ANERKENNUNG
Waking Life
Tommy Pallotta, Bob Sabiston
Waking Life – Drehbuch und Regie von „Indie“-Ikone Richard Linklater (Slacker, Dazed and Confused) – gilt als der erste unabhängige computeranimierte abendfüllende Film, der in Amerika je produziert wurde – eine abstrakte, psychedelische, digitale Video-Improvisation, die das Rezept von Disney/Pixar aufgreift und es auf den eigenen perfekt frisierten Kopf stellt. Sabiston und Pallotta, die seit drei Jahren zusammenarbeiten, hatten dieses Ziel seit jeher vor Augen, aber beim Sundance Film Festival Ende Januar, wo Waking Life sein Debut hatte, fanden sie ihr bisher größtes und bedeutendstes Forum: ein „Showcase“ für einen Animationsstil von bisher unerreichtem künstlerischem Niveau. Sie verwenden Computer, um Wirklichkeit zu malen, nicht um sie zu imitieren. Allein schon in dieser Hinsicht schwimmt Waking Life – das mit Hilfe einer von Sabiston selbst geschriebenen Software erstellt wurde – gegen den fotorealistischen Strom. Sabistons noch ungetaufte Kreation, von manchen der Waking Life-Mitarbeiter liebevoll „RotoShop“ genannt, ist so einfach, dass sogar Anfänger einen ansonsten sehr schwierigen Prozess beherrschen können, nämlich die interpolierte Rotoskopie, bei der Animatoren digitale Video-Live-Aufnahmen übermalen.
Bei Waking Life, dem bisher linearsten Sabiston-Pallotta-Film, dient Wiley Wiggins – der knochige, gummigesichtige Junge aus Linklaters Dazed and Confused – als eine Art schwebendes menschliches Bewusstsein, das sich mit Straßengurus und anderen Gestalten zusammentut. In einer Serie scheinbar zufälliger Szenen geht Wiggins auf eine traumähnliche Reise, bei der Gestalten, die ständig ihre Form verändern, sich über Leben und Tod unterhalten. Die Essenz wird nicht dadurch präsentiert, dass diese Figuren konstant bleiben, sondern durch die Art und Weise, in der sie sich ständig ändern …
Nachdem das geschnittene Videomaterial in G4-Rechnern geladen war, begann ein Team von Künstlern in Austin, in einem beinahe einjährigen Prozess das Video in eine Animation zu transformieren. Jeder Darsteller wurde von einem anderen Künstler gezeichnet bzw. „interpretiert“, was jeder Figur auch einen eigenen Stil gab.
Sabiston und Pallotta hatten kein Problem damit, eine wilde Animationscrew zusammenzutreiben. Im für Austin typischen Indie-Stil legten sie Flugblätter in Kaffeehäusern und Künstlerbedarfsläden aus und suchten ihre Mitarbeiter bei studentischen Kunstausstellungen der University of Texas. Manche der angeheuerten Leute waren Maler, die keine Erfahrung mit Computern und noch weniger mit Computeranimation oder Rotoskopie hatten … (Richard Baimbridge)
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