Kraftfeldern umgeben, die es – solange sie im Gleichgewicht sind – in einer stabilen Position halten. Die Hand des Benutzers, die den Navigationsstab hält, stört dieses Gleichgewicht durch eigene Kraftfelder, die mit dem Sensor des Stabes gekoppelt sind. So zieht die Hand andere Objekte an oder stößt sie ab und interagiert mit ihnen durch die kinetische Simulation, zu deren Teil sie wird. Diese Interaktionsform erhöht das Gefühl der Präsenz in starkem Maß, weil die Umgebung plausibel auf das Verhalten des Besuchers reagiert. Camera Musica spielt mit den verschiedenen Formen dieses die Anwesenheit des Besuchers zur Kenntnis nehmenden Interaktionstyps.
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