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Prix1994
Prix 1987 - 2007

 
 
Veranstalter:
ORF Oberösterreich
 


ANERKENNUNG
The Virtual Body
Catherine Richards


,The Virtual Body' ist eine niedrige Säule, die an die Säulenstereoskope aus der Mitte des 19. Jahrhunderts erinnert, als diese neuen optischen Geräte teils wissenschaftliches Instrument, teils ästhetisches Objekt, teils Wahrnehmungsmedium waren. Diese Grauzone zwischen Objekt und Instrument belegt ,The Virtual Body'.

Die Säule steht auf einer Plattform inmitten eines Raumes. Der Betrachter bemerkt beim Eintreten ein leichtes Glühen in Augenhöhe am oberen Säulenende. Es ist ein winziges, fast vibrierendes, gläsernes Zimmer. Die Wände sind durchsichtig, die bunten Bilder an den Wänden strahlen im Licht, das aus dem Boden kommt. Und wenn der Betrachter näher kommt, nimmt er eine Abbildung eines Rokokoraumes wahr.
Zur Plattform führende Stufen laden zu genauerer Betrachtung ein. Und ganz aus der Nähe bemerkt der Beobachter ein Messingguckloch am oberen Säulenende. Beim Hineinschauen sieht er zuerst ganz kurz die Rokokodecke des Zimmers, die aber anscheinend sofort vom Abbild des Bodens abgelöst wird, und dieses geht wieder über m das Bild der Decke. Das Raumgefüge im Miniaturzimmer wird ,destabilisiert'.
An der Seite, an der bei einem richtigen Stereoskop ein Knopf angebracht wäre, befindet sich eine Öffnung, durch die man die Hand in den Raum hinein stecken kann ... um damit in den Raum einzudringen. Und mit dieser Interaktion durch den Betrachter beginnt eine dritte Phase. Von außen betrachtet wird das Zimmer plötzlich lichtundurchlässig, verliert seine Durchsichtigkeit und seinen Detailreichtum. Währenddessen sieht der Beobachter seine auf dem Boden ausgestreckte Hand. Dieser Boden aber entfernt sich von ihm, und die Hand scheint sich unendlich weit wegzubegeben. Sie nimmt den Körper mit - so als ob der kleine Raum in die Unendlichkeit ausgefaltet würde, als würde sich Bewegungslosigkeit in Bewegung entfalten. Der Körper verliert alle Bezugspunkte: innen/außen, riesig/ winzig, Betrachter/betrachtetes Objekt, Teil/ Ganzes... Wenn der Betrachter seine Hand wieder zurückzieht, erscheint das durchscheinende kleine Zimmer wieder und glüht noch einmal auf.
,The Virtual Body' ist ein nostalgisches, materielles Objekt. Auf den ersten Blick sieht es aus wie ein Museumsstück aus verlockenden, warmen Materialien. Es läßt die Idee des Schönen aus dem 19. Jahrhundert aufleben und damit die Bestätigung der klaren Unterscheidung zwischen Betrachter und betrachtetem Gegenstand - ein geläufiger Betrachterstandpunkt -, und sobald der Betrachter mit dem Objekt inter-agiert, wird dieses vertraute Verhältnis auf den Kopf gestellt. (Catherine Richards)